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Miethke, Jürgen [Hrsg.]
Geschichte in Heidelberg: 100 Jahre Historisches Seminar, 50 Jahre Institut für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde — Berlin, Heidelberg [u.a.], 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.2741#0211
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Die Osteuropahistorie in Heidelberg

Helmut Neubauer

Die im Vergleich zu dem 100 Jahre bestehenden Historischen Seminar kurze Le-
bensdauer einer benachbarten Einrichtung nötigt zu einer eigenen Form der Dar-
stellung. Auf Historiker einzugehen, deren Tätigkeit in Heidelberg bereits Vergan-
genheit ist, auch wenn einige noch im Wissenscbaftsleben präsent sind, wäre zu
wenig; für den Osteuropa-Historiker vom Dienst Hefe ein personenbezogener Be-
richt auf eine Selbstdarstellung hinaus, eine Uterarische Form, die überholt ist.

Mehr als ein Ausweg ist es immerhin, wenn sich das Vorzutragende auf das
Fach bezieht, auf dessen Gegenstand und den Umgang mit diesem Gegenstand, mit
dessen Verhältnis zu anderen historischen Fächern. Fast ist man versucht, die von
Friedrich Schiller gewählte Überschrift seiner Antrittsvorlesung in Jena (1789) zu
variieren, aber dies grenzte an Hochstapelei, weil trotz langer Anstrengungen keine
einhellige Meinung darüber besteht, wie die Grenzen des Faches zu markieren sind.

Für die bestehende Unsicherheit sprechen zwei Beobachtungen: Weder in
„Meyers Taschenlexikon Geschichte" (4, 1982) noch im „dtv Wörterbuch zur Ge-
schichte" (2, 1972) findet sich „Osteuropa" als Stichwort. Daß es in älteren Nach-
schlagewerken nicht erscheint, ist die Folge dessen, daß das Wort recht jung ist.
A.L. Schlözer handelte 1771 von einer „Allgemeinen Nordischen Geschichte", die
geographische Terminologie der Spätantike wirkte nach, immerhin sprach man
nicht mehr von Hyperboräem. Hans Lemberg hat nachgewiesen, daß sich erst im
19. Jahrhundert Vorstellungen eines „Osteuropa" herausgebildet haben.1 Kurz nach
der Jahrhundertwende wurden in Berlin und Wien2 Seminare für osteuropäische
Geschichte gegründet; in beiden Fällen waren politische Erwägungen mit im SpieL
zumal 1894 in Lemberg mit dem national bewußten Ukrainer Mychajlo Hru-
sevslcyj eine Lehrkanzel für .allgemeine Geschichte mit besonderer Berücksichti-
gung von Ost-Europa" besetzt worden war. Die Gründungsherausgeber der „Zeit-
schrift für osteuropäische Geschichte" (1911) waren L.K. Goetz (Bonn), Th. Schie-
mann und O. Hoetzsch (Berlin) sowie Hans Uebersberger (Wien). O. Hoetzsch3 ge-

1 H. Lemberg, Zur Entstehung des Osteuropabegriffs im 19. Jahrhundert. Vom „Norden"
zum „Osten" Europas, in: Jahrbb. f. Gesch. Osteuropas, N.F. 33 (1985), S. 48-91.

1W. Leitsch, M. Stoy, Das Seminar für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien
1907-1948. Wien 1983 (Wiener Archiv für Geschichte des Slawentums und Osteuropas,
11). - Der Verband der Osteuropahistoriker e.V. bereitet einen Band mit Selbstdarstellun-
gen der Lehr- und Forschungsstätten des Faches vor.

3G. Voigt, Otto Hoetzsch 1876-1946. Wissenschaft und Politik im Leben eines deutschen
Historikers. Berlin (DDR) 1978 (Quellen und Studien zur Geschichte Osteuropas, Bd. 21).
 
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