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Miethke, Jürgen [Hrsg.]
Geschichte in Heidelberg: 100 Jahre Historisches Seminar, 50 Jahre Institut für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde — Berlin, Heidelberg [u.a.], 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.2741#0050
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40 Hermann Jakobs

schung ihrer Zeit in keiner Weise. Friedrich Christoph Schlosser hatte zwar die
Denkschrift verfaßt, mit der die 1819 unter Führung des Freiherrn vom Stein ge-
gründete „Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde" bei der Frankfurter
Bundesversammlung um Schutz für ihr Unternehmen bat. Jedoch versagte sich
Schlosser einer direkten Mitarbeit an den Editionsvorhaben des Unternehmens: der
Monumenta Germaniae Historica4 Merkwürdigerweise reichen auch Schlossers
Vorlesungen über „Allgemeine" oder „Deutsche" oder „Cultur- und Literaturge-
schichte des Mittelalters" nicht über die 1830er Jahre hinaus.5 Ausgesprochen dürf-
tig ist ebenfalls Ludwig Häussers Lehrangebot zum Mittelalter gewesen. Seine
„Geschichte der rheinischen Pfalz", die im Jahre seiner Berufung zum a.o. Profes-
sor (1845) erschien, wird jedoch in einem späteren Beitrag hier zu würdigen sein.6
Schließlich Georg Gottfried Gervinus, der seit 1853 ohnehin zum Privatgelehrten
verurteilt war das Mittelalterbild des politischen Professors ist nicht uninteressant,
es korrespondiert mit seinen föderalistischen Überzeugungen, und es äußerte sich
seit etwa 1860 antipreußisch. Sein Stellenwert in der Wissenschaftsgeschichte ist
aber nicht spezifisch, eher beiläufig.7

Nein - die Berufung Wattenbachs nach Schlossers Tod im Jahre 1861 erfolgte
ganz offenkundig aus der Einsicht, daß Häusser das Mittelalter aussparte8 und die
Mediävistik als Wissenschaft, wie sie sonst in ihrer Zeit hohe Achtung genoß, in
Heidelberg noch nicht Fuß gefaßt hatte. Man kann bestimmt nicht dagegensetzen,
daß ganz am Anfang des Jahrhunderts Franz Joseph Mone schon einmal auf dem
Weg zu neuen Ufern gewesen sei. Wenn auf seinem Lehrprogramm auch „Diplo-
matik in Verbindung mit paläographischen Übungen" erscheint und einmal sogar
„Heraldik und Wappenkunde"9, stehen diese Angebote durchaus in Traditionen des
18. Jh. Dennoch hebe ich den Befund als solchen hervor, weil ich sicher bin, daß in
Heidelberg Wappenkunde vor der Berufung Ahasvers von Brandt in den 1960er
Jahren jedenfalls im Fach Geschichte nie wieder angeboten worden ist und Ent-
sprechendes auch für andere bilfswissenschaftliche Disziplinen wie Münz-, Siegel-
und Inschriftenkunde gilt. Schriftkunde und Urkundenlehre sind also gemeint,
wenn von starker Betonung der Hilfswissenschaften durch die Gründerväter unse-
res Seminars10 und später durch Karl Hampe die Rede ist

4 Die Denkschrift ist abgedruckt im Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichts-
kunde 1 (1819/20) S. 73-79; sonst vgl. Harry Bresslau, Geschichte der Monumenta Ger-
maniae historica (= Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde
42, Hannover 1921) S. 70.

3 Generell beruhen meine Angaben über die Lehrveranstaltungen auf den seit 1768 aus Hei-
delberg vorliegenden Vorlesungs Verzeichnisse d.

6 Vgl. Meinrad Schaab, unten S. 175 ff.

7 Alexander Deisemoth, Deutsches Mittelalter und deutsche Geschichtswissenschaft im 19-
Jh. (Rheinfelden 1983) S. 104 f.; Wolgast, io: Semper apertus II (wie Anm. 3) S. 172 f.

8 Wolgast, in: Semper apertus, Bd. II (wie Anm. 3) S. 175.

9 Albert Krieger, Fünf und siebzig Jahre „Zeilschrift für die Geschiebte des Oberrheins**, in:
ZGO 79 (1927) S. 4-33, hier: 6 f. Anm. 5. Mone hat sich in seinen neuo Heidelberger
Jahren (1818-1827) in sieben Vorlesungen des Mittelalters angenommen, darunter auch
mit einem Kolleg über die Geschichte der Reichsstädte bis zum Ende des 14. Jh.

10 Vgl. Conze - Mußgnug (wie Anm. 1) S. 135.
 
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