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Moller, Georg; Gladbach, Ernst
Denkmähler der deutschen Baukunst (Band 1): Beiträge zur Kenntniss der deutschen Baukunst des Mittelalters: enthaltend eine chronologisch geordnete Reihe von Werken, aus dem Zeitraume vom achten bis zum sechszehnten Jahrhundert von Georg Moller — Darmstadt, 1821

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https://doi.org/10.11588/diglit.8366#0032
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20

IV. CAPITEL.

Vergleichung einiger Gebäude welche in verschiedenen Ländern Europas im
Styl des dreizehnten Jahrhunderts aufgeführt sind, und über die Hypothe-
sen hinsichtlich der Erfindung dieser Bauart.

Die in diesem Werk nach der Zeitfolge geordnete Reihe von Gebäuden aus dem
achlen Lis sechzehnten Jahrhundert wird die stufenweise Entwickelung der verschiede-
nen in Deutschland nach einander herrschenden Bauarten deutlich machen, ohne, dafs
man zu irgend einer Hypothese über die Erfindung derselben seine Zuflucht zu nehmen
braucht. Da indessen von einigen Schriftstellern sehr von einander abweichende Vermu-
thungen über die Entstehung dieser Bauarten und namentlich des Spitzbogenstyls, wel-
cher , wie bereits oben erwähnt ist, fast in ganz Europa herrschend wurde, geäufsert
worden sind , so durfte eine Beleuchtung derselben nicht ohne Interesse seyn. Nach
diesen verschiedenen Hypothesen soll die Erfindung jener Baukunst abgeleitet werden:

1. ) von den heiligen Hainen der alten celtischen Völker,

2. ) von den aus Baumzweigen geflochtenen Hütten ,

3. ) Von der Konstruktion des Zimmerwerks b<i hölzernen Gebäuden.

4. ) von den, aegyptischen Pyramiden,

5. ) von der Nachahmung der Spitzbögen, welche durch die aus verschlungenen

Halbkreisen geformte Verzierung (*) entstehen.
Die erste Meinung, nach welcher die schlanken Pfeiler und kühnen Gewölke der
Kirchen des dreizehnten Jahrhunderts eine Nachbildung der heiligen Haine seyn soll, in
welchen die alten celtischen Völker die Gottheit verehrten, ist sinnreich und gefallt sehr;
sie hat aber gar keine historische Haltbarkeit. Die ältesten Kirchen haben keine Spur
von dieser"Aehnlichkeit, sondern erst im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert, also
siebenhundert Jahre nachdem die alte Landesreligion aufgebort hatte, sind die mit Rip-
pen durchflochtenen Gewölbe gebräuchlich geworden, welche man mit den Baumzwei-
gen verglichen hat.

5. ) Wenn es nöthig scheinen solllc , mit einem oder dem andern dieser Gebäude Veränderungen voizunehmen oder die-
selben ganz, abzubrechen, so soll dieses nur mit Vorwisseu des erwähnten Kollegs geschehen, und nachdem dasselbe,
in den geeigneten Fällen , Unsere höchste Genehmigung eingeholt hat.

6. ) Wenn bei Nachgrabungen oder andern Veranlassungen Alterthürner aufgefunden werden , so haben Unsere Beamten
dafür zu sorgen , dafs dieselben möglichst erhallen werden , und ist davon sogleich die Anzeige au unser Ober-ßau-
colleg oder die Directum Unser» Museums zu machen.

7. ) Ben sämmtlicheu öffentlichen Behörden wird es zur Pflicht gemacht, für die Erhaltung der in dem oben erwähnten
Verzeichnisse bekannt gemachten Denkrnäbler möglichst zu sorgen , zu weichern Ende dasselbe gedruckt und ihnen mit-
geihcilt werden soll.

Darmstadt den 21. Januar 18(8.

L U D E W I G. v. Müller.

(*) Siehe auf der 6jteu Tafel die Details der Chorstiihle von Daniig.
 
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