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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 6
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0558
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Monatshefte für Kunstwissensdiaft

Palast der Cancelleria. Seit einem Jahr läßt
Cardinal Agliardi den wundervollen Saal „de'
cento giorni" einer vollständigen Restauration
unterziehen. Der Saal ist berühmt durch Va-
saris Freskenzyklus, sein Meisterstück als De-
korationsmaler trotz des absprechenden Urteils
Michelangelos, trotz der Beihilfe zahlreicher
Schüler und Gehilfen. Das früher weiß ge-
tünchte Soffitto, ein Glanzstück aus den Tagen
des Raffaello Riario, hat seine Naturfarbe wieder
erhalten, die Fresken sind unter Leitung des
Professors Seitz von Schmutz und Feuchtigkeit
befreit, der völlig verwahrloste Fußboden wird
eben erneuert. Eine Publikation über den histo-
risch wie künstlerisch höchst merkwürdigen
Freskenzyklus wird von sachverständiger Hand
seit langem vorbereitet.
In der Galleiia Corsini ist nunmehr das
neuerworbene Madonnenbildchen des Correggio
zur endgültigen Aufstellung gelangt. Wäre das
Gemälde weniger übermalt, würde man es der
lieblichen Madonna des Correggio im Prado zu
Madrid an die Seite stellen können. Jedenfalls
aber bleibt eine Reproduktion im Februarheft
des Bollettino d'Arte weit hinter der Wirklich-
keit zurück. Gleichzeitig ist in derselben Gal-
lerie gleichsam als Ergänzung zu den neu aus-
gestellten Werken eines G. B. Gaulli, eines
Crespi, eines Ippolito Scarsellino, eines Luca
Giordano, eines Ribera, eines Salvator Rosa,
eine äußerst merkwürdige Ausstellung von
Zeichnungen der Seicentisten veranstaltet wor-
den. Federico Hermanin gehört zu den immer
zahlreicher werdenden Vorkämpfern für die Kunst
des Römischen Barocco und der Bolognesen
und Neapolitaner des siebenzehnten Jahrhunderts.
Was diese Meister in der Zeichnung geleistet
haben, wird wieder in dieser neuen Ausstellung
offenbar, die uns ganz ungeahnte Schätze der
gerade an Zeichnungen und Stichen überreichen
Sammlung erschließt. Namen wie Gian Lorenzo
Bernini, Salvator Rosa, Cerquozzi, Pietro da
Cortona, Grimaldi, Guercino sind glänzend ver-
treten, und auch die einst so sehr verachtete
Kunst Carlo Marattas erscheint in diesen Zeich-
nungen sicherster Technik und feinster Qualität
in einem völlig neuen Licht. Möchten Veran-
staltungen wie diese dazu beitragen, die Auf-
merksamkeit jüngerer Forscher auf Gebiete der
Kunst zu lenken, auf welchen ernster Arbeit
reiche Früchte winken! E. St.
Fand eines antiken Sarkophages in Rom.
Anfang Mai wurde unfern der porta Maggiore
bei Eisenbahnarbeiten ein ganz intakter großer
Marmorsarkophag gefunden. Auf der Stirnseite

befinden sich zwei Schlachtszenen, in denen die
Römer siegreich gegen ein orientalisches Volk
(Parther oder Perser?) sind. Auf der einen
Nebenseite ist ein Pegasus dargestellt, auf der
anderen wird ein gefallener Barbar von einem
Römer getötet. Man setzt den Sarkophag in
das Ende des zweiten oder den Anfang des
dritten Jahrhunderts n. Chr.
In Rom fand man im April bei Ausgrabungen
im Bereiche der Villa Patrizi gleich vor der
porta Pia eine Terracottaamphora, die voll von
Münzen, der Mehrzahl nach aus Silber, war.
Der Schatz datiert aus dem dritten Jahrhundert
nach Chr. In derselben Gegend fand man vor
ungefähr vier Jahren zwei ausgezeichnete Torsi
sitzender Philosophen oder Dichter (einer mit
der Signatur eines bisher unbekannten Bild-
hauers Zeuxis) und eine kopflose Replik der
Münchner Eirene.
Der Hermes Lecca Dugini. Die vor einem
Jahre in der via Eugenio di Savoia gefundene
außergewöhnlich schöne Hermesstatue im Be-
sitze der Familie Lecca Dugini erfährt soeben
im jüngsten Hefte der ,Ausonia' durch Lucio
Mariani, Professor der klassischen Archäologie
in Pisa, eine treffliche Exegese. Sie gehört nach
seinen Ausführungen in die Nähe des Hermes
von Atalante und ist die treffliche Kopie eines
Werkes aus der Spätzeit des Skopas mit ent-
schieden lysippischen Anklängen.
Die antiken Schiffe auf dem Grunde des
Nemisees. Unter dem Vorsitze des früheren
Generaldirektors Abgeordneten F. Barnabei
versammelte sich letzthin eine Kommission, in
der die Hebung der wie bekannt im Nemisee
liegenden zwei Prachtschiffe oder besser ge-
sagt Prachtflöße beraten wurde. Nach den
1895 gemachten nunmehr im Thermenmuseum
aufbewahrten Funden zu schließen, darf man
sich auf eine reiche Ausbeute künstlerischer und
kultureller Ergebnisse gefaßt machen. Die
Schwierigkeit besteht nicht so sehr in der rela-
tiv leicht durchzuführenden Entwässerung des
Sees als in der Frage der Konservierung der
Holzstruktur der Palastflösse und der Rechts-
frage des Besitzes. Der See gehört dem Für-
sten Ruspoli. Man müßte sich also zuerst mit
diesem ins Einvernehmen setzen. Die tech-
nischen Kosten sind auf ungefähr 300—450000 Lire
veranschlagt. Das erste Floß liegt zwanzig
Meter vom Ufer ab, ist 76 Meter lang und liegt
zwölf Meter unter dem Wasserspiegel, das
zweite ist vom Ufer viel weiter entfernt, 64
Meter lang und liegt ungefähr zwanzig Meter
tief. Die Breite der Flöße beträgt je achtzehn
Meter. Man darf den weiteren Beschlüssen der
 
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