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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 1.1887

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Nr. 5
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Riefstahl, Wilhelm Ludwig Friedrich: Die Einführung des Christentums in Rätien
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Raupp, Karl: Fröhliche Fahrt
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Rotta, Antonio: Der letzte Ueberlebende
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https://doi.org/10.11588/diglit.48045#0058

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MODERNE KUNST.

in Blick und Haltung der frommen Mönche, die sich wirkungsvoll von den
schneebedeckten Berge abheben, ist deutlich ausgesprochen, auf welcher
Seite der endgiltige Sieg zu suchen ist.
Wie in der vorliegenden Komposition liebt es Wilhelm Riefstahl über-
haupt, Landschaftliches und Figürliches zu stimmungsvoller Einheit zu ver-
binden. War anfänglich namentlich der Norden Deutschlands für seine
Richtung bestimmend, so liess er später auch die Reize der mitteldeutschen
Gebirge und der Rheingegend sowie die Hochlande der Schweiz, Ober-
baierns 'und Tirols auf sich wirken, wie seine „Trauerversammlung in
Appenzell“ und die in der Berliner Nationalgallerie befindliche „Feldandacht
Passeierer Hirten“ beweisen, welches letztere Gemälde dem Künstler die
goldene Medaille und die Ernennung zum ordentlichen Mitgliede der Berliner
Akademie der Künste eintrug. 1827 zu Neustrelitz geboren, erhielt Rief-
stahl seine Ausbildung in Berlin und zwar vorzugsweise als Schüler
W. Schirmers. Nachdem er sich seit 1869 längere Zeit in Rom aufgehalten
hatte, wurde ihm eine Professur an der Kunstschule zu Karlsruhe und 1875
die Direktion dieser Anstalt übertragen, die er jedoch schon nach zwei
Jahren niederlegte, um zu mehrjährigem Aufenthalte nach Rom zurück-
zukehren. Unter seinen übrigen Arbeiten sind noch der Allerseelentag in
Bregenz (Berliner Nationalgallerie), die Klosterkirche am Inn, eine Trauer-
versammlung im Bregenzer Wald, das anatomische Theater in Bologna,
sowie das Pantheon und das Forum Romanum hervorzuheben. Aus München,
wo er gegenwärtig weilt, sandte der Künstler auf die vorjährige Berliner
Jubiläumsausstellung ein Kinderbegräbniss in Passeier. Von der Münchener
Akademie der Künste ist Riefstahl im Jahre 1881 zum Ehrenmitglied
ernannt worden.

XXXIII.

F R (") II L I C H E F AI I R T
VON
K. RAUPP.

Eine kleine Welt nur schildert der Maler
unseres Bildes „Fröhliche Fahrt“ in seinen treff-
lichen, allbekannten Darstellungen — das Leben
der Fischerbevölkerung auf der Fraueninsel im
Chiemsee, und dennoch bieten ihm die schein-
bar geringfügigen Lebensschicksale dieser an-
spruchslosen Leute mehr als manchem Anderen
ganze Länder: echte, volkstümliche Motive, mit
dem vollen Zauber der Poesie, welche die Natur
dem verständnissvoll Schauenden offenbart.
K. Raupp ist kein moderner Künstler in dem
Sinne, dass ihm die Grossstadt mit ihren Wechselfällen, ihren glänzenden
und traurigen Existenzen, ihrem Geräusch, Hasten und Treiben anzieht
und zur Schilderung zwingt —■ aber er ist modern und deshalb in Ueber-
einstimmung mit der heutigen Zeitrichtung, die das Sentimentale, Un-
natürliche verbannt, — weil sein künstlerisches Glaubensbekenntniss keine
Schemen und geistreichelnde Phantasiestückchen kennt, sondern Gestalten
verlangt aus Fleisch und Blut, die das Herz auf dem richtigen Fleck
haben. Weder Rom, noch Paris, weder die Belgier, noch die Holländer
haben auf ihn bestimmend eingewirkt, seine eigene, kerndeutsche Indivi-
dualität hat ihn stets zu den richtigen künstlerischen Principien geführt
und daneben ist die Natur nicht nur allein Vorwurf, sondern auch Lehr-
meisterin gewesen. Was er auch immer gemalt, die Idylle des Mutter-
glückes, das Stillleben der Natur oder den Kampf des Menschen mit den
Elementen — stets hat er den richtigen Ton getroffen, die alltäglichen
Stoffe in das Reich der Poesie gehoben, Menschen und Landschaften gleich
lebendig, wahr und charakteristisch behandelnd.
Karl Raupp ist am 2. März 1837 als der Sohn eines Beamten in
Darmstadt geboren. Sein Vater war ein leidenschaftlicher Kunstfreund und
Sammler, dessen Schätze den Knaben frühzeitig in Stand setzten, einen
Einblick in das Reich der Kunst zu thun. Nach beendigter Gymnasial-

