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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.6521#0034
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Federproben auf einem Dürerschen Holzschnitt in der Albertina.

Federproben auf einem Dürerschen Holzschnitt
in der Albertina.

Gelegentlich der Neuaufstellung des graphischen Dürerwerkes in der
Albertina wurde der auf stärkerem Papier kaschiert gewesene Holzschnitt B. 2,
der aus der ehemaligen Kupferstichsammlung der Hofbibliothek stammt, vom
Restaurator Gold mit Vorsicht von der Unterlage abgelöst. Da der Holzschnitt
mit Hausenblasen aufgezogen war, war es ein schwieriges Verfahren. Das Blatt
mußte erst in kaltem Wasser geweicht, dann mit heißem Wasser Übergossen
und schnell herausgenommen werden. Nachdem es in warmem Zustand fünf
Minuten liegen geblieben war, ließ sich die Unterlage abheben. Die Hausenblasen-
schichte wurde sehr langsam abgeschabt. Bisterzeichnungen, durch die Behand-
lung mit dem heißen Wasser ausgezeichnet aufgefrischt, kamen zum Vorschein;
kaum mehr als Federproben. Federproben — von wem? Im vorhinein möchte
/////' ■ man annehmen, nicht von Dürer, nicht in der Werkstatt gezeichnet. Ein Holz-
■^u*-/ x schnitt ist doch Ware, man wird kaum in der Werkstätte seine Rückseite be-

kritzelt haben. Eher tat es der Besitzer, der ihn erworben hat, als der Verfertiger,
der ihn noch an den Mann bringen wollte. Da aber der Duktus der Zeichnung
unausweichlich an Dürer denken läßt, muß der besondere Fall untersucht werden.

Das Papier zeigt das Wasserzeichen Niedere Krone; nach Meder 107 b
gehört das Exemplar also der zweiten Auflage des Simsonschnittes an. Meder
datiert diese zweite Auflage um 1504. In der Konkordanz der Wasserzeichen
dann das Wasserzeichen 24 um 1500. Da die nächste Auflage der Drucke
von Meder erst um 1580 angesetzt wird, die erste aber kaum vor 1496 heraus-
kam, können wir wohl annehmen, daß Dürer bis an sein Lebensende den Simsonstock auf dieses Papier gedruckt hat.

Die Zeichnungen zeigen eine Architektur, die ein Schweinskopf überschneidet und viermal in verschiedenen
Varianten und verschiedenem Grad der Ausführung Kopien nach dem Drachenkopf unten vom Holzschnitt der
Apokalypse B. 71. Rechts über dem untersten Kopf hat die Feder noch einmal angesetzt, vielleicht ist es noch einmal
der Unterkiefer desselben Drachenkopfes.

Der Kopf unten ist am weitesten durchgeführt, sogar das Krönchen um das Horn ist kopiert. Aber die Schnauze
ist etwas zu gerade und zu lang geraten, die Vorlage zeigt sie kürzer, runder. Der Kopf rechts sieht dagegen aus wie
die Paraphrase des Holzschnitts ins Runde. Die Abwandlung bei den beiden andern geht aber so weit, daß man erst
bei näherem Zusehen die gleiche Urform dahinter erkennt.

Eigentlich ist die Übereinstimmung des durchgeführten Kopfes unten mit dem auf B. 71 auch nicht sklavisch.
Fehlt doch die Zunge des Drachen. Auch wird durch eine Konturlinie unten, die der Holzschnitt nicht hat, versucht,
die plastische Form unter den Zotten anzugeben. Dasselbe Streben bei dem Kopf in der Mitte oben, hier ist es der
Schädelkontur, der im Gegen-
satz zur Vorlage gezogen ist.
Die Konsequenz der Um-
setzung spricht gegen einen
gedankenlosen Kopisten; er
steht sehr selbständig seinem
Vorbild gegenüber.

Eines wollen wir gleich
vorwegnehmen: es ist ausge-
schlossen, daß die Zeich-
nungen des Drachenkopfes
erste Entwürfe zu dem Holz-
schnitt sind, daß der Weg von
der fernsten Fassung oben zu
der dem Holzschnitt nächst-
kommenden unten führte.
Dann müßten sie ja gegen-
sinnig sein. Nein, die Zeich-
nungen gehen vom fertigen • *

Holzschnitt aus. Abgesehen Federproben auf einem Dürersehen Holzschnitt in der Albertina.

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