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Miethke, Jürgen [Hrsg.]
Geschichte in Heidelberg: 100 Jahre Historisches Seminar, 50 Jahre Institut für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde — Berlin, Heidelberg [u.a.], 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.2741#0230
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220 G&a Alföldy

men" wagte. Deshalb möchte ich gemeinsame Veranstaltungen wie diese Vortrags-
reihe begrüßen.

Über solche Sternstunden wie Täublers Tätigkeit redet man gewiß nicht ungern.
Um seine Vertreibung aus Heidelberg und die darauffolgenden Jahre, in denen die
„disziplinübergreifenden" Lehrveranstaltungen in der Alten Geschichte solche Titel
trugen wie „Die rassischen und erbbiologischen Grundlagen geschichtlicher Vor-
gänge", möchte man vielleicht lieber einen Bogen schlagen. Und es ist, wenn auch
aus ganz anderen Gründen, gewiß nicht einfach, von der jüngsten Vergangenheit
oder gar von der Gegenwart zu reden. Ich möchte jedoch keinen Vorschub leisten
dem Vorwurf, den ein ehemals Heidelberger Althistoriker seinen Fachkollegen
macht, sie seien „wie eine Herde Elefanten", die, wenn es sich um aktuelle Heraus-
forderungen ihrer Disziplin handelt, nur „ihr jeweils Allerwertestes nach außen
kehren".2 Die Historie ist keine Kunde von Toten, sondern die Erfahrung einer
weiter wirkenden Vergangenheit, die wir im Banne der Herausforderungen der Ge-
genwart verinnerlichen. Deshalb liegt der Sinn der Beschäftigung mit der Heidel-
berger althistorischen Tradition für mich letztlich in der Frage: Welche Orientie-
rungshilfen gibt uns diese Tradition bei der Suche nach Antworten auf die
Grundprobleme unseres Faches von heute? Dementsprechend möchte ich eine
skizzenhafte diachronische Übersicht über die Geschichte unserer Disziplin in Hei-
delberg dazu nützen, die konstitutiven Elemente dieser Tradition aufzuzeigen und
dann danach zu fragen, was wir heute mit dieser Erbschaft anfangen können.

Chronologischer Überblick

Als „Geburtsdatum" der Alten Geschichte in Heidelberg betrachten wir das Jahr
1887: Damals wurde mit Alfred von Domaszewski das erste Mal ein Gelehrter für
die Vertretung speziell dieser Disziplin nach Heidelberg berufen, und damals
wurde eine „Abteilung für Alte Geschichte im Archäologischen Institut" einge-
richtet (ein selbständiges Seminar für Alte Geschichte wurde erst 1928 ins Leben
gerufen; es zog im folgenden Jahr aus dem Haus Augustinergasse 7 in den Wein-
brennerbau um, dessen Platz heute das Kollegiengebäude Marstallhof 2-4 ein-
nimmt). Dennoch existierte die Alte Geschichte in Forschung und Lehre schon
lange zuvor, vertreten gleichermaßen durch Klassische Philologen, Archäologen
und Universalhistoriker. Namentlich nennen möchte ich zumindest einige Gelehrte,
die in den drei letzten Generationen vor Domaszewski mit ihren historisch orien-
tierten Werken und Vorlesungen besonders prägend wirkten. Diese waren u.a. der
Philologe Friedrich Creuzer (Professor in Heidelberg 1804-1844), der regelmäßig
nicht nur über philologische und archäologische Themen, sondern auch über die
Geschichte der Staaten des Altertums las und dessen kalligraphisches Vorle-
sungsskript über römische „Altertuemer" aus der Zeit um 1820 wir noch heute be-

2 Chr. Meier, Die Welt der Geschichte und die Provinz des Historikers. Drei Überlegungen
(Berlin 1989) 29.
 
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