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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 12.1913

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Nr. 5
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Balzer, Thuro: Architekt Paul Korff
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https://doi.org/10.11588/diglit.48360#0337

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241

ARCHITEKT PAUL KORFF

Mecklenburg ist ja bekanntlich ein Land, in dem
moderne Kulturbestrebungen nur sehr schwer
festen Fuß fassen können. Deshalb ist auf dem
besonderen Gebiet der sichtbaren Ausdruckskultur
erst recht nicht viel Hervorragendes zu finden, trotz-
dem es hierzulande eine gute Tradition gibt. Wer
einmal ein mecklenburgisches Ostseebad besucht
und bei dieser Gelegenheit auch einige Städte des
Landes kennen gelernt hat, dem werden gewiß die
prächtigen Backsteinbauten der alten Kirchen und
Stadttore aufgefallen und in bester Erinnerung sein.
Neben diesen gotischen Monumentalbauten gibt es
aber auch zahlreiche, aus allen jüngeren Perioden
stammende Profanbauten, prächtige Patrizier- wie
einfachere Bürgerhäuser und auf dem flachen Lande
wunderbare alte Schlösser und Herrenhäuser neben
dem schlichten Bauern- und Fischerwohnhaus, dem
strohgedeckten niedersächsischen Katen. Dieser
Typus wird ja erfreulicherweise in einigen neueren
Siedelungen und kleineren Badeorten, die aus den
alten Fischerdörfern erwachsen sind, weiter ent-
wickelt und glücklich den neuzeitlichen Bequem-
lichkeits- und Gesundheitsforderungen angepasst.
Unter den wenigen, im Geist solch bodenständiger
Kultur schaffenden Architekten Mecklenburgs ist
es Paul Korff, der als erster und — als gebürtiger
Mecklenburger — auch als einziger, bereits seit
15 Jahren für die modernen Bestrebungen im Wohn-
hausbau gekämpft hat; und — das darf wohl be-
hauptet werden — mit gutem Erfolg.
In Rostock, der bedeutendsten Stadt des Landes
fanden sich naturgemäß auch die meisten und größten
Aufträge; zwei davon, sicher die bemerkens-
wertesten, sind zum Teil hier wiedergegeben.
Bei dem Haus Gustav Zeeck war die Grund-
rißlösung recht schwierig. Galt es doch auf einem
verhältnismäßig kleinen, durch die Straße und den
alten Wallgraben mit steiler Böschung festbegrenz-
ten Bauplatz ein Haus zu bauen, das geräumig sein
sollte, andrerseits aber auch die etwas schwere, breit-
gelagerte niederdeutsche Art nicht verleugnen durfte.
Auch mußten einzelne schöne Baumbestände unbe-
dingt geschont werden. Trotz dieser verschiedent-
lichen Schwierigkeiten ist ein durchaus glücklicher
Gesamteindruck erreicht worden, der durch das hoch-
ragende massige Dach besondere Betonung erfährt.
Bei der künstlerischen Durchbildung seiner Bau-
gedanken versteht es Paul Korff vorzüglich, neben
aller sachlichen Gestaltung der Zweckformen doch
dort, wo es angebracht erscheint, reich und dekora-
tiv zu wirken, und dabei innerhalb dieses Bestre-

bens auch feinfühlige Steigerung zum Ausdruck zu
bringen. Man betrachte nur die reizvolle einfache
Vorgartenpforte des Hauses, den Wandbrunnen und
den Haupteingang. Alles in allem — ein vornehmer,
dabei doch behagliche Wohlhabenheit repräsentie-
render Bau ohne jede aufdringliche Protzerei.
Das Gleiche gilt auch von der Architektur der
Innenräume. Die Abbildungen von Zimmern und
Sälen der Rostocker Bank zeigen besonders deutlich
den sicherenGeschmackKorffsbei der Ausgestaltung
repräsentativer Räumlichkeiten. Ehrlicher Zweck-
ausdruck, — klare und gediegene Materialsprache —
reicher Schmuck am rechten Platze, das ist es, was
seine Räume einladend und vornehm zugleich macht.
Nicht unerwähnt darfbleiben, daß Korff sich in
seinem kleinen Heimatstädtchen Laage (2 200 Ein-
wohner) eine Anzahl wirklich tüchtiger Handwerker,
Tischler, Schlosser, Steinmetzen und Maler heran-
gezogen hat, die fast alle seine Entwürfe zu über-
raschend billigen Preisen ausführen. Dieses im
Sinne des Werkbundes geplante Erziehungswerk
verursacht viel Mühe und Arbeit, da ja natürlich
alles bis in alle Einzelheiten vom Architekten genau
durchdetailliert werden muß; es birgt aber auch
wieder viel Freude in sich, wenn, wie hier, die Hand-
werker zu begeisterten Mitarbeitern geworden sind.
Paul Korffs Vermögen, sich mit Verständnis und
feinem Taktgefühl gegebenen Verhältnissen anzu-
passen und seine neuen Baugedanken vorhandenen
alten Formen harmonisch einzugliedern, ist bei
seinen größeren Bauten auf den mecklenburgischen
Rittergütern besonders glücklich zur Geltung ge-
kommen. Als Beispiel mag auf Schloß Wendorf,
hingewiesen werden, das im Laufe von mehreren
Jahren nach und nach mit allen zugehörigen Guts-
häusern von ihm ausgebaut wurde. (Siehe Muthesius
„Landhaus und Garten“.) Aber auch all die anderen
mannigfaltigen Aufgaben seiner reichen Tätigkeit
löst der Künstler mit gleichem Geschick. Hier sei
nur noch auf dasGrabmal Lembke aufdemSchweriner
Friedhof aufmerksam gemacht, dessen versöhnende
und vermittelnde Formen so ganz seiner künstle-
rischen Eigenart entsprechen.
Aus diesen wenigen Beispielen läßt sich er-
kennen, daß Paul Korff ein durchaus moderner
Architekt ist, der da anknüpft, wo einst das Gute auf-
gehört hat und der vielleicht erst dann zum stärksten
und eigensten Schaffen kommen wird, wenn die
Schwierigkeiten, die ihm Land und Leute jetzt noch
da und dort bereiten, völlig überwunden sein werden.
ROSTOCK THURO BALZER
 
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