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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 14.1900

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6. Heft
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Lobe, Max: Das Strassburger Stadttheater
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Unsere Bilder, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22226#0129

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92

MODERNE KUNST.

Die Leitung des Schau- wie sie auch im modernen Schauspiel oft ergreifende Töne findet. Das Fach
spiels liegt in den trefflichen der Heroine, welches mit dem Beginn dieser Spielzeit neu besetzt wird, war
Händen des Oberregisseurs während drei Jahren in den Händen von Fräulein Hermine Breier, welche
Herrn Leo Ackermann, dem Künstlerin stets, sei es nun im klassischen oder im modernen Repertoir, grösstes
die Herren Georg Brunow und Interesse für ihre Leistungen zu erregen wusste. Von den Herren des Schau-
Julius Deppe, beide auch vor- spiels sind als hervorragende Künstler zu nennen der Charakterdarsteller
zügliche Darsteller, als Re- Maximilian Wilhelmi und der erste Held und Liebhaber Karl Corge. Ersterer,
gisseure zur Seite stehen. Unter gleich bedeutend in klassischen wie in modernen Rollen, zeichnet sich durch eine
den Damen des Schauspiels stets durchdachte und realistische Darstellung aus, die seine Darbietungen zu
nimmt als Künstlerin die Naive, äusserst interessanten machen. Dabei überschreitet Herr Wilhelmi niemals das
Fräulein Ella Heuberger, eine rechte Maass, und mag er nun den „Franz Moor" oder den „Nickelmann", den
hervorragende Stelle ein. Jeder „Tischler Engstrand" oder den schlesischen Hotelier „Siebenhaar" geben, stets
ihrer Rollen weiss Fräulein weiss er von neuem zu fesseln.

Heuberger Leben und Indi- Karl Corge glänzt vor allem in den Heldengestalten unserer Klassiker;
vidualität einzuflössen, sei es prächtige Reckenerscheinungen bietet er als Egmont, Fiesko, Teil, Othello und
nun, dass sie einen Lustspiel- vielen anderen. Dazu kommt sein mächtiges und sonores Organ, das er übrigens
backfisch oder eine Märchen- für Rollengebiete wie „Faust" oder „Hamlet" vorzüglich zu modulieren weiss,
figur, eine Salondame oder seine lebensvoll und moderne Darstellung der jüngsten Bühnenhelden, wie
eine klassische Gestalt ver- Röcknitz (Glück im Winkel), Fuhrmann Henschel u. s. w., die ihn zu einem der
körpert. Wirklich gross ist beliebtesten Mitglieder des Schauspiels machen. Auch die übrigen Darsteller
die anmutige Künstlerin be- Franz Peschel (jugendlicher Held
sonders als „Hannele", als und Liebhaber), der vielseitige,
„Rautendelein" (Versunkene auch schon als Schriftsteller an die
Glocke), als Blinde in „Das Oeffentlichkeit getretene Albert
Glück im Winkel" und in einer Boree, der Bonvivant Paul Körner
Reihe so zu sagen populär und andere leisten durchweg Aus-
gewordener Lustspielfiguren. gezeichnetes.

Das Fach der ersten Lieb- Das Publikum, welches die

haberin bekleidet seitmehreren Leistungsfähigkeit des Strassburger

Jahren Fräulein Gertrud Fels- Stadttheaters zu schätzen weiss,

egg. Die Künstlerin, welche wendet demselben von Jahr zu

auch die hierfür notwendigen Jahr grösseres Interesse zu und

äusserlichen Eigenschaften in unterstützt es auf diese Weise in

hohem Maasse besitzt, weiss seinem kulturellen Zweck, welcher

namentlich klassischen Frauen- nicht zum wenigsten die Hebung

Frl. Josephine Kratz vom Stadttheater in Strassburg. ,

gestalten, wie Oretchen, Julia, des Deutschtums und deutscher

Desdemona, Klärchen, Emilia Galotti eine lebenswahre Darstellung zu verleihen, Kunst in den Reichslanden bildet.

---<>.<s---•

nsere röilder.

