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Monatshefte für Kunstwissenschaft
Vor etwa einem Jahre bewilligte das italie-
nische Parlament die Errichtung einer „monu-
mentalen Zone" Roms, d.h. vom Forum Romanum
und Palatin bis zur Porta S. Sebastiano einerseits
und Porta S.Paolo und Circus Maximus anderer-
seits sollte eine große Gartenanlage alle antiken
Bauten umschließen, und was etwa von ganz
modernen Gebäuden und Fabriken usw. darin
läge, expropriiert und niedergerissen werden.
Dieser großartige Plan, um dessen günstige
parlamentarische Erledigung vor allen Guido
Baccelli, der früher mehrmals Unterrichtsminister
gewesen ist, sich große Verdienste erworben hat,
ist allseitig mit Freude begrüßt worden. Nun
geht man ernstlich daran, bis 1911 zum Jubiläum
der Proklamation des italienischen Königreiches
alles durchzuführen. Die hierzu eingesetzte
Kommission hat dieser Tage beschlossen, vor-
erst eine gewaltige Allee (man spricht von
hundert Meter Breite) anzulegen, die von der
Kirche S. Nereo ed Achille ausgehend bis zum
Palatin, dann weiter beim Colosseum vorbei
bis zur Straße in Miranda führen soll. Außer-
dem sollen drei kleinere Alleen (jede fünfzig
Meter breit) angelegt werden, die von den
großen Alleen abzweigend, zu den Toren Latina,
Metronia und San Sebastiano führen sollen.
Abgesehen von der gewaltigen Verschönerung,
welche der Plan diesem sehr wichtigen, bis jetzt
noch wenig durchforschtem Teile des alten Roms
bringen wird, darf man sich auch auf wichtige
Funde gefaßt machen. Ludwig Pollak.
PARIS ============
Am 11. Mai wurde die Societe des amis du
Louvre von der Verwaltung eingeladen, eine
Reihe Neueinrichtungen und Neuerwerbungen
des Museums zu besichtigen. So ist zunächst
die Sammlung von Gouachen, Aquarellen, Mi-
niaturen, von Kästchen und Tabaksdosen der
Brüder van Blarenberghe zur Aufstellung ge-
kommen, die von einem Nachkommen der beiden
Miniaturisten, von Frau Thiebaut-Brunet, dem
Museum vermacht worden war. Ferner hat
das Louvre die in seinem Besitz befindlichen
Handzeichnungen Rembrandts dem Publikum
zugänglich gemacht. Provisorisch aufgestellt
wurden in dem Porträtsaal der Künstler die
auf den Versteigerungen Robaut und Cheramy
gemachten Erwerbungen sowie ein männliches
Porträt des XVI. Jahrhunderts, das von der
Gesellschaft dem Museum geschenkt worden
war. Dies letztere Werk hat ein besonderes
Interesse, da es das erste bekannte Werk
Francois Clouets ist, das eine Signatur trägt.
Der glückliche Entdecker desselben, Herr Etienne
Moreau-Nelaton, wird in den Spalten unserer
Zeitschrift demnächst über diesen wertvollen
Fund berichten. An weiteren Werken, die jetzt
im Louvre neu aufgehängt sind, wären zu
nennen: eine Landschaft mit Hunden von Diaz;
der Stadtturm von Douai, der auf der vente
Robaut erworben wurde, „badende Frauen",
„ruhende Pferde" und „lesende Magdalena" von
Corot; von Millet ein Bildchen: „lesende Frau";
einige von A. Marmontel vermachte Porträts:
Chopin von Delacroix, Stephen Heller von dem
Südfranzosen Ricard, Gluck von Grenze und
Marmontel von Roslin.
