Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 31.1932

DOI Artikel:
Wright, Henry: Was weiss der Architekt von den Kosten des Kleinwohnbaus?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49241#0363
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
WAS WEISS »F H ARCHITEKT VON »EN KOSTEN
»ES KLEINWOHNBAES«
Von Henry Wright, Architekt, New York
Der amerikanische Architekt Henry Wright veröffentlichte in der ausgezeichneten Zeitschrift “Architectural Record” (Dezember 1931)
diese sehr beachtenswerten Studien, deren Verdeutschung wir dem Stuttgarter Architekten F. E. Schöler verdanken. Von Bedeutung
erscheint uns neben den vom Verfasser errechneten billigen Erweiterungsmöglichkeiten für die Wohnfläche, daß die Amerikaner im
Siedlungsbau bei Backsteinmauerwerk und Holzbau bleiben. Anstatt mit Ersatzbauweisen zu operieren, versuchen sie durch Zeitstudien
und Kostenanalyse die Baukosten abzubauen — ein Weg, der sicher für die Güte und Dauerhaftigkeit der Häuser von Vorteil ist.
Die Baukosten in Amerika sind anscheinend nur 25 bis 30% teurer als bei uns, obwohl man aus anderen Berichten schließen kann, daß
der Dollar für die Lebenshaltung drüben nicht viel mehr bedeutet als die Mark für uns. Zu den Kalkulationen der Bauunternehmer
ist zu sagen, daß sie bei uns längst nicht so weit differieren als Wright berichtet, vorausgesetzt, daß eine gute und ausführliche Bau-
beschreibung vorliegt. Wichtig erscheint uns die Aufteilung der Baukosten unter die 3Titel: Grundkubatur, sekundäre Kubatur und gleich-
bleibende Einrichtungen. Diese Trennung ermöglicht einen sehr viel richtigeren Überschlag über die Auswirkung von Vergrößerungen
und Verkleinerungen des Grundrisses als das übliche Verfahren der Teilung des Gesamtpreises durch die Gesamtzahl der Kubikmeter.

Aus zwei bestimmten Gründen waren Architekten bisher
nur etwa zu 3% am Bau von Kleinwohnhäusern beteiligt:
1. Beim Kleinhausbau, wie er für weitaus die Mehrzahl der
Bevölkerung erstellt wird, wurde dem richtigen Ent-
werfen wenig oder gar keine Aufmerksamkeit geschenkt.
2. Der Architekt war nicht so vertraut mit den Sparbau-
weisen der Kleinhäuser, wie sein erfolgreicher Konkurrent,
der Bauunternehmer.
Der Architekt ist geschult, unsere idealen freistehenden
Einfamilienhäuser zu entwerfen. Während der Architekt sich
jedoch nach neuen Aufträgen umsieht, fährt der geschäfts-
tüchtige Bauunternehmer fort, Reihe auf Reihe seiner Häuser-
wiederholungen zu verewigen, die sehr oft unsolid gebaut
und meistens schlecht im Entwurf sind. Teils sind es ver-
kümmerte kleine Einfamilienhäuser, teils die noch uner-
wünschteren üblichen Doppelhäuser oder Etagenhäuser, stets
sind sie mit ihren kleinen Ausschweifungen und gekünstelten
Einrichtungen gleich mangelhaft, und lassen fast immer gute
Planung und die fundamentalen Annehmlichkeiten von Sonnen-
licht, Aussicht, Luft und Abgeschlossenheit vermissen.
Der Bauunternehmer hat es schlecht und recht verstanden,
einer wirtschaftlich schwachen Gruppe von Interessenten zu
dienen, die in der Regel durch die unter der Leitung von
Architekten errichteten Wohnungen nicht erreicht wird. Trotz-
dem hat der kaufmännisch tüchtige Unternehmer, obwohl er
zumeist im großen produziert, es versäumt, die Grundsätze
der Massenproduktion anzuwenden oder deren Vorteile aus-
zunützen. Der Architekt hingegen, als Individualist, beschäftigt
mit Aufgaben einer höheren Preisstufe, hat zu geringe Kennt-
nisse der Probleme und der Möglichkeiten des Massenbaus.
Eingehende Prüfung ist erforderlich, um das Problem des
Kleinhausbaus richtig zu lösen. Die wirtschaftlichen Faktoren
sind von überragender Wichtigkeit und unter diesen kann
allein schon eine gründlich zergliederte Kostenaufstellung
manche unserer Ansichten über das Entwerfen von Klein-
wohnhäusern vollständig ändern.
Eine Analyse aller Einzelheiten, die von Einfluß auf die
Kosten sind,wird ergeben, welche Faktoren innerhalb bekannter
und kontrollierbarer Grenzen verändert werden können zu-
gunsten gesunder Sparsamkeit und der Beweglichkeit im Ent-
wurf, sowie zum Vorteil des zukünftigen Nutznießers.

Studien über Hauskostcn im Massenbau.
In siebenjährigem Abbau der Hausbaukosten*), unterstützt
durch systematische Berechnungsmethoden und im Bau vor-
genommene Zeitstudien, wurde nicht nur festgestellt, daß
gewöhnliche Backsteine, vermauert, im Preise zwischen M 126.—
und M 294.— pro 1000 schwanken, sondern auch in welchen
Teilen des Gebäudes die Backsteine den einen oder den
anderen Preis kosten. Die Kosten einer Zwischengiebelwand
im Baublock, verglichen mit einer Seitenwand, sind bekannt
und ebenso der Kostenunterschied eines Zwischenwand-
kamines für das Ein- oder Zweifamilienhaus. Andere Zahlen
von hervorragender Wichtigkeit waren die Kostenunterschiede
zwischen Walm- und Giebeldächern, oder steilen und flachen
Dächern. In einzelnen Fällen variieren die tatsächlichen Ab-
weichungen bis zu 1000% von den geheiligten Stegreif-
kalkulationen der Bauunternehmer.
Der nächste Schritt war, die tatsächlichen Kosten eines
mittleren Reihenhauses, eines Endreihenhauses, eines frei-
stehenden Hauses und einer Etagenwohnung mit verändertem
Grundriß zu zerlegen. Es wurde festgestellt, daß die Schätzungs-
ergebnisse zwischen 2 und 3% von den wirklichen Kosten
abwichen. Ein wichtiger Faktor, der bei fast allen Ergebnissen
dieser Periode zur Genauigkeit der Untersuchung beigetragen
hat, lag in der Verwendung eines Planes mit einheitlicher
Bautiefe (8,6 m) und gleichem Schnitt für sämtliche Fälle.
Das wachsende Vertrautwerden mit den Baukosten hat zu
einer Klassifizierung aller Einzelheiten in annähernd gleich-
bleibende und veränderliche Werte für in sich ähnliche Arten
von Wohnungen geführt.
Grundsätze für gleichbleibende und
veränderliche Baukosten.
Es wird öfters und mit vollem Recht behauptet, daß ein
Vergleich der Baukosten nach dem Kubikmeterpreis nicht
viel bedeutet und daß die Ausführungsbeschreibungen so ver-
schieden sein können, daß genau derselbe Hausentwurf einen
Kostenunterschied von 20—30% aufweist und daß dieser in
*) Die Zahlen dieser Abhandlung beruhen auf Berechnungen der
in Sunnyside, Radburn und Pittsburg in Backstein mit Holzgebälk
gebauten Typen von Ein- und Zweifamilienhäusern von einheitlicher
Bautiefe (8,6 m) und verschiedener Baulänge.

309
 
Annotationen