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Monatshefte für Kunstwissenschaft
in Florenz. Die Anregung dazu sei offenbar
ausgegangen von einer Gemme der Uffizien,
die eine antikisierende Arbeit des 16. Jahr-
hunderts ist. Dannecker hat Italien besucht im
Jahre 1785, wo er, 27 Jahre alt, zu Fuß nach
Rom wanderte und dort die Bekanntschaft von
Goethe und Herder machte. Damals kann er
die Gemme kennengelernt haben, sie kann ihm
aber auch durch das Kupferstichwerk von Gori
„Museum Florentinum" bekannt geworden sein,
dessen die Gemmen enthaltender II. Band schon
im Jahre 1732 erschienen ist.
Bei der Vergleichung beider Werke zeigen
sich Ähnlichkeiten und Abweidiungen. Geändert
sind Einzelheiten nebensächlicher Natur. Andere
bedeutsamere Einzelheiten sind beibehalten: so
die selbstbewußte aufrechte Kopfhaltung der
einen, das Herüberneigen und das Herübergreifen
der anderen Gestalt. Angenommen ist nament-
lich die Hauptidee des ganzen Werkes.
Als Verdienst ist es dem modernen Künstler
dabei anzurechnen, daß er den Fingerzeigen der
alten Kunst gefolgt ist, und doch hat er weit
mehr geboten, als er vorgefunden hat. Was
ihm klein vorlag, hat er monumental gestaltet;
— was wie in einer Zeichnung oder einem Bild
in einfacher Vorderansicht gegeben war, hat er
so gestellt, daß man es von allen Seiten sehen
kann: die Gruppe zeigt, wenn man um sie
herumschreitet, eine solche Folge erfreulicher
Anblicke, daß man dem Künstler immer wieder
dankbar sein muß. Endlich: nur angedeutet
war in der Gemme die Umgebung, zu Füßen
Wasser, über den Köpfen Baumwipfel. Er hat
diese Umgebung wirklich geschaffen, und so
kommt zur Freude an der plastischen Gruppe
die Freude am immer leicht bewegten, blitzen-
den Wasser und die Freude an den herrlichen
grünen Baumgruppen rings umher.
Adolf Gottschewski.
ROM ^.=
Die Gemäldegalerien Roms sind seit mehr
als einem Jahrzehnt in fast beständiger Neu-
ordnung begriffen. Schon seit Monaten wird
der obere Stock der Villa Borghese umgebaut
und muß voraussichtlich noch längere Zeit
geschlossen bleiben. Die vollständige Neuord-
nung der Galleria Nazionale im Palazzo Cor-
sini, die schon von Venturi eingeleitet wurde,
ist nun von seinem Nachfolger Hermanin zu
einem höchst befriedigenden Abschluß geführt
worden. Anlaß zu größeren baulichen Ver-
änderungen gab zunächst die längst geplante
Aufstellung des Herakles-Kolosses von Canova.
Diese Monumentalgruppe ist schon vor mehre-
ren Jahren mit anderen Kunstschätzen aus dem
niedergerissenen Palazzo Torlonia in den Pa-
lazzo Corsini gelangt. Sie stellt den Herakles
dar, welcher mit höchstem Aufwand heroischer
Kräfte den Lykas ins Meer schleudert. Ein be-
sonderer Raum und in diesem eine besondere
säulenflankierte Nische wurden mit vielem Ge-
schmack für den Marmorkoloß hergerichtet.
Bestellt wurde die Gruppe bereits vom Herzog
Onorato Gaetani i. J. 1796, an die Ausführung
seines Modells machte sich Canova aber erst
i. J. 1811, und zwar war der Besteller nunmehr der
Bankier Giovanni Torlonia, der sich später der
Päpstlichen Regierung verpflichten mußte, Ca-
novas Hauptwerk niemals aus Rom zu ent-
fernen.
Ebenso glücklich wie die Aufstellung des
Canova gelang, ebenso geschmackvoll ist im
allgemeinen die Anordnung der Gemälde in den
alten und neuen Sälen. Nur die häßlichen grünen
Wandbekleidungen wurden leider noch meistens
beibehalten. Hermanin hat das Kupferstich-
Kabinett in den oberen Stock verlegt. Er hat
den Schilderungen Roms im Sei- und Settecento
einen besonderen Saal eingerichtet, wie man
überhaupt die Malerei dieser Jahrhunderte in
Rom schwerlich irgendwo anders besser stu-
dieren kann als in der Galleria Nazionale. Aber
auch die Malerei der Renaissance ist heute
würdiger als früher repräsentiert, nachdem die
Galerie nach einer Reihe von glücklichen Erwer-
bungen neuerdings noch in den Besitz des herr-
lichen Pier di Cosimo aus der Sammlung Ba-
racco gelangt ist und eben jetzt ein wunder-
bares, kleines Madonnenbild des Correggio
erworben hat. Aus dem riesigen Depot sind
eine Reihe höchst bedeutsamer Meister des
Seicento der Galerie zurückgegeben worden, so
vor allem einige Kopien nach Michelangelo,
Landschaften Dughets und eine grausige Dar-
stellung des gefesselten Prometheus von Salva-
tor Rosa. E. St.
