maierei, die auf diesen transluziden blauen, grünen und
violetten Emailgrund aufgesetzt ist, sie schon als Vorläufer
des Maleremails erkennen läßt.
Die Silberbecher des Kunsthistorischen Museums in
Wien, die uns vor allem interessieren, sind als Gegenstücke
gedacht, von gleicher Höhe und gleicher Form, stark konisch
geschwungen, mit ausladendem Fußstück, das von drei
in Silber gegossenen Fabeltieren getragen wird. Die Deckel-
knäufe sind eine Zutat des späten XVI. Jahrhunderts (Abb. 1;
vgl. J. v. Schlosser, Album ausgewählter Gegenstände d.
kunstindustr. Sammlgn. d. Ah. K. Wien 1901, und H. Kohl-
haussen im Jahrbuch d. preuß. Kunstsammlgn., Berlin 1931,
Bd. 52, S. 153). Eine weitere Eigenart dieser Technik bilden
die auf die Emailschicht aufgesetzten Metallstanzornamente,
wie sie dann beim sogenannten venezianischen Email wieder-
SlIiÄ? ! kehren und die Hans Macht in den Mitteilungen des öster-
reichischen Museums für Kunst und Industrie, Wien 1885,
Band 20, Seite 359, beschrieben hat.
Auf den mit solchen Sternornamenten geschmückten
Emailgrund sind zusammenhangslos in Grisaillefarbe ver-
schiedene Tiere wie Hirsch, Steinbock, Einhorn, Löwe,
Adler, Basilisk und Greif aufgemalt. Diese nur teilweise
stilisierten Tierdarstellungen verraten besonders im Gegensatz
zu dem ornamentalen Grund ein gewisses naturalistisches
Element, wie wir es als charakteristische Stilerscheinung auch
in der Gobelinwirkerei der Zeit beobachten können. Sie sind
jedoch keineswegs Resultat freier Naturbeobachtung, sondern
geben Zeugnis für das starke Fortwirken mittelalterlicher
Werkstatttradition. Es handelt sich hier um die Traditionen
typischer Form- und Maßvorstellungen, die, wie Schlosser
sagt, noch einen ganz anderen prononcierten Charakter da-
durch bekommen, daß sie die künstlerische Erfindung be-
deutend umgrenzen und leiten. (Im Jahrbuch d. kunsthist.
Sammlungen d. Ah. K., Wien 1902, Bd. 23, S. 322.)
Lehrs hat die Grisailletiere der Wiener Becher auf
Grund der verwandten Körperstellungen mit den Kupferstich-
tieren des Meisters der Spielkarten in Verbindung gebracht.
(Lehrs, Geschichte u. krit. Katalog d. deutschen, niederländ.
u. französ. Kupferstichs im XV. Jahrhundert, Wien 1908,
Bd. I, S. 109 ff. u. 147.) Bemerkenswert ist nun, daß diese
Kupferstichblätter nicht als unmittelbare Vorbilder für den
Grisaillemaler gedient haben dürften. Der ikonographische
Darstellungskreis der Grisaillebecher geht nämlich über den
des Meisters der Spielkarten hinaus, da er nicht nur heimische
Tiere, sondern auch Fabeltiere in echt mittelalterlichem
Sinne umfaßt. Der Emailmaler muß demnach noch aus einer
anderen Quelle geschöpft haben.
Das Städelsche Institut in Frankfurt besitzt nun eine Handzeichnung in weißer Farbe auf dunkel grundiertem
Papier mit Tierdarstellungen verschiedener Herkunft (Abb.2). Hier dürfte der Zeichner, respektive Maler die bewegten Tiere
wie Hirsch, Einhorn und Pferd zuerst auf das Blatt gezeichnet haben, dann die Evangelistensymbole, die er paarweise
aneinandergestellt hat, weiters die beiden liegenden Hirsche und den wilden Mann, die er einem Kupferstichvorbild
entnommen haben dürfte, und schließlich die stilisierten Wappentiere, die im Gegensatz zu den bewegten Tieren noch
ganz mittelalterlich wirken.
Wir haben es also hier mit einem Musterblatt für den Emailmaler zu tun — selbst das Blattmotiv, ein
unumgängliches Requisit des mittelalterlichen Musterblattes ist vorhanden —, auf dem Tierdarstellungen aus ver-
schiedenen Quellen und für verschiedenen Gebrauch kompiliert sind. Ein Blatt wie das in Frankfurt erhaltene beweist,
Abb. 1. Gotischer Silberschmelzbecher mit Grisaillemalerei
Kunsthistorisches Museum.
