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Moholy-Nagy, László
Von Material zu Architektur — München, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.29204#0203
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erst wenn verkehr, bewegung, hör» und Sichtbarkeiten in dauernder Spannung
ihrer räumlichen beziehungen erfaßt sind, wird von einer raumgestaltung ge*
sprochen werden können.

architektonische grundfragen

bei der Organisation eines baues tauchen die mannigfaltigsten sozialen, wirt*
schaftlichen, technischen, hygienischen probleme auf. in der lösung dieser
Probleme steckt höchstwahrscheinlich ein wesentliches stück Schicksal unserer
und der nächsten generation.*)

trotz der dringlichkeit dieser probleme und der damit verbundenen außerordent*
liehen Verantwortung werden sie noch selten an der richtigen stelle angepackt,
die wenigen menschen, die auf grund ihrer erkenntnisse seit langem zur durch*
denkung und aktivierung neuer möglichkeiten drängen, werden zur praktischen
arbeit selten herangezogen, das erste und letzte wort hat heute im allgemeinen
der bauunternehmer.

dazu kommt, daß mit der üblichen nennung der sozialen, wirtschaftlichen, tech*
nischen und hygienischen probleme der erkenntnis* und verantwortungskreis
noch nicht geschlossen ist. zwar ist es schon ein großes plus, wenn neben der
finanztechnischen behandlung auf kurze sicht die probleme der konstruktion
und Volkswirtschaft, der technik und Ökonomie ernst genug genommen werden,
aber die eigentliche über die allseitige Zweckerfüllung hinausgehende achitek*
tonische konzeption, die gestaltung des raumes wird meist nicht diskutiert,
vielleicht, weil ihr inhalt den wenigsten geläufig ist.

über die erfüllung leiblicher elementarer bedürfnisse hinaus soll der mensch in
seiner wohnüng auch die tatsache des raumes erleben können, nicht ein zu*
rückweichen vor dem raum soll die wohnung sein, sondern ein leben im
raum, in offenem Zusammenhang mit ihm. das bedeutet, daß eine wohnung
nicht nur durch Preisfragen und bautempo, nicht allein durch mehr oder
weniger äußerlich gesehene relationen von Verwendungszweck, material, kon*
struktion und Wirtschaftlichkeit bestimmt werden kann, es gehört dazu

•) adolf behne hat als motto seines volkstümlichen, sehr menschlichen buches „neues wohnen
— neues bauen“ (verlag hesse 6, becker, leipzig) den grausaimwahren Spruch heinrich zilles ge*
wählt: „man kann mit einer wohnung einen menschen genau so töten wie mit einer axt.

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