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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

DOI issue:
Heft 5
DOI article:
Schmarsow, August: Über die karolingischen Wandmalereien zu Münster in Graubünden
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0403
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Schmarsow. Über die karoling. Wandmalereien zu Münster in Graubünden 395


Ostwand der Kirche

weisen in ihrer allzukleinen und nachlässigen Bildung, ihrer flauen knochenlosen Weichheit
die Manier auf, die wir sonst aus karolingischer Zeit schon kennen. Aber noch sind
es die Körper — der Personen wie der Bauten und sonstigen Requisiten der Vorgänge
—, die den Aufban der Komposition bestimmen. Dieser vollzieht sidi vorerst nach
plastischen Gesetzen des antiken Reliefs, das alle Dinge annähernd in gleichem Maß-
stab zu geschlossenen Gruppen zusammenzufassen trachtet. Die Motive sind deshalb
ziemlich eng gedrängt beieinander, so daß hie und da die Farbe zur Verdeutlichung
des Geschehens und zur Sonderung der Gestalten mithelfen muß. Eben damit bleibt
noch bildmäßige Wiedergabe des Zusammenhangs zwischen den Körpern das Haupt-
anliegen, und Abrundung nach außen ein leitendes Prinzip. Reliefanschauung über-
wiegt; weder ein Tiefenvollzug in den Raum des Schauplatzes hinein wird angestrebt,
noch eine lockere Reihung im Vordergrund geboten, bei der die Lücken als leere
Raumgrößen empfunden würden oder gar als Pausen zwischen den Tonstellen. Von
solcher vereinzelnden Zuzählung der Gegenstände nebeneinander sind wir weit ent-
fernt. Gerade darin erkenne ich das stärkste Zeugnis für das altchristliche, von der
Antike herübergenommene Erbteil in diesen Profanhistorien und möchte zum Vergleich
 
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