Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

DOI Artikel:
Frimmel, Theodor von: Bilder von seltenen Meistern, 15, Geerard Thomas
DOI Artikel:
Haack, Friedrich: Zu dem "Ländlichen Konzert" im Louvre
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0097

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
77

zu suchen, um den es sich hier handelt. Die
Liggeren geben über ihn einige Aufschlüsse. 1680
auf 81 ist er unter den Lehrlingen verzeichnet.
Er wird 1682 als neu aufgenommenes Mitglied der
„Sodaliteit der bejaerde jongmans“ urkundlich ver-
zeichnet. 1688 auf 89 kommt er in der Antwerpener
Lukasgilde als Wynmeester vor. Von 1693 auf 94
angefangen hatte er eine Reihe von Schülern, so
einen gewissen Johannes S t a m p h e f (ein anderes
Mal „Stamphof“ genannt), einen Andries v. d.
Bosch (damit könnte Balthasar v. d. Bossche ge-
meint sein1), ferner einen sicheren Thomas
v. Herentals, Joannes Nouwens, Peeter
Hoosterlinck und noch spät einen Franciscus
Schouttius. 1695 war er zum erstenmal Dekan
der Antwerpener Malergilde; vom 18. September bis
18. Dezember 1707 bekleidete er diese Würde zum
zweitenmal. Im Laufe des Jahrgangs der Liggeren
von 1720 auf 1721 ist Geerard Thomas gestorben.
Soweit war ich in der Suche nach Geerard
Thomas gelangt, als ich im Sommer 1902 durch
eine freundliche Sendung des unermüdlichen Henry
Hymans angenehm überrascht wurde. Was mir ge-
sendet wurde, war ein kleiner Sonderabdruck aus
dem „Bulletin de l’academie royale d’Archeologie
de Belgique“, der eine Arbeit von Hymans enthielt:

*) Damit hängt es wohl zusammen, wenn Descamps in der „vie des
peintres“* als Lehrer des Balt. v. d. Bossche einen Maler Thomas anfiihrt.

„un nouveau peintre anversois, Gerard Thomas
1663 —1720“. Hymans hatte in England zwei Innen-
ansichten von Bauernhäusern mit vielen Figuren
und mit der Signatur „G. Thomas“ kennen gelernt.
Er teilte seinen Fund den Fachgenossen mit und
fügte zu den allgemeinen zugänglichen Angaben der
Liggeren noch einige Daten aus Van-den-Brandens
Vorrat hinzu. Demnach weiss man, dass Geerard
Thomas zu Antwerpen am 20. März 1663 getauft
ist. Auch macht Hymans auf ein nicht signiertes
aber dem G. Thomas zugeschriebenes Bild auf-
merksam, das im Museum zu Dijon bewahrt wird
(Bild mit einem Charlatan).
Nach den Bildern in Gotha zu schliessen und
nach solchen, die diesen ganz nahe stehen, war
Geerard Thomas ein leidlich geschickter Maler, der
gut zeichnete, aber seinen Bildern keine stimmungs-
volle Färbung zu verleihen wusste. Die rotbackigen
Gesichter, hart umrissen, wiederholen fast alle das-
selbe Kolorit. In den Gewändern verträgt er eine
verwirrende Buntheit, und die überladene Kompo-
sition gehört sicher auch nicht zu den Vorzügen
seiner Bilder. Zumeist stellt er geräumige Stuben
oder Säle dar, in denen entweder bildende. Künstler
oder Aerzte und Alchymisten hausen. Gewöhnlich
steht alles voller Flaschen, Retorten, Töpfe, Mörser,
Fässer. Selten fehlt ein bunter Knüpfteppich und
ein Globus. Der Farbenauftrag ist ziemlich dick,
die Pinselführung spitzig.

Zu dem „Ländlichen

Wilhelm Schmidt hat im Jahrgg. 3, Heft 1,
pag. 3 dieser Zeitschrift das oben genannte Bild
(Abbildg. ibid. Taf. 6), das offiziell als Giorgione
gilt, für Tizian in Anspruch genommen. Da wäre
denn zuerst auf die „Himmlische und irdische Liebe“
zu exemplifizieren wegen der auffälligen Aehnlich-
keit des beide Male eigenartigen Gegenstandes,
der Verbindung von Akt- und Kostümfiguren vor
und in reicher Landschaft an einer sarkophagartig
ausgemauerten Quelle. Auf deren Rand stützt sich
hier wie dort eine weibliche Aktfigur, deren Körper
in Vorderansicht, das Gesicht dagegen im Profil
nach links gegeben ist. Am meisten fällt die Ver-
wandtschaft in dem mit ausgespreizten Fingern auf
den Brunnenrand aufgestützten rechten Arm in die
Augen. Während aber die Gestalt der „Himm-
lischen und irdischen Liebe“ in natürlicher schlichter

Konzert" im Louvre.

Haltung gegeben ist (und die Umrisslinie der Seite
rechts daher durch ein im Winde wehendes Ge-
wand Bewegung und künstlerisches Interesse er-
halten musste), ist diese Figur im „Konzert“ im
stärksten Kontrapost dargestellt. In einem Kontra-
post, der schon über Tizian hinauszuführen scheint
und auf den ersten Blick geradezu an Tintoretto
gemahnt. Doch ist an diesen natürlich nicht im
mindesten zu denken, denn — abgesehen vom
ganzen sonstigen Charakter des Bildes, der ja nicht
im mindesten zu ihm passt — hätte Tintoretto
wohl niemals eine so herrliche Armlinie und noch
weniger eine so wunderbare Gelenkbiegung erfunden,
wie wir sie hier schauen dürfen. Uebrigens kommt
ein ebenso kräftiger Kontrapost auch sonst ver-
einzelt bei Tizian vor, z. B. bei einem Apostel der
Assunta, bei Petrus Martyr oder — recht charakte-
 
Annotationen