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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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Wundt, Theodor: Jm Berner Oberland
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Unsere Bilder, [17]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0607

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284

Jm ßepnep Obepland.

Von Theodor Wundt.

riss wohl ein Jeder kennt, wenn auch nur im Bilde, die
„Welt voll Pracht und Herrlichkeit“, welche die Jungfrau
dem Beschauer von der Wengern-Alp aus bietet. Wir
haben hier ein Gebilde von solcher Vielseitigkeit vor
uns, dass wir mehr den Eindruck eines ganzen Gebirgsstockes, als den-
jenigen eines einzelnen Berges erhalten. Die glitzernden Kuppen der
Silberhörner und des Schneehorns umgeben die himmelragende Spitze,
mächtige, von schroffen Felsen durchsetzte Eisströme, unter denen sich
vor Allem der Guggi-Gletscher durch wilde Zerklüftung auszeichnet, ziehen
sich auf allen Seiten von dort oben herab und bilden den strahlenden
Mantel der Königin des Berner Oberlandes.

Nur äusserst selten wird die Jungfrau auf dieser Seite erstiegen. Die
Mehrzahl der Besteiger zieht es vor, dem Gipfel von jenseits beizukommen,
wo die hochgelegenen Firnbecken des Aletsch-Gletschers die Annäherung
wesentlich erleichtern. Was der Besteigung dort ihren Reiz verleiht, das
ist der freie Blick nach allen Seiten auf die benachbarten Bergesriesen,
auf die herrlichen Gestalten des Schreckhorns, Eiger, Mönch, der gewal-
tigen Viescherwand, des mächtigen Aletschhorns, während andererseits
die Wanderung über die weiten, oft nur wenig geneigten Firnbecken
allerdings einer gewissen Monotonie nicht entbehrt.

Anders bei der Besteigung auf der Nordseite von der Wengern-Alp
her. Hier auf dem zerklüfteten Guggi-Gletscher, welcher zunächst über-
schritten werden muss, befindet man sich beständig mitten zwischen den
Eistürmen, Spalten und Scracs. Nun sind dieselben in gewissem Sinne
allerdings Details und in ihren Grössenverhältnissen mit jenen Berges-
riesen nicht zu vergleichen, aber ihre Eigenart ist doch wahrlich inter-
essant genug. Welch mächtige zackengekrönte Eiswand haben wir zum
Beispiel auf jenem Bilde vor uns, das die Ueberschreitung eines Schrundes
auf diesem Gletscher zeigt! Mitten an dem steilen Hange öffnet sich die
breite Spalte, deren senkrechte, grün- und bläulich schimmernde Wände
sich in der dunklen Tiefe verlieren. Weit klafft sie in der Richtung auf
den Beschauer auseinander und auch zur Rechten, ausserhalb des Bildes,

[Nachdruck verboten.]

zieht sie sich ein gutes Stück weit an dem Hange entlang, so dass ihre
Ueberschreitung nur auf dem Blocke möglich ist, welcher, einer natürlichen
Brücke gleich, die beiden Ränder miteinander verbindet. Der voraus-
gehende Führer hat dieselbe schon überschritten und auf dem jenseitigen
Rande durch Einhauen von Stufen für den linken Fuss und das rechte
Knie sich einen festen Standpunkt geschaffen. Den Pickel verankert, hält
er das Seil straff in der Hand, um seiner Touristin bei einem etwaigen
Ausgleiten die nötige Hilfe gewähren zu können.

Solche Situationen kommen bei der Besteigung des Schneehorns oder
der Jungfrau beinahe auf Schritt und Tritt vor und machen dieselbe zu
einer nicht ungefährlichen. Was dabei sich alles ereignen kann, das illu-
striert ein Unfall, welcher im Jahre 1886 einem Touristen mit seinen
beiden Führern auf dem tückischen Gletscher zustiess. Von herab-
stürzenden Eisteilen getroffen, war die Partie ins Rutschen gekommen
und nur dem hintersten Führer gelang es, unmittelbar über einer Spalte
wieder festen Fuss zu fassen. Wohl kamen dadurch auch die beiden
Andern zum Halten, aber frei in der Spalte hängend, war es ihnen nicht
möglich, sich wieder in die Höhe zu arbeiten und ebensowenig vermochte
der oberste Führer sie wieder heraufzuziehen. Was nun! Die Kräfte
des Letzteren begannen rasch nachzulassen und eine Katastrophe schien
unvermeidlich. Da, im letzten Moment, erschien unerwartete Hilfe durch
eine andere Partie, welche zufälligerweise sich ebenfalls auf dem Gletscher
befand; wahrlich ein glückliches Zusammentreffen, wenn man bedenkt,
dass die schwierige Tour nur äusserst selten ausgeführt wird.

