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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 2): Schenkungsurkunden Nr. 167 - 818, Oberrheingau und Ladengau — Lorsch, 1968

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https://doi.org/10.11588/diglit.20232#0011
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VORWORT

Diesem 2. Band des ins Deutsche übertragenen Lorscher Codex das Vorwort schrei-
ben zu dürfen, ist für den Abt eines von Lorsch gegründeten und heute noch bestehenden
Klosters ein Vorzug, für den er dem Herausgeber und dem Verlag zu großem Dank
verpflichtet ist, zumal sein Kloster, die Abtei Neuburg, im Bereich des Ladengaues liegt,
aus dem so viele der im 2. Band angeführten Schenkungen stammen. Wenn auch jene
fernen Zeiten, in denen die Schenkungen an das Kloster Lorsch aus den Ortschaften und
Gemarkungen des Oberrhein- und Ladengaues urkundlich datiert sind, im sozialen und
wirtschaftlichen Gefüge des bürgerlichen und kirchlichen Lebens sich von damals bis
heute tiefgreifend gewandelt haben, so müssen doch die in den Urkunden genannten
Bewegründe des Schenkens gerade einen heutigen Leser zur Hochachtung bewegen. Zwar
hält sich der in allen Urkunden nahezu gleichlautende Text an ein gebräuchliches Schema
und beweist daher im Einzelfall nicht immer zuverlässig die persönliche Absicht des
Schenkenden. Dennoch lassen die Motive, die der Stifter jeweils für seine Übereignung
an das Kloster angibt, Rückschlüsse zu auf eine allgemeine religiöse Haltung der Christen
jener Zeit, auf einen starken Glaubenssinn, der geprägt ist durch das Bewußtsein von
einer ewigen Bestimmung des Menschen und von dem Minderwert irdischen Gutes im
Vergleich zu dem bleibenden hohen Wert eines im Jenseits auf den Christen wartenden
Reichtums, den er sich durch das Hinschenken irdischen Besitzes zu mehren trachtet.
Darum wird die Schenkung „im Namen Christi", „aus göttlichem Antrieb und um der
ewigen Vergeltung willen" gemacht und wird nicht eigentlich der Konvent des Klosters
Lorsch, sondern „der heilige Märtyrer Gottes Nazarius" der neue Besitzer und geht das
geschenkte Gut in dessen „Herrenrecht" über. Die Vergabung soll „von ewiger Dauer"
sein, womit wohl im Letzten die Umwandlung diesseitigen irdischen Besitzes in jenseitige
ewige Güter beabsichtigt ist. Zugleich aber spricht aus dem Text der Urkunden auch die
liebevolle Wertschätzung für die Benediktinermönche. Denn „die Schenkung gelte ebenso
den Mönchen selbst, welche in Lorsch unter der Leitung ihres verehrungswürdigen Abtes
Gott dienen". Sogar Leibeigene, wenn sie etwa zur Bewirtschaftung des geschenkten
Grundbesitzes eingesetzt waren, und das dazu gehörende Vieh wurden mitgeschenkt. Auch
zeitlicher Nutzen soll dem Kloster aus der Schenkung erwachsen, denn das übertragene
Eigentum „möge für alle späteren Zeiten jener heiligen Stätte von Nutzen sein, ihr
Vermögen mehren und ihre Einkünfte vergrößern".

Alle Schenkungsurkunden dieses 2. Bandes des verdeutschten Lorscher Codex sind also
ein hochwertiges Dokument christlicher Ewigkeitshoffnung, frommer Heiligenverehrung
und hoher Wertschätzung benediktinisch mönchischen Lebens, ein Zeugnis dessen, wie sehr
man in jenen Zeiten das Wort des Apostels Petrus (1 Petr. 4, 11), das auch St. Benedikt
in seine Mönchsregel (Kap. 57) aufgenommen hat, zu verwirklichen wußte: „In allem
werde Gott verherrlicht."

Abtei Neuburg, am Fest des Hl. Nazarius 1968

Dr. Albert Ohlmeyer
Abt
 
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