Auch in die moderne Sammlung des Luxem-
bourg sind eine Reihe neuer Werke eingereiht
worden. Besonders erfreulich ist, daß Frederic
Bazille nun endlich mit einem Werk, einer
Landschaft aus der Umgegend von Montpellier,
vertreten ist. Er gehört mit Manet, Monet
und Pissarro in eine Reihe. Sein Tod auf dem
Schlachtfelde im Jahre 1870 bedeutete einen
großen Verlust für den Impressionismus. Von
Claude Monet ein Werk aus der Serie der An-
sichten der Kathedrale von Rouen, die um 1895
entstanden sind. Die Sammlung von Werken
Rodins wurde durch eine umfassende Gruppe
von Skulpturen verstärkt: l'homme au nez
casse und die Büsten von Gustave Geffroy,
Rochefort, Victor Hugo, Dalou, E. Guillaume,
G. Wyndham, Berthelot, sowie ein Haupt Jo-
hannes des Täufers.
Die Zahl der Pariser Museen hat sich in-
zwischen um eins vermehrt, das Musee d'En-
nery. d'Ennery hatte sich mit seinen Sensa-
tions-, Rühr- und Spektakelstücken Unsummen
verdient und hat diesen Überfluß zum Zusammen-
bringen einer Japansammlung verwandt, die
nunmehr mit dem entzückenden, kleinen Hotel
der Avenue du Bois, in dem sie aufgestellt
ist, in den Besitz der Stadt Paris übergegangen
und am 27. Mai eröffnet worden ist. Die Ord-
nung der Sammlung hat sehr lange Zeit in
Anspruch genommen, da sie zahlreiche zweifel-
hafte und uninteressante Stücke enthielt, die
eliminiert werden mußten. An demselben Orte
fand eine Sammlung von ungefähr 2000 Kogos
Aufnahme, die von dem Ministerpräsidenten
Clemenceau geschenkt worden sind.
Bei der Trennung von Kirche und Staat ist
die Kunst schlecht weggekommen. Die in den
französischen Kirchen aufgespeicherten Kunst-
schätze machen eine schlimme Krisis durdi.
Zunächst versuchen viele Geistliche unter der
Hand wertvolle Stücke des Kircheninventars zu
veräußern, da sie befürchten, daß der Staat
über kurz oder lang Hand darauf legen wird.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Vor etwa einem Jahre bewilligte das italie-
nische Parlament die Errichtung einer „monu-
mentalen Zone" Roms, d.h. vom Forum Romanum
und Palatin bis zur Porta S. Sebastiano einerseits
und Porta S.Paolo und Circus Maximus anderer-
seits sollte eine große Gartenanlage alle antiken
Bauten umschließen, und was etwa von ganz
modernen Gebäuden und Fabriken usw. darin
läge, expropriiert und niedergerissen werden.
Dieser großartige Plan, um dessen günstige
parlamentarische Erledigung vor allen Guido
Baccelli, der früher mehrmals Unterrichtsminister
gewesen ist, sich große Verdienste erworben hat,
ist allseitig mit Freude begrüßt worden. Nun
geht man ernstlich daran, bis 1911 zum Jubiläum
der Proklamation des italienischen Königreiches
alles durchzuführen. Die hierzu eingesetzte
Kommission hat dieser Tage beschlossen, vor-
erst eine gewaltige Allee (man spricht von
hundert Meter Breite) anzulegen, die von der
Kirche S. Nereo ed Achille ausgehend bis zum
Palatin, dann weiter beim Colosseum vorbei
bis zur Straße in Miranda führen soll. Außer-
dem sollen drei kleinere Alleen (jede fünfzig
Meter breit) angelegt werden, die von den
großen Alleen abzweigend, zu den Toren Latina,
Metronia und San Sebastiano führen sollen.
Abgesehen von der gewaltigen Verschönerung,
welche der Plan diesem sehr wichtigen, bis jetzt
noch wenig durchforschtem Teile des alten Roms
bringen wird, darf man sich auch auf wichtige
Funde gefaßt machen. Ludwig Pollak.
