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FOTOGRAFIE

Seit der Erfindung der Fotografie wurde in Prinzip und Technik des Ver*
fahrens — trotz ungeheurer Verbreitung — nichts wesentlich Neues gefunden.
Alle seither eingeführten Neuerungen — mit Ausnahme der Röntgenfotografie
— basieren auf der in Daguerres Zeit (um 1830) herrschenden künstlerisch*
reproduktiven Auffassung: Wiedergabe (Kopie) der Natur im Sinne der per*
spektivischen Regeln. Jede malerisch ausgeprägte Periode hatte seitdem eine
epigonenhafte — sich an die jeweilige malerische Richtung anlehnende foto*
grafische Manier (z. B. S. 47).*)

Die Menschen erfinden neue Instrumente, neue Arbeitsmethoden, die eine Um*
wälzung ihrer gewohnten Arbeitsweise zur Folge haben. Oft wird aber das
Neue erst lange nicht richtig verwertet; es ist durch das Alte gehemmt; die
neue Funktion wird in die traditionelle Form gehüllt. Die schöpferischen Mög*
lichkeiten des Neuen werden meist langsam durch solche alte Formen, alte In*
strumente und Gestaltungsgebiete aufgedeckt, welche durch das Erscheinen des
sich vorbereitenden Neuen sich zu einem euforischen Aufblühen treiben lassen.
So lieferte z. B. die futuristische (statische) Malerei die später sie selbst ver*
nichtende, festumrissene Problematik der Bewegungssimultanität, die Gestaltung
des Zeitmomentes; und zwar dies in einer Zeit, da der Film schon bekannt,
aber noch lange nicht erfaßt war. Ähnlich die Malerei der Konstruktivisten,
welche der heute schon in den Anfängen vorhandenen reflektorisch geworfenen
Lichtgestaltung die Wege zu einer Entwicklung auf hohem Nivo ebnet. Ebenso
kann man — mit Vorsicht — einige von den heute mit darstellerisch»gegen*
ständlichen Mitteln arbeitenden Malern (Neoklassizisten und „neue Sachlich*
keit“) als Vorbereiter einer neuen darstellerischen optischen Gestaltung, die

•) Die ausgezeichnete Diapositivsammlung des Münchener Fotografen E. Wasow gibt eine über*
zeugende Illustration zu dieser Behauptung.

4 L. Moholy^Nagy

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