Karl Raupp.


laufbahn und nach einjährigem Studium auf dem Polytechnikum ging er
nach Frankfurt, ans Städel’sche Institut, um unter Steinle und Jakob
Becker zu studiren. Im Jahre 1858 siedelte er nach München über und
studirte 1860—66 bei Piloty, in dessen Unterrichtstunden er Talente wie
Liezenmayer, Alexander Wagner, Defregger, Makart, Max u. a. antraf.
Sein Natursinn überwand glücklich den Nachteil, welcher in der einseitigen
Betonung der Historienmalerei durch Piloty lag, und bald war Raupp auf
dem Gebiet angelangt, deren Meister er werden sollte. Schon sein zweites
Bild, eine „Heuernte“, in goldigstem Sonnenlicht, machte Aufsehen.
Im Jahre 1866 gründete Raupp eine eigene Schule, der u. a. Toby
E. Rosenthal, Harburger, C. Beckmann, Engel angehörten. Elf Jahre
lang, 1868 — 79, wirkte er dann als Professor der Malklasse an der
Kunstschule zu Nürnberg, kehrte jedoch nach Krelings Tode nach
München zurück, wo er seitdem als Lehrer der Vorschule an der Akademie
eine segensreiche Thätigkeit ausübt. Von den zahlreichen Bildern, in
denen er das Leben der Fischer und Bauern der Herreninsel mit stets
glücklichem Erfolge schildert, seien erwähnt: „Auf stiller Flut“, „Abend am
See“, „Ein Wetter kommt“, „Plauderstündchen“, „Lustige Fahrt“, „Glücklich
gelandet“, „Ave Maria“ u. a. Jedem Beschauer wird die kerngesunde Auf-
fassung, die vortreffliche landschaftliche Stimmung, das frische, kräftige
Colorit, welches so gut zur derben Naturfrische der Motive passt, unver-
gesslich bleiben.

XXXIV.



UBBERLEBENDE

VON
ANTONIO ROTTA.

Antonio Rotta ward 1828 zu Görz
geboren, der lieblichen Stadt am Isonzo,
die für den nordischen Wanderer einen
Vorgeschmack der Schönheiten Italiens be-
reit hält. Seine Grosseltern väterlicherseits
waren aus Mantua gebürtig, und der Künstler
selbst hat ebenfalls in Italien seine eigent-
liche Heimat gefunden. In jungen Jahren
bereits begann er seine Studien an der
Akademie zu Venedig und wandte sich
hauptsächlich der Genremalerei zu, in der
er mit Energie die realistische Richtung ein-
Einseitigkeiten und Uebertreibungen zu ver-
fallen, die derselben vielfach anhaften. Indem er stets darauf ausgeht, das
Charakteristische der Erscheinungswelt mit grösster Treue und Gewissen-
haftigkeit wiederzugeben, hält er zugleich mit voller Entschiedenheit an
dem neuerdings in Theorie und Praxis so oft verleugneten Grundsätze fest,
dieses Streben nicht im Bereiche des Hässlichen und Absurden, sondern
des Schönen und Ansprechenden zu bethätigen. Indem er für seine Bilder
mit Vorliebe Scenen aus dem Volks- und Familienleben wählt, ist er recht
eigentlich in der modernen venezianer Kunst der Begründer derjenigen
Genremaler geworden, die gerade in Deutschland vor Allem auf Anklang
und Verständniss zu rechnen hat, und so erklärt sich die Beliebtheit, deren
sich seine gemütvollen Schöpfungen auch diesseits der Alpen erfreuen.
Besonders genannt zu werden verdienen unter seinen zahlreichen Gemälden
das Bacchanal am Lido im Jahre 1700, der Schuhflicker, der Schwefelholz-
verkäufer, der kranke Freund, die Söhne des Malers und die angenehme
Ueberraschung, denen sich die dem vorliegenden Hefte beigegebene Probe,
betitelt „Der letzte Ueberlebende“ würdig anreiht. Mit überzeugender
Wahrheit ist der Schmerz über den Tod des gefiederten Lieblings, dem
die Kleinen umsonst mit dem Futter nahen, zum Ausdruck gebracht und
die Kinderseele in ihrer anheimelnden Naivetät erfasst, wie es deutscher
Empfindungsweise kaum besser gelingen könnte.

Antonio Rotta.


schlurf, ohne indess in die
 
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