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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 27.1912/​1913

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BEILAGE ZUR „MODERNEN KUNST“.

Allegorie der

„Heilkraft der Quellen rt an dem
Jubiläumsbrunnen in Marienbad.

Einweihung des neuerbauten

brunnens in

Nicht mnsonst führt Marien-
bad den Namen der „Perle
Böhmens“. Von Wäldern um-
geben und reinen Lüften um-
weht, fernjedem städtischen Ge-
triebe, dieser wenig angenehmen
Begleiterscheinung so vieler
anderer Bäder, richtet es sein
Augenmerk einzig auf das Wohl
seiner Besucher. Der Weltruf
Marienbads, in dem Ivönige und
Fürsten oft und gern zum Be-
suche geweilt haben, und das
jährlich den Glanz einer vor-
nehmen internationalen Gesellig-
keit sieht, beweist auch zur
Genüge, daß seine Mühen von
Erfolg gekrönt waren. Dennoch
werden hier stets neue An-
strengungen gemacht, das Bad
noch schöner auszubauen und
seine Heilkraft zu erhöhen.

Ilierzu gehört die Neufassung
der Quellen, die hauptsächlich
dem Hochwürdigen Stift Tepl
zu verdanken ist. Eine Bereiche-
rung des Bades vom künstle-
rischen Standpunkte wiederum
bedeutet die Enthüllung des
Jubiläumsbrunnens, an dem alle
die Tausende der diesjährigen
Besucher Marienbads sich zum
erstenmal erfreuen werden.

Das Ergebnis der Neufassung
ist nicht nur für Marienbad, sondern besonders für die
Aerzte und Patienten ein hocherfreuliches, denn es hat
nicht allein den altbewährten Kreuzbrunnen, der mit
dem nahezu gleichen Ferdinandsbrunnen ein eigenartiges
und nirgends anderwärts in gleicher Weise vorkommendes
Heilmittel darstellt, erhalten, sondern seine Ergiebigkeit
sogar noch erhöht, so daß Marienbad seinen alten
Ruf mit Ruhm weiterführen und seinen in der ganzen
Welt anerkannten Erfolgen neue zufügen wird.

Inmitten eines doppelten Brunnenbeckens erhebt sich
auf drei schlanken Säulen eine teilweise von Wasser-
pflanzen und Guirlanden umrahmte mächtige Schale aus
getriebenem Kupferblech, aus deren Mitte der kräftige
Wasserstrahl aufquillt und in Kaskaden über die Ränder
der Schale in das innere Becken und von hier aus an
drei Stellen in das äußere Becken niederströmt.

Diese drei Stellen sind von lebensgroßen weiblichen
Figuren aus Bronze flankiert, Personifikationen der
großen Werte Marienbads: die Schönheit der Natur, der
Ruhm der Heilquellen und die Bäder. Der äußere
Brunnenkranz, welcher in Granit ausgeführt ist, erhielt
eine 75 cm breite Stufe vorgelegt, wodurch der Brunnen
ein monumentales Aussehen erhielt; der Brunnen kann
auch elektrisch beleuchtet werden. Um den Brunnen
herum läuft ein Band mit folgender Inschrift in Bronze:
„Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläumsbrunnen, gestiftet 1910
anläßlich des 80. Geburtstages Sr. Maj. Kaiser Franz
Josephs, enthüllt 1913“.

DieEnthüllungdesJubiläumsbrunnens. Nach-
dem sich der Festzug formiert hatte, zog man von dem
Kreuzbrunnen auf den Franz-Joseph-Platz. Hier war vor
dem noch verhüllten Brunnen für Se. Durchl. den Herrn
Statthalter, Fürst Thun-Hohenstein, dem Vertreter Sr. Maj.
des Kaisers, ein in den Farben des Kurortes drapiertes
und mit Blumen geschmücktes Zelt errichtet worden.
Der Obmann des Komitees zur Errichtung des Jubiläums-
brunnens, Herr Stadtrat Rubritius, hielt sodann nach-
stehende Festrede:

„Als im Jahre 1910 das seltene Fest des 80. Geburts-
tages unseres erhabenen Monarchen von den Völkern

Kaiser-Franz-joseph-Jubiläums
Marienbad.

Allegorie der „Naturschönheit" an dem
Jubiläumsbrunnen in Marienbad.

Österreichs festlich begangen wurde und
allenthalben zum Angedenken an dieses
bedeutungsvolle Jubeljahr wohltätige und
gemeinnützige Einrichtungen und Stif-
tungen und sonstige Erinnerungsdenk-
mäler errichtet wurden, bildete sich in
mir die Überzeugung, daß auch unsere
schöne Heimat Marienbad nicht hinter so vielen
Schwesterstädten unseres Vaterlandes zurückstehen dürfe,
sondern dafür sorgen müsse, daß in unserer Stadt ein
allgemein sichtbares Zeichen der Erinnerung für unseren
greisen Monarchen zum ewigen Gedenken der kaiser-
treuen Gesinnung der Marienbader Bürgerschaft entstehe
und schien mir die Erbauung eines von Künstlerhand
ausgeführten monumentalen Erinnerungsbrunnens auf
diesern bereits seit langen Jahren den erlauchten Namen
Seiner Majestät tragenden Platze am angemessensten.

Bei Beschaffung entsprechender Projekte hatten sich
zwei einheimische Künstler gemeldet. Es waren dies der
Bildhauer Haris Dietrich in Wien und Herr Karl Wilfertjun.
in Prag. Das Modell des ersteren wurde vom Komitee
einstimmig zur Durchführung angenommen, der zweite
einheimische Künstler Karl Wilfert erhielt den Ehren-
preis. Reichlich flossen von allen Seiten die Mittel zur
Verwirklichung dieses schönen Zweckes.

