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Verband Deutscher Kriegssammlungen [Hrsg.]
Mitteilungen — Leipzig, 1920

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Mitteilungen Heft 4
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https://doi.org/10.11588/diglit.11372#0140
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verbote des freien wortes bestehen, rvo die Luchgestaltung einer 2ensur des Vuchinhaltes unter-
stellt roird, die versuche. buchpolizeiliche Matznahmen auszuschalten, die äußere und innere öuch-
sorm umprägen werden. vie bibliographischen Ligentümlichkeiten der derart entstandenen und
veröffentlichten werke führen zu jenen literarischen Zeltsamkeiten hinüber, deren verständnis weit
davon entfernt sein sollte, sie als bloße Kuriositäten anzusehen. ver bequemste weg scheint die
Leheimliteratur zu sein, die der Zchleichhandel verbreitet. Vber es ist nicht der bessere weg.
ver verfasser, der es wagen kann, sich in einer erlaubten buchsorm, in voller Lffentlichkeit, an die
Leser zu wenden, darf eine viel weitere wirkung erhosfen. Ls entsteht eine Leheimliteratur, deren
Leheimnis dieses ist, daß die Lingeweihten, diejenigen, die die Vnspielungen eines vuches ver-
stehen, zwischen dessen 2eilen sehr viel mehr herauslesen, als ein oberflächlicher vetrachter des
Luches oermuten würde. visweilen entwickelt sich aus solchen vorbedingungen eine selbständige
schriftstellerische Technik. vas war jahrzehntelang in llutzland der Fall, wo die Runstfertigkeit,
die verhüllungen harmloser worte zu brauchen, eine Lntwicklung nahm, die die Literatur-
wissenschast nicht unbeachtet lätzt. Gder, um aus ein näherliegendes veispiel zu verweisen: die
6rt, in der die von der napoleonischen herrschaft bedrückten deutschen patrioten schrieben, be-
gründete ihre Lrsolge häufig aus eine geschickte literarische verkleidung, vor allem auch durch
die Lemäntelung eines aktuellen Ztofses. va erschienen etwa Vbhandlungen aus den llatur-
wissenschaften, die ein politisches Lhema erörterten. Dder aber, die Fassung einer Lchrift, die ihr
Litel noch verstärkte, machte sie zu einem vermeintlichen Vngrisf auf das, was sie in wirklichkeit
verteidigte. vie groben buchmittel, die solchen owecken dienen, verfeinern sich, je länger sie in
Übung sind, immer weiter. Vn der maskierten titeratur spielt das salsche Litelblatt nur eine
harmlose Rolle. L§ sind häusig andere äutzere bucheigentümlichkeiten, die die polemik tragen,
vor allem aber die Kunstgriffe des Schriftstellers, ein werk anders zu zeigen, als es ist. vabei
werden dann natürlich auch die Lücken, die die gesetzlichen vorschriften lassen, scharfsinnig aus-
genützt. ver Lriumph ist es hier, ein „verbotenes" buch zu veröffentlichen, ohne datz die Lesetze
des INachthabers, die überall von dem buche gewahrt wurden, es verhindern können.. Betrachtet
der bibliophile, bibliographisch und psychologisch, aus dergleichen Lesichtspunkten die striegs-
literatur, dann wird er erkennen, datz bisweilen da, wo anscheinend ein Luch weiter nichts mit
ihr zu tun hat, als datz es das vatum eines striegsjahres trägt, es seinen eigentlichen Ligen-
schasten nach ihr ganz und gar zugehört. vie Lntwicklungsmöglichkeiten dieser geheimen öffent-
lichen Literatur waren während des weltkrieges in den besetzten Lebieten die günstigsten. Ln den
neutralen Ztaaten, in denen die pro ot eoutrn Literatur der vruckfreiheit wegen einen weiteren
Zpielraum hatte als in den am weltkriege selbst beteiligten, widersprach die öfsentliche weinung
doch allzusehr den plumpen übertreibenden vergröberungen. Lluf sie einzuwirken, bedurfte es
feinerer wittel und ihrer grotzzügigen pandhabung, damit die Tinzelveröffentlichung sowohl als
solche sich zeigte, wie auch ihrer berechneten wirkung nach in einem größeren Zusammenhange
blieb. verart entstanden dann Kriegsliteraturgruppen einer inneren verwandtschaft, die nicht
ohne weiteres ersichtlich ist, die aber aufzuspüren für den striegsliteratursammler bibliographisch
und literarisch sehr reizvoll sein wird.

Llllmählich erst wird der Llnsang einer bearbeitung der Rriegsliteratur in der Llufstellung
eines Bücherverzeichnisses, das die einslutzreichsten, die führenden Kriegsschriften nach ihrer wich-
tigkeit zusammenstellt, das eine bibliographisch-kritische Linleitung in die Uriegsliteratur sein
würde, gemacht werden. vie bearbeitung dieser Libliographie würde teils nach den Lluflagen-
höhen, also nach der Lchriftenverbreitung, teils nach dem Linflusse einzelner persönlichkeiten
und werke immerhin ein vorläufiges Lesamtbild gewinnen lassen, in dessen Perspektive die
Mchtpunkte der Zpezialliteratur sich zeigen mützten, der Llnschlutz fragmentarisch und isoliert
wirkender Zondersammlungen an die hauptgruppen und hauptwerke. wäre erst einmal dieser
Kern für die Llbrundung von Sondersammlungen gegeben, dann würde auch deren systemattscher
Llusbau sich so rasch verwirklichen, wie das der Lammler sich wünscht.

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