Wien,
— 28 —
violetten Emailgrund aufgesetzt ist, sie schon als Vorläufer
des Maleremails erkennen läßt.
Die Silberbecher des Kunsthistorischen Museums in
Wien, die uns vor allem interessieren, sind als Gegenstücke
gedacht, von gleicher Höhe und gleicher Form, stark konisch
geschwungen, mit ausladendem Fußstück, das von drei
in Silber gegossenen Fabeltieren getragen wird. Die Deckel-
knäufe sind eine Zutat des späten XVI. Jahrhunderts (Abb. 1;
vgl. J. v. Schlosser, Album ausgewählter Gegenstände d.
kunstindustr. Sammlgn. d. Ah. K. Wien 1901, und H. Kohl-
haussen im Jahrbuch d. preuß. Kunstsammlgn., Berlin 1931,
Bd. 52, S. 153). Eine weitere Eigenart dieser Technik bilden
die auf die Emailschicht aufgesetzten Metallstanzornamente,
wie sie dann beim sogenannten venezianischen Email wieder-
SlIiÄ? ! kehren und die Hans Macht in den Mitteilungen des öster-
reichischen Museums für Kunst und Industrie, Wien 1885,
Band 20, Seite 359, beschrieben hat.
Auf den mit solchen Sternornamenten geschmückten
Emailgrund sind zusammenhangslos in Grisaillefarbe ver-
schiedene Tiere wie Hirsch, Steinbock, Einhorn, Löwe,
Adler, Basilisk und Greif aufgemalt. Diese nur teilweise
stilisierten Tierdarstellungen verraten besonders im Gegensatz
zu dem ornamentalen Grund ein gewisses naturalistisches
Element, wie wir es als charakteristische Stilerscheinung auch
in der Gobelinwirkerei der Zeit beobachten können. Sie sind
jedoch keineswegs Resultat freier Naturbeobachtung, sondern
geben Zeugnis für das starke Fortwirken mittelalterlicher
Werkstatttradition. Es handelt sich hier um die Traditionen
typischer Form- und Maßvorstellungen, die, wie Schlosser
sagt, noch einen ganz anderen prononcierten Charakter da-
durch bekommen, daß sie die künstlerische Erfindung be-
deutend umgrenzen und leiten. (Im Jahrbuch d. kunsthist.
Sammlungen d. Ah. K., Wien 1902, Bd. 23, S. 322.)
Lehrs hat die Grisailletiere der Wiener Becher auf
Grund der verwandten Körperstellungen mit den Kupferstich-
tieren des Meisters der Spielkarten in Verbindung gebracht.
(Lehrs, Geschichte u. krit. Katalog d. deutschen, niederländ.
u. französ. Kupferstichs im XV. Jahrhundert, Wien 1908,
Bd. I, S. 109 ff. u. 147.) Bemerkenswert ist nun, daß diese
Kupferstichblätter nicht als unmittelbare Vorbilder für den
Grisaillemaler gedient haben dürften. Der ikonographische
Darstellungskreis der Grisaillebecher geht nämlich über den
des Meisters der Spielkarten hinaus, da er nicht nur heimische
Tiere, sondern auch Fabeltiere in echt mittelalterlichem
Sinne umfaßt. Der Emailmaler muß demnach noch aus einer
anderen Quelle geschöpft haben.
Das Städelsche Institut in Frankfurt besitzt nun eine Handzeichnung in weißer Farbe auf dunkel grundiertem
Papier mit Tierdarstellungen verschiedener Herkunft (Abb.2). Hier dürfte der Zeichner, respektive Maler die bewegten Tiere
wie Hirsch, Einhorn und Pferd zuerst auf das Blatt gezeichnet haben, dann die Evangelistensymbole, die er paarweise
aneinandergestellt hat, weiters die beiden liegenden Hirsche und den wilden Mann, die er einem Kupferstichvorbild
entnommen haben dürfte, und schließlich die stilisierten Wappentiere, die im Gegensatz zu den bewegten Tieren noch
ganz mittelalterlich wirken.
Wir haben es also hier mit einem Musterblatt für den Emailmaler zu tun — selbst das Blattmotiv, ein
unumgängliches Requisit des mittelalterlichen Musterblattes ist vorhanden —, auf dem Tierdarstellungen aus ver-
schiedenen Quellen und für verschiedenen Gebrauch kompiliert sind. Ein Blatt wie das in Frankfurt erhaltene beweist,
Abb. 1. Gotischer Silberschmelzbecher mit Grisaillemalerei
Kunsthistorisches Museum.
Wien,
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