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4. Heft
DOI article:Beilage
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.31170#0122
BEILAGE ZUR „MODERNEN KUNST“.
Die Heiratsvermittlerinnen spüren namentlich reiche
Witwen, angealterte Jungfrauen, entlobte Bräute und „la
jeune fille avec tache“ auf. Die „junge Tochter mit
I' lecken“ hat entweder, durch eigne Schuld, Schaden an
ihrem Rufe gelitten, ist deshalb sitzengeblieben. Oder
ihre Familie ist nicht lauter, der Vater hat im Zucht-
hause gesessen, oder die Mutter ist eine ehemalige
Halbweltlerin.
In gewissen Pariser Blättern sind Anerbietungen,
wie folgende, zu lesen: „Reiche Witwe mit Kindern zu
verheiraten.“ Oder: „Altadliger Herr ist bereit, an
Kindes Statt anzunehmen, nötigenfalls zu heiraten.“
Beide Anzeigen decken sich gleichsam. Dem Liebhaber
der reichen Witwe macht der Agent allmählich begreif-
lich, um was es sich handelt: er soll der angeblichen
Witwe nur der Form nach sich antrauen lassen, um
ihr, samt Kindern, einen ehriichen Namen vor der Welt
zu geben. Natürlich gegen gute Entschädigung. Der
altadlige Herr dagegen weiß im voraus, um was es sich
handelt, er hat schon Erfahrungen im Leben gesammelt.
Dergleichen Dinge sind gar häufig. Bei der Verfolgung
eines angeblichen Anarchistenbundes, in den achtziger
Jahren, steilte sich heraus, daß eins der Mitglieder, ein
gebildeter junger Mann, Dichter, Schriftsteller, der un-
eheliche Sohn einer reichgewordenen Köchin war. Sie
hatte dann einen Krüppel geheiratet, denselben versorgt,
um dem Sohn einen Vater, einen ehrlichen Namen zu
verschaffen. Alle, Große wie Kleine, Vornehme wie
Geringe, sollen en rfegle sein, unbedingt eheliche Ab-
stammung aufweisen können, wenigstens auf dem Papier.
Warum heiratet unser Freund B. nicht, da er doch
längst eine gfsicherte Lebensstellung besitzt und vielfach
von Müttern heiratsfähiger Töchter angeäugelt wird? —
Einzig weil er ein uneheliches Kind ist, was dann acht
Tage lang am schwarzen Brette des Standesamts an-
geschlagen sein würde, lautete die Antwort. —
Ein anderer Typ. Der Notar ist, von aitersher, eine
hochangesehene Persönlichkeit, eine Vertrauensperson
in amtlicher Stellung. Er hat die Urkunden über
Kauf- und Geldgeschäfte auszufertigen, vermittelt Dar-
lehen, kennt die Verhältnisse all seiner Kunden, ver-
waltet oft deren Vermögen, wird bei geldlichen An-
gelegenheiten um Rat angegangen. Er tritt stets mit
Ernst und Würde in guter schwarzer Kleidung auf, so
daß der Frack oft scherzweise als „costume de notaire“
bezeichnet wird. Aber er verwaltet nicht bloß Ver-
mögen, sondern verfügt auch über Herz und Hand
seiner Schutzbefohlenen. Einer meiner Bekannten er-
warb eine Fabrik in einem Pariser Vorort. .Einige Monate
darauf entbot ihn der Notar des Ortes, welcher den
Kaufvertrag abgefaßt hatte, zu einem vertrauten Besuch.
Als Geschäftsmann ging der Notar sofort zu der „be-
wußten Angelegenheit“ über: Herr N., einer der wohl-
habendsten, angesehensten Einwohner des Ortes, habe
eine sehr liebenswürdige Tochter, die beste Partie auf
weit und breit. Er und seine Tochter hätten Herrn M.
(meinen Freund) schon bemerkt, den besten Eindruck
von ihm .... Die Heirat kam nicht zustande. Aber bald
darauf hatte der Notar eine andere Partie vorzuschlagen.
Für Leute, welche einige Mittel aufwenden wollen,
ist es in Paris ein leichtes, sich in aller Stille, fast heimlich
zu verheiraten.
Die nenen königlichen Hoftheater in Stuttgart.
Die Eröffnung der Stuttgarter Hoftheater ist nicht
nur für Stuttgart, sondern für die Theatergeschichte über-
haupt zu einem bedeutungsvollen Markstein geworden.
Wurde doch hier der Bühnenkunst ein neuer Theatertyp
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