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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 31.1932

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Eisler, Max: Wohnhaus in Iglau: Architekt Walther Sobotka, Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.49241#0038

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die Garage gelegten Kinderzimmer einen halben Trep-
penlauf höher liegen wie die Schlafräume der Eltern,
so konnte über dem Wintergarten noch eine große
geschützte Terrasse eingeschoben werden. Bei völlicr
eben verlaufendem Dache also ein teilweise dreigeschos-
siger Ausbau und eine Abstufung sowohl der Raum-
höhen wie der der Ebenen, die sich in den Terrassen
des Gartens organisch fortsetzt.
Das Haus in Iglau ist ein klar überlegter, aber auch
durchkomponierter Würfel. Gegen die Hauptstraße
mit dem Haupteingang greift rechts im Winkel ein
prismatisches Eck mit zwei Geschossen, — d. i. der Trakt,
der zu ebener Erde das Musikzimmer enthält - vor,
gegen den Garten tritt der abgeschrägte Eßraum aus
der Flucht. Aber auch nach oben wird das Bauwerk —•
mit seinen gegen die Morgensonne liegenden Terrassen,
seinem flachen Dach und einem nordöstlichen Halb-
stock darüber — ruhig geschichtet. Es bedeutet die
Würfelung hier also Ordnung, und zwar Ordnung nicht
nur im zweckmäßigen Sinne des Grundrisses, der außen
am Hause zutage tritt, sondern auch im Sinn einer
ausbalancierten Form. Diese Form einmal näher zu
bestimmen, gibt die Iglauer Villa gute Gelegenheit.
Man merkt ohne weiteres, wie rein die scharf umrissene
geometrische Gestalt des Baukörpers gesehen und emp-
funden ist. Aber diese sehr bestimmte Körperhaftig-
keit verhindert nicht das Aufkommen von breiten,
selbständig komponierten Flächen, die auf ihre streng
logische Weise doch auch streng und fein dekorativ
durchgezeichnet sind. Und vielleicht beruht auf dieser
Gegenwirkung des Körper- und des Flächenhaften
sowohl die Leichtigkeit wie auch die Spannung der Bau-
form Sobotkas, die sich in dem Iglauer Haus beson-
ders einfach äußert.
Im Hause selbst geht es dann sehr sauber, angenehm
und richtig zu. Das zeigt am klarsten die Halle, be-
sonders bei abendlicher Beleuchtung. Denn hier, wo
die Zimmer mit dem Treppenhaus zusammenkommen,
ist auch ihr durchsichtiger Zusammenhang, ist die ge-
lenkige Art der Raumführung und jene schöne Neigung
für den Wechsel der Niveaus am besten erkennbar,
die dem Hauptraum die durchgebildete Gestalt verleiht
und den Körper des Besuchers unmittelbar teilnehmen
läßt an der Raumbewegung, also auch an dem Raum-
erlebnis. Aber auch hier setzt sich — das läßt unsere
helldunkle Abbildung besonders deutlich erkennen —
das klug und rein geregelte räumliche Wesen dann um
in eine schön empfundene Beziehung der Flächen, in
einen schön empfundenen Zug der leitenden Linien.
An dem Möbel des Hauses und der anderen Wohnungen
erweist .sich die lebhafte und sehr natürliche, d. h. völlig
ungekünstelte Erfindung des Künstlers, die für jeden
Fall eine besondere, immer intime, immer behagliche
Lösung weiß. Erstaunlich schon in unserer kleinen Aus-
wahl der Reichtum der Formen. Aber nicht minder
bemerkenswert ihr durchgängiger, schlicht begründeter
Charakter. Dazu die Sorgfalt der überall klar liegenden
Struktur und Arbeit und der sichere Geschmack bei
der Auswahl und Zusammenstellung der Stoffe, Hölzer
und Farben. Stärker als bei anderen vergleichbaren
Künstlern, die den Raum verflüchtigen möchten, spricht
hier die, gelegentlich auch eingebaute Einrichtung mit.
Aber sie wird in einer besonders entwickelten —immer
anregenden, immer beherrschten Weise — als Mittel
der Raumbildung behandelt.
Oben: Nordfront gegen den Garten.
Mitte: Teilansicht der Gartenseite mit dem vorge-
schobenen verglasten Eßplatz.
Unten: Lageplan mit Erdgeschoß im Maßstab 1:500

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