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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 3
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Habich, Georg: Die Imperatorenbilder in der Münchener Residenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0199

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Die Imperatorenbilder in der Münchener Residenz

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heroisierende Tendenz greifbar hervor in dem Christophorusfresko des Dogenpalastes,
welches 1523 gemalt ist.
Im übrigen verrät auch das antiquarische Detail durchweg Tizians Anschauung
von der Antike. Da sind die gleichen Phantasie- und Prunkharnische wie auf dem
Auferstehungsbild in Urbino oder auf dem Ecce homo in Wien: dieselben eng am Leibe
anliegenden Schuppen- und Kettenpanzer wie auf dem Schlachtenbild der Uffizien oder
auf der späten Dornenkrönung im Louvre usw. Kurzum, es gehört nicht allzuviel
Erinnerung aus dem Werke des Tizian dazu, um, nachdem sein Name einmal genannt
ist, seine Art hier wieder zu erkennen. Hoffen wir, daß sich diese Erkenntnis all-
mählich ausbreite, damit nichts unterlassen werde, was zur völligen Klärung der Frage
dienen kann. Vor allem wird es nunmehr an der zuständigen Hofstelle gelegen sein,
die Bilder von ihrer unzugänglichen Höhe herabnehmen und einer sorgfältigen Rei-
nigung unterziehen zu lassen. Erst dann kann die Frage: Atelier- oder Schulbilder,
gleichzeitige oder spätere Kopien? wirklich aktuell werden.
Inzwischen braucht die archivalische Forschung nicht zu ruhen. Wann sind die
Bilder nach München gekommen? — Das ist wichtig zu wissen auch für das Problem
ihrer Entstehung. Hingen sie schon in dem von Herzog Albrecht V. 1569 gegründeten
Antiquarium, wie dies aus dem oben angeführten Inventar hervorzugehen scheint, so
wären sie noch zu Lebzeiten Tizians entstanden; und bei den Beziehungen, die den
Herzog durch seinen Agenten Strada mit dem alten Tizian verbanden (s. Stockbauer,
Kunstbestrebungen am bayr. Hof. S. 92), wäre die Provenienz der Bilder aus Tizians
Atelier alsdann nicht ausgeschlossen. Näher liegt allerdings der Gedanke — bei dem
nahen Verhältnis des Mantuanischen zu dem Münchner Hofe — daß die Bilder in
Mantua selbst von einem der in Diensten der Bayernherzöge arbeitenden Meister vor
den Originalen hergestellt worden sind.
 
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