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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 26.1927

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Neue Werke von Josef Hoffmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.48543#0211

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161


Professor Dr. h. c. Josef Hoffmann, Wien
Villa in Döbling. — Gartentreppe

NEUE WERKE VON JOSEF HOFFMANN

Die neue Villa liegt im Döblinger Cottage, wo man heute
einen guten Teil von Hoffmanns Entwicklung als Bau-
meister derartiger Gartenhäuser überblicken kann.
Der langhin aufgerollte Grundriß zeigt, etwas abgerückt von
der Straße : das Herrenhaus, anstoßend und durch einen Gang
verbunden: den schmalen und niedrigen Flügel der Wirt-
schafts- und Dienerräume. Im Hauptgebäude liegen zu ebener
Erde gegen die Gasse die Fremdenzimmer, in der Mitte die
Halle und der Speisesaal, gegen den Garten die Terrasse. Auf
dieser Seite tritt an Stelle der geschlossenen Straßenflucht eine
gliedervolle Staffelung. Denn hieher sendet die Halle einen
Alkoven, die Hauswand tritt hinter die Terrasse zurück, noch
weiter der Flügel, der aber dann wieder mit rechtem Winkel
nach vorn gebracht wird. Im ersten Stock und in der Mansarde
liegen die Einzelräume: Wohn-, Bücher-, Schlaf- und Bade-
zimmer. Wieder einmal konnte der Künstler frei über den
Raum schalten. Aber er hat von dieser Freiheit auf erlesene
Weise Gebrauch gemacht. Man wird sich innerhalb eines
vornehmen Haushaltes nicht leicht eine räumliche Ordnung
denken können, die es an zweckmäßiger und behaglicher
Harmonie mit dieser aufnehmen könnte.
Die Grundform des Hauses bestimmt sein kubischer Zu-
schnitt und das breit ansteigende Dach. Die Stämmigkeit des
Ganzen kehrt im einzelnen wieder, bis hinauf zu den körper-
lich heraustretenden Fenstern der Mansarde und den Schorn-

steinen darüber. Aber auch sonst ist jedwedes Motiv klar
herausgearbeitet: zu ebener Erde der Eingang mit der Frei-
treppe, daneben die pfeilerartig hervortretenden Fenster über
den Kellerbogen, darüber die anderen von gedrungenem
Format und ins Mauerwerk eingelassen. Dieser mit schlanken
und dann wieder verkürzten Senkrechten ansteigenden Ord-
nung setzt das energische Gebälk der Traufe die wagerechte
Grenze. So wird eine reine lagernde Ruhe bewirkt, farbig
verstärkt durch die einfache Abfolge des hell verputzten
Mauermantels und des schiefergrauen Dachstockes, — für den
Nahblick begleitet vom sparsamen Schmuck der gekerbten
Tür- und Fensterrahmen, der streng verteilten Rauten und
Trauben an den Wänden und des geometrischen Gitter-
werkes in den Lichtöffnungen. An das Herrenhaus lehnt, mit
zugespitzten Doppelfenstern und Spalieren für das Schling-
gewächs, der leichter bewegte Trakt der Dienerschaft. Vor
dem Ganzen aber breitet sich eine schöne Freiung, der offene
Spielraum für das Licht der Jahreszeiten, bis dorthin, wo mit
steilem Sturz die Treppe niedersteigt zu dem tief unten liegen-
den Garten.
Das Haus Knips kommt aus Hoffmanns Reife. Nach wie vor
ist sie fruchtbare Fülle. Sie zeigt hier ihre kompositorische, ihre
melodische Art. Aber zu gleicher Zeit zeigt sie an anderen, zweck-
verschiedenen Aufgaben — an dem Volkswohnhaus und an der
Festhalle — die einfache, monumentale Kraft des Meisters.

MOD. BAUFORMEN 1927. V, 1
 
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