J2

Bergaminis grosses Bild „In der Prüfungsstunde" giebt einem schel- unglückliche alte Frau zeigt, deren
G^y mischen Humor sehr glücklichen Ausdruck. Die Schlingels, die da hinter Gemüt von der schleichenden, alles
dem Rücken des schwerhörigen Examinators ihre tollen Spässe treiben oder, verhärmenden Sorge erfüllt ist.
so weit sie sich im Gesichtsfelde des alten Herrn befinden, die Miene der Auf- * ... *
merksamen aufstecken, sind sehr glücklich zu künstlerischer Gestaltung gebracht; ^fn vortrefflicher Weise giebt
die im Mittelgrunde stehende Examinandin scheint trotz aller Bemühungen R. Senets Bild „Am Canale
ihres Lehrers nicht sonderlich viel Kluges zu produzieren. — Mit ebenso grande in Venedig" die Farben-
glücklichem Humor sind L. Moellers lustige Brüder gemalt, alle „Drei von Stimmung wieder, die über dem
einem Schlage" und offenbar von einem Scherze höchlichst erheitert, weltberühmten Kanal ausgebreitet

während E. Girans Bild „Erstes Gebet" einen reizenden Blick in das ist. Der blaue italienische Himmel, Frl. Thila Pläichinger ,„, ,,

vom Strassburger Stadttheater als „Brünhilde .

Familienleben ermöglicht und einer ernsteren Empfindung Ausdruck verleiht. der sich so wunderbar im Wasser

* ... * widerspiegelt, bildet mit den Farbennüancen der Fassaden eine prächtige Harmonie.

■jfC. Fuchs. Die Pyramiden von Gizeh. Deutschland hat seine rau- * ... *

sehenden Wälder, seine rebenumkränzten Hügel, seine himmelanstrebenden ^rofessor Jakob Ungerer, dessen allegorische Figur „Die Luft" die

Alpen, und wir brauchten deshalb, um unser Auge an schönen landschaftlichen vorliegende Nummer bringt, ist hauptsächlich durch den prachtvollen Mende-

Bildern zu laben, eigentlich nicht in die Ferne zu schweifen. brunnen, den er für Leipzig entworfen hat, bekannt ge-

Aber an der Gewöhnung stumpft der Reiz ab und so färben- i-1 worden. Er ist in München geboren, hat dort hauptsäch-

glutig können unsere Landschaften auch schon deshalb nicht lieh unter Max Widmann studiert und lebt auch jetzt noch

leuchten, weil über ihnen niemals der südliche Himmel lacht. dort. Anfangs beschäftigte er sich meist mit Kleinplastik,

Wem es je vergönnt war, den Reiz einer nordafrikanischen erst mit dem Entwürfe zu dem Mendebrunnen hat er sich

Landschaft auf sich wirken zu lassen, oder gar an den Pyra- >j v, grösseren Aufgaben zugewandt und mit diesem Werke einen

miden einen Sonnenauf- oder -Untergang zu gemessen, der JBr grossen Erfolg errungen. Für viele Leipziger und Münchener

wird das farbenprächtige Bild, das sich ihm darbietet, sein Monumentalbauten hat er in den letzten Jahren die Modelle

Lebtag nicht vergessen, und es giebt wenig Maler, denen es j$M zu den figürlichen Ausschmückungen geschaffen. „Die

gelingten möchte, eine solche Landschaft in ihrer ganzen 1 Luft" soll lebensgross in Bronze ausgeführt werden, in

märchenhaften Schöne auf die Leinwand zu bannen. Von welchem Material sie wesentlich zierlicher wirken dürfte,

diesen Wenigen ist einer der Orientmaler Richard Fuchs, ^^-glL^,, J|S| * *

dessen herrliches Gemälde wir unseren Lesern darbieten. t^BL ^ sKormann Garstin. Schwere EntSchliessung.

jHH Mb^^^HH Seine Rose hat sie ja gern angenommen und sie hal
,apie beiden Bilder von E. Harburger, die das vor- nicht gezögert, als er sie auf die einsamen Wege des
liegende Heft enthält: „Mutterglück" und „Im Sorgen- Gartens führte, da er nun aber hastig und ohne Vermitt-
stuhle" legen von der Künstlerschaft des hervorragenden hing ihr die entscheidende Frage zugeflüstert hat, zögert
Malers ein vollgiltiges Zeugnis ab, umsomehr, als sie ganz sie doch mit ihrer EntSchliessung. Wie lange? Die Mägd-
verschiedenartigen Stimmungen Ausdruck verleihen. Auf leins des vorigen Jahrhunderts sind auch Evastöchter ge-
dem einen ist ein Weib in der vollsten Freude echten unge- wesen; und der Mond hat auch im vorigen Jahrhundert

trübten Mutterglückes dargestellt, während das andere eine '- manch innig verschlungenes Paar belauscht.

Karl Corge am Stadttheater in Strassburg.
 
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