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Moholy-Nagy, László
Von Material zu Architektur — München, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.29204#0016
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der sektorhafte mensch

nur was sich aus dem gesamtkomplex der eigenen erlebnisse heraus kristallisiert,
baut den menschen wirklich auf. demgegenüber macht unser gegenwärtiges er»
ziehungssystem den fehler, vorwiegend einzelerlebnisse zu pflegen,
statt die eigene mitte zu erweitern, wie ein primitiver mensch es aus lebensnot»
wendigkeit tut und tun muß, indem er in einer person jäger, handwerker, bau»
meister, arzt, usw. ist, beschäftigt man sich — alle andern fähigkeiten unaus»
genützt lassend — nur mit einem bestimmten beruf.

der primitive mensch war in einer person jäger,
handwerker, baumeister, arzt usw.; heute be-
schäftigt man sich — alle anderen fähigkeiten
unausgenützt lassend — nur mit einem bestimm-
ten beruf.

tradition, autoritäre einstellung schüchtern den menschen ein. er wagt sich an
bestimmte erlebnisgebiete nicht mehr heran.

er wird fachmann. er erlebt nicht mehr ursprünglich, in dauerndem kampf mit
seinen instinkten wird er von äußerlichem wissen vergewaltigt, seine innere
Sicherheit welkt ab. er darf nicht mehr sein eigener arzt, auch nicht sein eigenes
äuge sein, die Spezialisten verdunkeln — wie mitglieder einer gewaltigen geheim»
Organisation — den weg zu allseitigen eigenen erlebnissen, die auf grund gesunder
funktionen möglich, ja vom biologischen Zentrum her erforderlich sind,
oft erfolgt die berufswahl auf grund äußerlicher anlässe: man wird konditor oder
tischler, weil in dem beruf lehrlingsmangel herrscht; man wird rechtsanwalt oder
fabrikant, weil das geschäht des vaters übernommen werden kann,
der akzent liegt auf der schärfsten herausstellung des einzelberufs, der spezial»
ausbildung; es regiert die „nachfrage“.

so wird man Schlosser oder rechtsanwalt oder architekt usw. (in einem ge»
schlossenen sektor), und es ist noch der beste fall, wenn der berufsmensch nach

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