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Monatshefte für Kunstwissenschaft
VEZELAY: Das Innere
Nach Photographie der monuments historiques
der aus dem Diesseits in das Dunkel des Übernatürlichen hinwies. Das ist die Grund-
aufgabe des Kirchenbaues überhaupt. Aber hier ließ ein Orden bauen, der durch
seine Regeln dem kirchlichen Lebensziel näher gekommen zu sein glaubte als alle
Christenheit und der in seiner unbeschränkten Macht den Lohn seines Strebens schon
auf Erden empfing. Demut vor Gott und dem Übersinnlichen, Stolz und Größe vor
dem Menschen und der Wirklichkeit, das sollte das Heiligtum den Sinnen nahebringen.
An das Gefühl wandte sich die Kunst und griff dabei in jene Region, von der der Mensch
das deutlichste Bewußtsein hat, denn für nichts ist er empfindlicher als für die Unter-
schiede der Macht zumal dort, wo ihm der Alleinbesitz eines höchsten Gutes vor
Augen gerückt wird. Dies Monopol der toten Hand, die das höchste Leben trug, ins
rechte Licht zu setzen, ist hier Hauptzweck.
Aus jener Geschichtsauffassung, die lediglich formale Typen und den technischen
Stil durch lustra et saecula verfolgt, erfahren wir, wie auch in dieser Mönchskirche
das basilikale Schema der altchristlichen Kirche die Grundform sei. Aber ist es nicht
deutlich, daß Clunys Geist und der von S. Paolo fuori ebenso verschieden sind, wie
eine antike Bacchusfigur und die Statue eines hl. Josef oder Hohenpriesters aus der
Pisanoschule? Ist nicht das Neue und Selbstgewollte in diesem Bauwerk so groß und
überwältigend, daß das basilikale Oblong im Grundriß ein Nichts ist, in der Einschätzung
der historischen Komponenten, die das Faktum Cluny ausmachen? In der Basilika ist
Monatshefte für Kunstwissenschaft
VEZELAY: Das Innere
Nach Photographie der monuments historiques
der aus dem Diesseits in das Dunkel des Übernatürlichen hinwies. Das ist die Grund-
aufgabe des Kirchenbaues überhaupt. Aber hier ließ ein Orden bauen, der durch
seine Regeln dem kirchlichen Lebensziel näher gekommen zu sein glaubte als alle
Christenheit und der in seiner unbeschränkten Macht den Lohn seines Strebens schon
auf Erden empfing. Demut vor Gott und dem Übersinnlichen, Stolz und Größe vor
dem Menschen und der Wirklichkeit, das sollte das Heiligtum den Sinnen nahebringen.
An das Gefühl wandte sich die Kunst und griff dabei in jene Region, von der der Mensch
das deutlichste Bewußtsein hat, denn für nichts ist er empfindlicher als für die Unter-
schiede der Macht zumal dort, wo ihm der Alleinbesitz eines höchsten Gutes vor
Augen gerückt wird. Dies Monopol der toten Hand, die das höchste Leben trug, ins
rechte Licht zu setzen, ist hier Hauptzweck.
Aus jener Geschichtsauffassung, die lediglich formale Typen und den technischen
Stil durch lustra et saecula verfolgt, erfahren wir, wie auch in dieser Mönchskirche
das basilikale Schema der altchristlichen Kirche die Grundform sei. Aber ist es nicht
deutlich, daß Clunys Geist und der von S. Paolo fuori ebenso verschieden sind, wie
eine antike Bacchusfigur und die Statue eines hl. Josef oder Hohenpriesters aus der
Pisanoschule? Ist nicht das Neue und Selbstgewollte in diesem Bauwerk so groß und
überwältigend, daß das basilikale Oblong im Grundriß ein Nichts ist, in der Einschätzung
der historischen Komponenten, die das Faktum Cluny ausmachen? In der Basilika ist