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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 8.1909

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Nr. 11
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Schilling, Rudolf; Gräbner, Julius: Dresdener Künstlerheft 1909, 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.24105#0669
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MODERNE BAUFORMEN
MONATSHEFTE FÜR ARCHITEKTUR


11


DRITTES DRESDENER KÜNSTLERHEFT 1909

Im Zusammenhänge mit neuen Strassenanlagen in
Dresden-Neustadt, an denen heute die Ministe-
rialgebäude stehen, wurden auch die Strassen eines
angrenzenden alten Dresdner Stadtteiles einer Neu-
regulierung unterzogen. Es geschah dies vor etwa
20 Jahren, wobei man, wie es zu jener Zeit auch
in anderen Städten üblich war, diese Strassen nicht
nach den Gesichtspunkten der heutigen Städtebau-
kunst gezogen hat, sondern mehr die Reisschiene
walten Hess. Dadurch wurde der vorgenannte alte
Stadtteil ausserordentlich in Mitleidenschaft ge-
zogen. Derselbe zeigt aber heute für jeden künst-
lerisch Sehenden die hübschesten Strassenbilder.
V Dies gilt namentlich von der auch in Frage kom-
menden Kasernenstrasse, die jetzt in ihrer platz-
artigen Ausgestaltung in der Nähe des Neustädter
Marktes und mit ihren kulissenartig vorgeschobenen
Häusern mit zu dem Besten gehört, was alte Städte-
baukunst geschaffen hat. Das gleiche gilt von der
Klostergasse, die verbreitert werden soll, wobei
vorzügliche alte Barockgebäude fallen müssten.
V Auch das alte Wackerbarthsche Palais, das eine
vorzüglich konstruierte ovale Treppenanlage besitzt,
sollte fallen und an dessen Stelle mit verschiedenen
zum Abbruch bestimmten Häusern der Kasernen-
strasse der B e a u m o n t p 1 a t z treten. V
V In der letzten Zeit waren nun Verhandlungen
zwischen Staat und Stadt gepflogen worden, um
diese Härten der alten Planung so viel wie möglich
zu mildern. Der Bestand des Wackerbarthschen
Palais wurde gesichert; der Beaumontplatz sollte
aber unter allen Umständen beibehalten werden.
V Durch Verhandlungen mit dem Königlichen
Ministerium wegen eines Bauvorhabens in Dresden-
Neustadt interessierte man sich dort für Gedanken,
welche die Unterzeichneten bezüglich dieser alten
und neuen Strassen hatten, sodass sie gebeten wur-
den, dieselben auch zeichnerisch darzustellen.
(Siehe Grundrisse.) V
V Nach den hiebei aufgestellten Gesichtspunkten
müsste zunächst der früher geplante Beaumontplatz

fallen, da derselbe nur als eine Vermehrung der
unkünstlerischen Plätze in Dresden-Neustadt ange-
sehen werden muss. Durch Wegfall des früheren
Gedankens, den Neustädter Bahnhof mit der Carola-
brücke durch einen Strassenzug zu verbinden,
könnte man auch die daraufhin angelegte Richtung
der Briestrasse ändern. Würde man diese nach der
alten Jägerhofgasse zu leiten und diese, wenn wirk-
lich nötig, etwas verbreitern, so wäre ein gesunder
Verkehrszug vom Neustädter Markte nach der
Bautznerstrasse in Verbindung mit der König Albert-
strasse geschaffen, sodass verkehrstechnische Be-
denken gegen diesen Vorschlag wohl nicht vorliegen.
V Dadurch wäre aber auch die Möglichkeit ge-
geben, einen Teil des alten Jägerhofes zu erhalten.
Derselbe bestand früher aus zwei unter sich nicht
verbundenen Flügelbauten, von denen derjenige an
der Wiesentorstrasse, der ehemals das Gardereiter-
regiment beherbergte, künstlerisch sehr wertvoll ist.
An der Ecke der Klostergasse ist dieser Flügel mit
einem vorzüglich durchdachten Renaissancegiebel
mit vorgelagertem Balkon geschmückt, während die
Hofseite durch drei schlanke Treppentürme geziert
ist. Von diesem Teile wünschen wohl die meisten
Dresdner, dass er erhalten bleiben möchte. Hat man
bis jetzt keine Möglichkeit gesehen, alles zu
schonen, so könnte man doch wenigstens den wert-
vollsten Teil erhalten. Zu diesem Zwecke wurde
parallel zu dem Gebäude an der Wiesentorstrasse
ein Flügel an das andere Gebäude angelegt und
dadurch eine in sich abgeschlossene Gruppe ge-
schaffen, deren Verwendbarkeit für ein volkstüm-
liches Museum, für das in Sachsen schon lange eine
Notwendigkeit besteht, wohl ausser Zweifel ist.
\7 Ergibt sich aus den beifolgenden Grundrissen
und Ansichten, wie künstlerisch eine Gesamtlösung
gesucht wurde, so möchte nur noch darauf hinge-
wiesen sein, dass gegenüber dem alten Renaissance-
giebel ein Turm in Aussicht genommen wurde, um
gegen das wuchtige Finanzministerium wenigstens
einigermassen ein Gegengewicht zu haben. y
SCHILLING & GRAEBNER

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