Eigenartige Schönheiten, wie sie das, Bild des Grindelwalder Eis-
meeres zeigt, gewährt die Gletscherwelt auch im Winter. Das weisse
Leichentuch, welches die Natur bedeckt, giebt der Landschaft den
Charakter arktischer Grösse und Einsamkeit und wirkt beinahe erdrückend
auf das Gemüt. Wie Vermessenheit erscheint es, in diese eisigen Regionen
einzudringen, aber auch hier vermag menschliche Thatkraft die Natur zu
bezwingen, sich im Kampfe mit derselben zu stählen und damit neuen
Mut für das Leben zu schöpfen.

flick auf Triberg im Schwarzwald. Gar viele, viele Reisende begeben
sich allsommerlich über Süddeutschland in das hehre, grandiose Hoch-
landsgebiet der Alpen. Nur wenige bleiben, im Verhältnis zu der grossen Zahl
der Reisenden, in dem lieblichen, urdeutschen, sagenumsponnenen Schwarzwald.
Und doch, welche Fülle von landschaftlichen Reizen, welch keusche Naturpoesie
bietet gerade dieses Fleckchen Erde! Sanfte, waldbestandene Bergrücken, stolze
Flüsse, schäumende Wasserfälle und rauschende Bäche entzücken das Auge.
Eine klare balsamische Luft erfrischt und kräftigt den Erholungsbedürftigen. Die
Perle des Schwarzwaldes ist aber wohl unstreitig das bezaubernde Triberg; von
dessen gesegneter Lage unser Bild eine auschauliche Wiedergabe zeigt. Man
kann jedem Reiselustigen nur raten, hier einmal längere Rast zu machen.

Nachtigall! — Armer Paris, die Wahl fällt schwer! Und Deine Kameraden würden
Dich mit Spott und Hohn empfangen, wenn Du wieder vom Schlosse kämest,

ohne Dich für eine der drei Schwestern entschieden zu haben. — — —-

Da erhebt sich die sonnige Maria und eilt graziös zum Rande der Terrasse.
Leichtfüssig schwebt sie in süssem Geplauder von Rose zu Rose. — Er schaut
ihr nach mit bewunderndem Entzücken. — Nun weiss er plötzlich, welcher der
jungen Göttinnen er den Apfel zu reichen hat! — — Morgen wird hinter den
verschwiegenen, beschnittenen Taxushecken ein glückliches, jugendschönes Braut-
paar wandeln! Morgen wird Junker Paris sich entschieden haben!—Ja-

morgen! — — — — —

*

■0

as Urteil des Paris. Alle drei haben sich um ihn bemüht! Die drei
holdseligen, jungen Damen um den schönen Jüngling! Alle Künste der un-
schuldigen Koketterie sind aufgeboten worden! Freundliche Blicke, süss girrendes
Lachen, vielsagendes Fächerspiel! Abwechselnd haben sie ihn mit ernster
Schelmerei und lautem Scherz unterhalten. Ja, der Ansturm auf sein Herz war
schwer, und kein Wunder, wenn es unruhig pochte! Kein Wunder, wenn seine
Blicke forschend von einer zur andern schweifen.! — Dazu duften die Rosen im
Beete, und hinter den verschwiegenen Taxushecken schluchzt sehnend Frau

Jjöfuf Urlaub. Ja, es geht halt nix über so einen Urlaub! Die andern
Trotteln gehen in das Kaffeehaus und lesen oder in die Kneipe und rauchen und
spielen die Karten! Und am nächsten Morgen haben sie den Beutel leer, den

Kopf schwer, und im Herzen-nix und wieder nix! — Da macht es der

Seppl weit schlauer! Der nimmt seine Virginia und eilt in flotter Uniform zu
den drei feschesten Weaner Waschermadeln: der Peppi, der Mizzi und der
Muscherl! — Die lassen sich in ihrer Arbeit nicht stören, — aber es bleibt ihnen
Zeit genug, mit dem ,schönen Seppl“ zu schäkern! Alle drei schneiden sie ihm
die Kur. „Aber was ein richtiger Urlauber ist, der wird noch mit drei so’ne
Mädeln fertig, oho!“
 
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