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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0111
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unserer Nachfolger irgendwer die Macht haben solle, von den oben beschriebenen Besit-
zungen irgendetwas zu vermindern, wegzunehmen oder zu verfälschen, sondern alles
bleibe so unverletzlich, wie wir oben ausgeführt haben. Und damit diese königliche Schen-
kungsurkunde in Gottes Namen eine höhere Kraft erhalte und auch in Zukunft von
allen leichter geglaubt und eifriger beobachtet werde, haben wir sie eigenhändig unter-
schrieben und mit dem Abdruck unseres Siegelringes versehen lassen. Karl, allezeit Kaiser
und Mehrer des Reiches. Monogramm Karls, des erhabenen Kaisers. Ich, Segoinus (Sig-
win), der Geheimschreiber, habe die Urkunde im Auftrage des Erzkanzlers Lütward
durchgelesen und unterschrieben. Gegeben am 11. Juni im Jahre 884 nach des Herrn
Fleischwerdung, in der 2. Indiktion, im 8. Jahre der Regierung (seit Erhebung zum König
von Alamannien, 876) des Herrn Karl, des Augustus, im 4. Jahre (seit 12. Febr. 881)
seines Kaisertums. Geschehen in Worms, glücklich vollendet in Gottes Namen. Amen.

VERMERK 46

Bei Karl waren im Laufe seiner Regierung viele Krankheiten des Leibes und der
Seele aufgetaucht. Die Großen des Reiches gingen daher zum obenerwähnten Herzog von
Kärnten, Arnulf (880 Herzog von Kärnten, 887 König von Ostfranken, 896 Kaiser,
8. Dez. 899 in Regensburg gest.) über, der ein Sohn Karlmanns (des Bruders Ludwigs d. J.
und Karls des Dicken) war. Karl (der am 28. August 885 in Lorsch urkundete, ohne daß
der Chronist seinen Besuch erwähnt) wurde (im November 887 auf dem Reichstag zu
Trebur) abgesetzt. Durch die beklagenswerte Gestaltung der Umstände wurde er, der als
Kaiser, abgesehen von Karl dem Großen, keinem nachstand, in eine solche Armut und
Verzweiflung gestürzt, daß er nicht um sein Königreich, sondern um seinen Lebensunter-
halt zitterte. Er bat Arnulf um Unterstützung, damit er sein Leben fristen könne. Nach-
dem Karl von ihm einige Domänen in Alamannien gleichsam als Almosen erhalten hatte,
starb er nicht lange danach auf der Insel Augea (Reichenau im Bodensee; richtig: gestorben
am 13. Januar 888 zu Neidingen a. D., beigesetzt Reichenau). Danach lösten sich die unter
seiner Botmäßigkeit gewesenen Länder aus ihrem Gefüge und jeder der Seinen trachtete
danach, einen eigenen König zu wählen. (Zerfall des Reiches in fünf Teilreiche: Deutsch-
land unter den Karolingern, Frankreich unter den Capetingern, Italien unter den Häu-
sern Friaul und Spoleto, Hochburgund unter den Weifen, Niederburgund unter dem
Hause des Boso.) Eine unglückliche Begleiterscheinung schien diese Auflösung noch zu
beschleunigen. Denn das vom Himmel auserkorene königliche Haus versprach einen
glücklichen Fortbestand, solange Karl der Große nicht nur das Königreich der Franken,
sondern auch die höchste Würde des römischen Kaiserreiches innehatte. Nach seinem Tode
begann das Glück in derselben Weise zu zerfließen, wie es früher herbeigeströmt war.
Und jetzt fand sich in dem in seinem Bestand erschütterten königlichen Geschlecht nur
noch dieser eine Mann (Arnulf v. Kärnten), der geeignet erschien, über das Königreich
der Franken zu herrschen. Der königliche Stamm, entsprossen dem heiligen Herzog und
Bischof Arnulf (geb. um 582, gest. 16. Aug. 641, Urgroßvater von Karl Martell), hatte in
diesem Herzog und Kaiser Arnulf gleichsam den vorletzten Ast seines Wachstums er-
reicht. Ausführlicher darüber berichten die Chronisten. Dieser Arnolfus nun folgte dem
Beispiel seines Großvaters (Ludw. d. D.) und seiner väterlichen Oheime (Ludw. d. ].,
Karl d. D.) in der Liebe zum Lorscher Kloster. Er erwies sich als außerordentlich frei-
gebig, wie er denn gleich im Anfang das Privileg der Freiheit und R.eichsunmittelbarkeit gab.
 
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