PARIS ============
Am 11. Mai wurde die Societe des amis du
Louvre von der Verwaltung eingeladen, eine
Reihe Neueinrichtungen und Neuerwerbungen
des Museums zu besichtigen. So ist zunächst
die Sammlung von Gouachen, Aquarellen, Mi-
niaturen, von Kästchen und Tabaksdosen der
Brüder van Blarenberghe zur Aufstellung ge-
kommen, die von einem Nachkommen der beiden
Miniaturisten, von Frau Thiebaut-Brunet, dem
Museum vermacht worden war. Ferner hat
das Louvre die in seinem Besitz befindlichen
Handzeichnungen Rembrandts dem Publikum
zugänglich gemacht. Provisorisch aufgestellt
wurden in dem Porträtsaal der Künstler die
auf den Versteigerungen Robaut und Cheramy
gemachten Erwerbungen sowie ein männliches
Porträt des XVI. Jahrhunderts, das von der
Gesellschaft dem Museum geschenkt worden
war. Dies letztere Werk hat ein besonderes
Interesse, da es das erste bekannte Werk
Francois Clouets ist, das eine Signatur trägt.
Der glückliche Entdecker desselben, Herr Etienne
Moreau-Nelaton, wird in den Spalten unserer
Zeitschrift demnächst über diesen wertvollen
Fund berichten. An weiteren Werken, die jetzt
im Louvre neu aufgehängt sind, wären zu
nennen: eine Landschaft mit Hunden von Diaz;
der Stadtturm von Douai, der auf der vente
Robaut erworben wurde, „badende Frauen",
„ruhende Pferde" und „lesende Magdalena" von
Corot; von Millet ein Bildchen: „lesende Frau";
einige von A. Marmontel vermachte Porträts:
Chopin von Delacroix, Stephen Heller von dem
Südfranzosen Ricard, Gluck von Grenze und
Marmontel von Roslin.
Auch in die moderne Sammlung des Luxem-
bourg sind eine Reihe neuer Werke eingereiht
worden. Besonders erfreulich ist, daß Frederic
Bazille nun endlich mit einem Werk, einer
Landschaft aus der Umgegend von Montpellier,
vertreten ist. Er gehört mit Manet, Monet
und Pissarro in eine Reihe. Sein Tod auf dem
Schlachtfelde im Jahre 1870 bedeutete einen
großen Verlust für den Impressionismus. Von
Claude Monet ein Werk aus der Serie der An-
sichten der Kathedrale von Rouen, die um 1895
entstanden sind. Die Sammlung von Werken
Rodins wurde durch eine umfassende Gruppe
von Skulpturen verstärkt: l'homme au nez
casse und die Büsten von Gustave Geffroy,
Rochefort, Victor Hugo, Dalou, E. Guillaume,
G. Wyndham, Berthelot, sowie ein Haupt Jo-
hannes des Täufers.
Die Zahl der Pariser Museen hat sich in-
zwischen um eins vermehrt, das Musee d'En-
nery. d'Ennery hatte sich mit seinen Sensa-
tions-, Rühr- und Spektakelstücken Unsummen
verdient und hat diesen Überfluß zum Zusammen-
bringen einer Japansammlung verwandt, die
nunmehr mit dem entzückenden, kleinen Hotel
der Avenue du Bois, in dem sie aufgestellt
ist, in den Besitz der Stadt Paris übergegangen
und am 27. Mai eröffnet worden ist. Die Ord-
nung der Sammlung hat sehr lange Zeit in
Anspruch genommen, da sie zahlreiche zweifel-
hafte und uninteressante Stücke enthielt, die
eliminiert werden mußten. An demselben Orte
fand eine Sammlung von ungefähr 2000 Kogos
Aufnahme, die von dem Ministerpräsidenten
Clemenceau geschenkt worden sind.
Bei der Trennung von Kirche und Staat ist
die Kunst schlecht weggekommen. Die in den
französischen Kirchen aufgespeicherten Kunst-
schätze machen eine schlimme Krisis durdi.
Zunächst versuchen viele Geistliche unter der
Hand wertvolle Stücke des Kircheninventars zu
veräußern, da sie befürchten, daß der Staat
über kurz oder lang Hand darauf legen wird.