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Miethke, Jürgen [Hrsg.]
Geschichte in Heidelberg: 100 Jahre Historisches Seminar, 50 Jahre Institut für Fränkisch-Pfälzische Geschichte und Landeskunde — Berlin, Heidelberg [u.a.], 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.2741#0272
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262 Volker Seilin

Von daher könnte man sagen: die spezifische Frage der Geschichtswissenschaft
an die Tradition ist die Frage nach der Verwirklichung des guten und gerechten
Lebens in der politischen Gemeinschaft. In eine so definierte Aufgabenstellung ist
die Machtgeschicbte eingeschlossen, aber zugleich auch Probleme wie soziale
Schichtung, Wirtschaftsweisen, Einkommen und Vermögen, Bildung und Kultur,
Kunst und Literatur, Recht und Verfassung. Auch die umgebende Natur gehört
dazu, die Fruchtbarkeit der Böden, das Klima, die Verkehrslage usf. - immer unter
der Fragestellung, inwieweit diese Faktoren das politisch-soziale Leben beeinflußt
und mitgestaltet und die Entfaltung des Menschseins in der Gesellschaft gefördert
haben.

Im Sinne des Aristoteles bleibt somit der spezifische Gegenstand der Ge-
schichte das Politische und die Geschichte eine politische Wissenschaft. Darin liegt
zugleich der Bildungswert beschlossen, den die Geschichte in einer demokrati-
schen Gesellschaft haben muß: Wir treiben Geschichte, nicht um Regeln des Ver-
haltens aufzustellen, sondern um Erfahrungen zu vermitteln, aus denen unser Urteil
Maßstäbe gewinnt, und um Denkweisen einzuüben, die das Leben in der Gemein-
schaft ermöglichen und fördern.
 
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