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Moller, Georg; Gladbach, Ernst
Denkmähler der deutschen Baukunst (Band 1): Beiträge zur Kenntniss der deutschen Baukunst des Mittelalters: enthaltend eine chronologisch geordnete Reihe von Werken, aus dem Zeitraume vom achten bis zum sechszehnten Jahrhundert von Georg Moller — Darmstadt, 1821

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https://doi.org/10.11588/diglit.8366#0023
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11

die südliche Thüre am Dom zu Mainz (siehe die Denkmäler) zeigt zwar Säulen in
Vertiefungen, aber von sehr schwerfälliger antiker Form, die der Beschreibung des
Cassiodor keineswegs entsprechen. Dagegen scheinen die Thüren der Leonhardskirche
und die der Kirche zu Gelnhausen (S. d. Denkmähler der Baukunst) so wie tiefe an-
dere Werke, welche am Ende des l 2ten oder Anfang des i3len Jahrhunderts, also volle
600 Jahre später gemacht wurden, als das Reich der Gothen in Italien aufgehört hatte,
der Beschreibung so sehr gemäfs zu seyn , dafs man glauben sollte Cassiodor habe sie
vor Augen gehabt. Die angeführte Beschreibung desselben scheint demnach wenige
Kennzeichen innerer Glaubwürdigkeit zu haben und wird so lange unverständlich blei-
ben, bis die in Italien befindlichen Gebäude aus der Zeit Theodorichs noch genauer und
kritischer untersucht und bekannt gemacht sind, als bisher geschehen ist. Liefse sich
jedoch auch beweisen, dafs die Baukunst damals so gewesen sey, als die Stelle des Cas-
siodor zu bezeichnen scheint, so würde diese Kunst immer nicht von den Gothen, die
als ein kriegerisches Hirtenvolk unter Theodorich erst in Italien eingewandert waren,
und deren Reich in Italien schon im Jahr 552 durch Narses, den Feldherrn des griechi-
schen Kaisers ein Ende gemacht wurde, nachdem es nur 5o, Jahre bestanden halte, ab-
geleitet werden können, wie dieses Tiraboschi zu thun scheint, sondern von den by-
zantinischen Römern, bei denen damals Alles, was von Kunst und Wissenschaft sich
noch erhalten hatte, gesucht werden mufs.

Die Longobarden, welche nach den Gothen im Jahr 568 Italien überzogen, und deren
Reich bis in das Jahr 77/f dauerte, baueten viel, und scheinen sich schneller und mehr
civilisirt zu haben, als die Gothen. In d'Agincourts Geschichte der Kunst sind auf
der 24ten Tafel die Kirche der heiligen Julia bei Bergamo, die des heiligen Michael zu
Pavia und die runde Kirche des heiligen Thomas zu Bergamo abgebildet, welche den
Longobarden zugeschrieben werden. So viel sich aus diesen, nach einem sehr kleinen
Maasstaab gezeichneten Gebäuden urtheilen läfst, und angenommen , dafs die hier abgebilde-
ten Gebäude, was jedoch eines Beweises zu bedürfen scheint, noch die ursprünglich von den
Longobarden aufgeführten Kirchen sind , so gilt doch was vorher von den unter der
Herrschaft der Gothen errichteten Werken gesagt ist, auch hier. Die Longobarden,
als das rohe eingewanderte Volk , nahmen die Eildung der Ueberwundenen an und so
auch deren Baukunst. Auf keine Weise scheint es daher bei der höchst mangelhaften
Kenntnifs, welche wir bis jetzt von der Baukunst der Longobarden haben , gerechtfer-
tigt werden zu können , wenn man, Avie solches kürzlich geschehen ist, selbst noch
bis in das 1 1 te Jahrhundert, nachdem dieselben schon langer als 3oo Jahre vom Schau-
platz abgetreten waren, ihnen einen bedeutenden Einflufs auf die Baukunst des west-
lichen und nördlichen Europa einräumt oder gar eine in Frankreich und Deutschland
 
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