Und so entstand das schöne Werk, das sich Ihren
Augen nunmehr bald enthüllen soll, als leuchtendes
Zeichen der Liebe und Verehrung Marienbads für seinen
greisen Monarchen, welcher bereits im blühenden Jüng-
lingsalter im Jahre 1847 zum erstenmal als Gast in
unserem Heimattale weilte und unser groß und berühmt
gewordenes Bad daher schon im Entstehen kennen ge-
lernt, bis er es dann im Jahre 1904 in vollem Glanze
seiner modernen Entwicklung wiedersah, als Allerhöchst-
derselbe seinem erhabenen Freunde, unserem gnädigen
Gönner König Eduard VII. von Großbritannien, hier einen
Besuch abstattete. In fernen Zeiten soll es noch Kunde
geben von der treuen Gesinnung unserer Kurstadt, der
es hinfort zur Zierde gereiche.

Ich und meine wackeren Mitarbeiter, denen ich an
dieser Stelle für ihre so wertvolle Unterstützung meinen
tiefgefühltesten Dank ausspreche, fühlen uns erhoben und
geehrt dadurch, daß unser Werk Gnade gefunden hat
vor den Augen unseres erhabenen Herrschers, als deren
äußeres Zeichen wir es betrachten, daß er seinen Statt-
halter in diesem Königreiche entsandt hat, Allerhöchst-
denselben zu vertreten.

Allegorie der

ßHeilkraft der Bäder" an dem
Jubiläumsbrunnen in Marienbad.

Wir bitten daher Ew.Durch-
laucht, Seiner K. und K. Aposto-
lischen Majestät unseren ehrer-
bietigsten Dank für diese hohe
Auszeichnung unterbreiten zu
wollen, und bitten Sie auch, für
Ihre Person unseren ergebenen
Dank für Ihr heutigesErscheinen
gütigst entgegenzunehmen.

UndnunbitteichEureDurch-
laucht zu gestatten, daß die Hütle
von diesem Denkmal falle.“
Dann nahm Se. Durchlaucht
der Herr Statthalter das Wort.
„Von Sr. K. und K. Apostoli-
schen Majestät allergnädigst mit
Allerhöchstdessen Vertretung
bei der heutigen Feier der Ent-
hüllung des Franz-Joseph-Jubi-
läumsbrunnens betraut, spreche
ich meine Freude aus, diesem
Feste beiwohnen zu können.

Aus Anlaß des 80. Geburts-
tages Seiner Majestät faßte eine
Reihe von kaisertreuen Männern
den Plan, als sichtbares Zeichen
glühender Liebe zu unserem
heißgeliebten Kaiser und Herrn
auf diesem Piatze, der den
Allerhöchsten Namen trägt, ein
bleibendes Denkmal zu setzen.

Der Gedanke wurde all-
seits mit Begeisterung aufge-
griffen. Das altehrwürdige Stift
Tepl, dieStadtgemeindeund die Bewohner Marienbads, so-
wie die Heilung suchenden Badegäste vereinigten sich in
edlem Wetteifer, um dasWerk der Vollendung zuzuführen
Heute ist der festliche Tag, wo die Hülle fällt, wo das von
Künstlerhand geschaffene Werk dem begeisterten Auge
sichtbar wird, wo in dem herrlich schönen, im Walde
gebettetenMarienbad einDenkmal derLiebe entstanden ist.

Wenn die erhabenen Klänge unserer Volkshymne
ertönen werden, wird unser Innerstes in Begeisterung
erbeben. Die glühende Liebe zu Kaiser und Reich haben
wir ererbt von unseren Vorfahren, sie erfüilt unser
ganzes Sein, in vollem Glanz übertragen wir diese
Liebe auf kommende Geschlechter für alle Zeiten!

Es falle die Plülle!“

Unter den Klängen der Volkshymne fiel die Hülle
und das Kunstwerk wurde sichtbar.

Bürgermeister Dr. Reiniger übernahm sodann den
Jubiläumsbrunnen in die Obhut der Stadt, mit dem Ver-
sprechen, dieses Denkmal in Ehren zu halten. Im
weiteren Verlaufe seiner Ausführungen wies er auf den
großen Aufschwung des Kurortes Marienbad in den
letzten 40 Jahren hin, was eine Frucht des Friedens in
der langen Regierungszeit unseres erhabenen Friedens-
kaisers war. Gerade eine Kurstadt hat das größte
Interesse an der Erhaltung des Friedens.

Die Festversammlung brachte ein dreimaliges Heil
auf Seine Majestät Kaiser Franz Joseph aus. Brausende
Heilrufe auf Seine Majestät den deutschen Kaiser ertönten
und wurden von dem Echo der Berge wiedergegeben.

Ein Te Deum in der Dekanalkirche beschloß die
glänzend verlaufene Feier, worauf die uniformierten
Vereine vor dem Statthalter defilierten.

Ilerr Prälat Iielmer gab zu Ehren des Statthalters
ein Diner zu 40 Gedecken und toastete auf den Herrn
Statthalter. Der Statthalter hob in seiner Erwiderung das
innige Zusammenwirken der beiden maßgebenden Fak-
toren, der Stadt und des Stiftes Tepl, das ein Segen für
die leidende Menschheit sei, in lobendster Weise her-
vor. Schließlich erhob Se. Durchlaucht sein Glas auf das
Wohl des Herrn Prälaten und des Ilerrn Bürgermeisters.

Totalansicht des Jubiläumsbrunnens in Marienbad.
Am Tage der Einweihung.

Einweihung des Jubiläumsbrunnens in Marienbad.
Statthalter Fürst Thun-Hohenstein und die anderen Honoratioren.
 
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