Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moholy-Nagy, László
Von Material zu Architektur — München, 1929

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29204#0195
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
und in anderen (gotischen) proportionsgesetzen. über diese matematischen und
geometrischen Ordnungen hinaus fehlte aber noch ein erschöpfender zusammen*
hang mit den weltregelnden gesetzen, denen der mensch untergeordnet ist, wo*
von sein biologischer aufbau abhängt.

die deutliche Vorstellung dieser gesetzmäßigkeit wäre wichtig als grundlage zur
funktionellen realisierung des ausdrucks. sie könnte den Schlüssel zu allen als
harmonisch empfundenen erscheinungen liefern.

aber wer ist fähig, dieses gesetzbuch der menschlichen funktionen in worte
zu fassen?

eine mehr auf das fundamentale gerichtete anschauungsweise müßte uns er*
kennen lassen, daß die biologischen funktionen des menschen nicht nur von
unerhörter lebendigkeit, sondern auch von außerordentlicher vielfalt sind, und
daß zwischen ihren grenzwerten eine unzahl von möglichkeiten, je nach den
auslösungsfaktoren, lagern.

einer jeden menschlichen bewegungsfase entspricht z. b. eine haltung; und die
einzelnen haltungen sind immer ausgewogene gleichgewichtslagen, die reflektiv
von innen her geregelt werden, daher kann der menschliche Organismus selbst
in unvorhergesehenen, verwickelten Situationen geistig und körperlich, innerlich
und äußerlich, eine beispiellose „geschicklichheit“ entwickeln, die unaufhörliche
funktionsbereitschaft seiner einzelorgane, sich gemäß den gegebenheiten in den
gesamtbau einzuordnen, erzielt seine nach allen seiten ausponderierte fähigkeit
zu organisch ausklingenden funktionsabläufen. das und nichts anderes ist die
basis der „harmonie“.

man beobachte nur, wie ein plötzlich angegriffener mensch sich zur wehr setzt:
wie ein mensch ein stolpern, ein rutschen ausbalanciert. •)

elementenlehre?

wir können uns dem problem auch von einer anderen Seite nähern.

ein jeder ausdruck kann in eine reihe von elementen zerlegt werden, jedes
element wird von uns fysiologisch registriert, jedes fysiologische erlebnis wirkt

®) oft gehen die Bewegungen zu schnell vor sich, um in ihrem ablauf beobachtet werden zu
können, die Zeitlupe kommt uns dabei zu hilfe. ein stürz beim ski?lauf z. b.( mit Zeitlupe
aufgenommen, verliert jedes groteske moment, wirkt gleichgewichtig, harmonisch.

189
 
Annotationen