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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 6
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Suida, Wilhelm: Altsteirische Bilder im Landesmuseum "Johanneum" zu Graz
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0533
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Suida. Altsteirische Bilder im Landesmuseum „Johanneum" zu Graz 525


Abb. 1. Steierischer Maler um 1440. Mitteltafel des
Martinsaltars aus S. Caterina in der Laming
□ Landesmuseum „Johanneum", Graz

als um 1500 entstanden jedenfalls wesentlich zu spät datiert). (Abbildung 1.) Das Mittel-
bild enthält vor lilafarbiger, perspektivisch recht unbeholfener Holzarchitektur die in Profil
gestellte Figur des Heiligen zu Pferd, den beiderseits kleine Bettler flankieren. Fünf
Engelchen sind mehr raumfüllend verwendet, als daß sie an dem Vorgang teilnähmen.
Die Flügelbilder enthalten je zwei Szenen der Legende des hl. Martin auf den Innen-
seiten. Unschwer
läßt sich dieser
AltareinerGruppe
von Bildern ein-
ordnen, die alle
ein ähnliches Stil-
gepräge und ähn-
liche Abhängig-
keit von oberita-
lienischen Wer-
ken der Pisanello-
richtung aufwei-
sen. Das liebliche
Madonnenfresko
an der Außenseite
der Kirche von
Spital am Sem-
mering habe ich
schon früher ein-
mal publiziert.1)
Das massive Al-
tarwerk mit den
nahezu lebens-
großen Figuren
des thronenden
Papstes Sylvester
mit Magdalena
undJohannes,dem
Evangelisten,
Mauritius undFlo-
rianaufdenlnnen-

flügeln in der
Stiftsgalerie von
St. Florian, darf
vielleicht als
Hauptrepräsen-
tant dieser ganzen
Richtung gelten.
Lassen sich die
genannten Male-
reien auch keines-
wegs auf eine
Künstlerindividu-
alität zurückfüh-
ren, so springen
doch die gemein-
samen formalen
Eigentümlich-
keiten in die Au-
gen. Die Haupt-
figur wird her-
ausgelöst und vor
eine lila, rosa oder
lichtgrün gefärbte
Holzarchitektur in
Nischen-oder Bal-
dachinform ge-
stellt. Die Formen
dieser Architektur
sind nicht der
Wirklichkeit ent-
nommen, sondern

erweisen sich als späte Variationen des trecentesken Formenschatzes. Auch die ohne
jede perspektivische Verjüngung parallel zur Bildfläche gegebene Musterung des Fuß-
bodens ist den Altären in St. Florian und Graz gemeinsam. Zierliche Figuren mit
lebhaftem aber wenig individuellen Ausdruck, in den Proportionen gelegentlich arge
Entgleisungen, in der Komposition mehr das Bestreben, die vorhandene Fläche dekorativ

9 Mitteilungen der Zentralkommission 1903.
 
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