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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 28.1929

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Eisler, Max: Ein Wohnhaus von Armand Weiser
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https://doi.org/10.11588/diglit.48541#0209
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EIN WOHNHAUS VON ARMAND WEISER

Das Haus W. in Znaim war infolge der kommunalen
Vorschrift an die geschlossene Bauweise des Viertels
gebunden: es mußte die Straßenflucht einhalten und ein
zweites Stockwerk auf sich nehmen. Da nun der Haushalt
des Bauherrn mit den Räumlichkeiten im Souterrain, im
Erdgeschoß und im ersten Stock, die zusammen ein Ganzes
bilden, reichlich sein Auslangen fand, galt es, darüber eine
Mietwohnung einzurichten und diese durch eine eigene Treppe
zu separieren. Das erklärt die einfache, typische Form, die
mit ihrem regulären Zuschnitt, dem erhöhten doppelten
Eingang, der klaren Fensterordnung und der schlichten
Führung der Gesimse in dem argen Straßenbild eine be-
sonders gute und angenehme Figur macht.
Der Grundriß bringt zu ebener Erde die drei Gesell-
schaftsräume: die Halle, den Salon und das Speisezimmer
in offene Verbindung, breite Glastüren führen schon den
Blick durch je zwei benachbarte Räume, der dritte schließt
im rechten Winkel sich an. Trotz dieses atemfreien Zu-
sammenhanges bewahrt jeder Raum durch verschiedene Mittel
seine Eigenheit. In der Halle ist eine halbrunde, im Salon
eine rechteckige Nische ausgehoben, das Speisezimmer ist
abgekurvt. Aber stärker noch als diese Motive gestaltlicher
Art wirken die überaus schönen, materialecht erscheinenden

und vortrefflich bearbeiteten Hölzer. Das von der Straßen-
und Gartenseite voll hereinflutende Licht spielt auf den Poli-
turen, den Gläsern und den vielen brandfarbigen Keramiken.
Und da dies alles, das Holz samt seinem Handwerk, die
Keramik und das Licht der Landschaft hier, am Ort, seine
Heimat hat, wirkt es, von der Regie des Architekten kräftig
zusammengeführt, besonders erfreulich.
Aus der Halle führt ein Aufgang in den Oberstock mit
den familiären Stuben. Das Schlafzimmer zeigt wiederum
köstliches Holz in prägnanten, sauberen Formen. Im übrigen
aber herrscht hier der helle Anstrich und die heitere Farbig-
keit gewebter und gewirkter (auch von Frau Weiser trefflich
bearbeiteter) Stoffe. Alles ist zweckdienlich und wohnlich.
Bei dem ungemeinen Tiefstand der normalen Bauweise
in diesen Gegenden haben Werke von der Art des Weiser-
sehen Hauses ihren grundsätzlichen Wert. Je mehr sie aus
dem ortsüblichen Rahmen fallen, desto erziehlicher können
sie dort wirken. Die Wiener Wohnkultur hat in diesen Nach-
barländern unter den Bauherren noch genug verständige und
gleichgestimmte Freunde. Es mag ja heute nicht leicht sein,
das Arbeitsfeld jenseits der alten Staatsgrenzen zu erreichen.
Aber da beide Teile dabei nur gewinnen, ist es möglich
und der Versuch jeder Mühe wert. Max Eisler.



Dr.-Ing. Armand Weiser, Wien
Haus Fritz W. in Znaim
Grundrisse des Erdgeschosses und 1. Stockes
 
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