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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 13.1914

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März
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Westheim, Paul: Architekturen von Otto Slavisberg, Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.48542#0174

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und Struktur ihrer Bauten bleiben sich ja mit oder
ohne solche Liaison gleich. . . .
Wenn dieses Problem heute eine ernste Sorge
der Architektenschaft ist, dann wäre es ganz falsch,
es einfach aus der Welt wegdisputieren zu wollen.
In einer Zeit, wo alles nach der Grogorganisation
drängt und gegenüber Bauaufgaben,
die von Natur aus auf den Grog-
betrieb eingestellt sind, wird man
mit dieser Form der Arbeitsteilung
zu rechnen und mit ihr sich aus-
einanderzusetzenhaben. Dabei wird
zu erkennen sein, dag Architek-
tur selbstverständlich nicht von
der Baufirma gemacht wird und ge-
macht werden kann, dag sie im
Grunde genommen nur die Organi-
sation abgibt, auf der als Basis ein
Baumeister sich auszuwirken ver-
mag. Wenn, wie es hier der Fall ist,
von Baukunst und Baumeistern
gesprochen werden soll, dann kann
die Baufirma kaum interessieren.
Hier, wo nicht die Organisation
sondern das Architektonische der
schätzbare Wert ist, kann selbst-
verständlich nur die Rede sein von
dem, der die Architektur schafft,
von der Persönlichkeit, die aus dem
Bau zu einem spricht.
« «
*
OttoSalvisberg ist geborener
Schweizer.EinengrogenTeil seiner
Ausbildung hat er in Süddeutsch-
land erfahren und hat zweifellos
von diesem süddeutschen Geist das
aufgenommen, was in unserer Zeit
so viele schätzbare Architekten
aufgenommen haben: ein traditio-
nelles Empfinden für Raum- und
Massenverhältnisse. Was ihn, wie
ja so viele, die aus dem Süden zu
uns gekommen sind, nicht hindern
sollte in einer besonderen Weise
mit einer Stadt wie Berlin zu ver-
wurzeln. In ihm wirkt nämlich
als Stärkstes ein ausgesprochener
Sinn für die Realität der Dinge.
Er schafft selbstverständlich in
seiner Art, mit seiner unverkenn-
bar charakteristischen Handschrift, aber er ent-
wickelt alles aus den Bedingungen der gegebenen
Aufgabe heraus. Sein Bestreben, bei welcher Sache
man ihn auch zu kontrollieren versucht, ist immer
das, eine Bauidee klar und unvoreingenommen aus
sich heraus zu entwickeln und bis in die letzte

Konsequenz folgerichtig zu Ende zu denken. Auf
groge Architekturen, auf Werke, die sich des Nach-
denkens und des Schweiges lohnen, ist sein Sinn
gestellt. Als er nach Berlin kam, war es ihm darum
zu tun, weltstädtische, neu-berlinische Aufgaben zu
bewältigen. Aufgaben, die nicht notwendigerweise
offizielle Monumentalgebäude zu
sein brauchen,die,wie man weig,bei
uns ja im allgemeinen von Leuten
bewältigt zu werden pflegen, die
noch immer von diesem weltstäd-
tischen Geist unberührt geblieben
sind. Tanz-,Bier-, Geschäftshäuser
grogen Stiles, Schwimmhallen-
projekte, Gelände-Erschliegungen,
städtebauliche Aufgaben mancher
Art, Dinge, die aus solchem Mas-
senleben herauswachsen, sind es
gewesen, an denen er seine Kräfte
zu erproben hatte. Und, das will
bemerkt werden, dag er sie immer
aus dem Rhythmus, den ihm die
Grogstadt dieser Zeit darbietet, zu
entwickeln bemüht ist. Er baut im
Zentrum der Kapitale das Linden-
haus, ein mächtiges Geschäftshaus
mit Läden und Büroetagen. Erführt
es auf in einem so modernen, so
an Problemen für den heute
schaffenden Baukünstler reichen
Material wie dem Eisenbeton. Ihm
liegt daran, mit diesem neuartigen
Material einen Bau zu formen, der
so nicht in Werk- oder Backstein
hätte aufgeführt werden können,
der seinen Formcharakter eben
dem Beton zu verdanken hat. Er
ging davon aus — man sieht das
deutlich genug —, dag die Beton-
massezwischen Holzverschalungen
zu stampfen ist, dagalso dieses Ver-
fahren technisch und wirtschaftlich
nach der breiten Flächenentfaltung
verlangt. Da jede Profilierung um
schweres Geld erst in Holz ge-
schnitzt werden mug, so kam er
dazu, den ganzen Bau auf die
Flächenwirkungen hin anzulegen.
Als Materialreiz hatte die körnige
Struktur der gestampften Masse zu
wirken; die Streifungen und kleinen Ungenauigkeiten,
die die übereinanderliegenden Bohlen ergeben, wur-
den in diesemSinneebenfallsalsMaterialreizerhalten.
Die Fenster durften nicht zu Unterbrechungen in
diesem Mauergefüge werden, so wurden sie, breit
und grog, an die Augenseite der Wandungen gelegt,


P. R. HENNING, BERLIN
Von der Fassade des Geschäftshauses
C. Prächtel, Berlin
Mittelfigur in frei aufgeformter schwar-
zer Keramik der keramischen Werk-
stätten Adler, Velten
 
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