^
Villa Borghese. Für ein Porträt des Lorenzo
Lotto, eine Anbetung der Könige von Jacopo
Bassano und einen Verkündigungsengel des Pier
Maria Pennacchi sind von der Generalverwaltung
der Museen die beiden Porträtbüsten des Kar-
dinals Scipione Borghese für die Vila Borghese
eingetauscht worden. Im Jahre 1891 mußten
beide Büsten den Galerien von Venedig über-
lassen werden, um sie überhaupt für die Museen
Italiens zu retten. Jetzt ist in die Villa Pinciana
das Bild ihres Erbauers zurückgekehrt. Die Ge-
schichte beider Büsten wird uns von Baldinucci
Monatshefte für Kunstwissenschaft
in Florenz. Die Anregung dazu sei offenbar
ausgegangen von einer Gemme der Uffizien,
die eine antikisierende Arbeit des 16. Jahr-
hunderts ist. Dannecker hat Italien besucht im
Jahre 1785, wo er, 27 Jahre alt, zu Fuß nach
Rom wanderte und dort die Bekanntschaft von
Goethe und Herder machte. Damals kann er
die Gemme kennengelernt haben, sie kann ihm
aber auch durch das Kupferstichwerk von Gori
„Museum Florentinum" bekannt geworden sein,
dessen die Gemmen enthaltender II. Band schon
im Jahre 1732 erschienen ist.
Bei der Vergleichung beider Werke zeigen
sich Ähnlichkeiten und Abweidiungen. Geändert
sind Einzelheiten nebensächlicher Natur. Andere
bedeutsamere Einzelheiten sind beibehalten: so
die selbstbewußte aufrechte Kopfhaltung der
einen, das Herüberneigen und das Herübergreifen
der anderen Gestalt. Angenommen ist nament-
lich die Hauptidee des ganzen Werkes.
Als Verdienst ist es dem modernen Künstler
dabei anzurechnen, daß er den Fingerzeigen der
alten Kunst gefolgt ist, und doch hat er weit
mehr geboten, als er vorgefunden hat. Was
ihm klein vorlag, hat er monumental gestaltet;
— was wie in einer Zeichnung oder einem Bild
in einfacher Vorderansicht gegeben war, hat er
so gestellt, daß man es von allen Seiten sehen
kann: die Gruppe zeigt, wenn man um sie
herumschreitet, eine solche Folge erfreulicher
Anblicke, daß man dem Künstler immer wieder
dankbar sein muß. Endlich: nur angedeutet
war in der Gemme die Umgebung, zu Füßen
Wasser, über den Köpfen Baumwipfel. Er hat
diese Umgebung wirklich geschaffen, und so
kommt zur Freude an der plastischen Gruppe
die Freude am immer leicht bewegten, blitzen-
den Wasser und die Freude an den herrlichen
grünen Baumgruppen rings umher.
Adolf Gottschewski.
ROM ^.=
Die Gemäldegalerien Roms sind seit mehr
als einem Jahrzehnt in fast beständiger Neu-
ordnung begriffen. Schon seit Monaten wird
der obere Stock der Villa Borghese umgebaut
und muß voraussichtlich noch längere Zeit
geschlossen bleiben. Die vollständige Neuord-
nung der Galleria Nazionale im Palazzo Cor-
sini, die schon von Venturi eingeleitet wurde,
ist nun von seinem Nachfolger Hermanin zu
einem höchst befriedigenden Abschluß geführt
worden. Anlaß zu größeren baulichen Ver-
änderungen gab zunächst die längst geplante
Aufstellung des Herakles-Kolosses von Canova.
Diese Monumentalgruppe ist schon vor mehre-
ren Jahren mit anderen Kunstschätzen aus dem
niedergerissenen Palazzo Torlonia in den Pa-
lazzo Corsini gelangt. Sie stellt den Herakles
dar, welcher mit höchstem Aufwand heroischer
Kräfte den Lykas ins Meer schleudert. Ein be-
sonderer Raum und in diesem eine besondere
säulenflankierte Nische wurden mit vielem Ge-
schmack für den Marmorkoloß hergerichtet.
Bestellt wurde die Gruppe bereits vom Herzog
Onorato Gaetani i. J. 1796, an die Ausführung
seines Modells machte sich Canova aber erst
i. J. 1811, und zwar war der Besteller nunmehr der
Bankier Giovanni Torlonia, der sich später der
Päpstlichen Regierung verpflichten mußte, Ca-
novas Hauptwerk niemals aus Rom zu ent-
fernen.
Ebenso glücklich wie die Aufstellung des
Canova gelang, ebenso geschmackvoll ist im
allgemeinen die Anordnung der Gemälde in den
alten und neuen Sälen. Nur die häßlichen grünen
Wandbekleidungen wurden leider noch meistens
beibehalten. Hermanin hat das Kupferstich-
Kabinett in den oberen Stock verlegt. Er hat
den Schilderungen Roms im Sei- und Settecento
einen besonderen Saal eingerichtet, wie man
überhaupt die Malerei dieser Jahrhunderte in
Rom schwerlich irgendwo anders besser stu-
dieren kann als in der Galleria Nazionale. Aber
auch die Malerei der Renaissance ist heute
würdiger als früher repräsentiert, nachdem die
Galerie nach einer Reihe von glücklichen Erwer-
bungen neuerdings noch in den Besitz des herr-
lichen Pier di Cosimo aus der Sammlung Ba-
racco gelangt ist und eben jetzt ein wunder-
bares, kleines Madonnenbild des Correggio
erworben hat. Aus dem riesigen Depot sind
eine Reihe höchst bedeutsamer Meister des
Seicento der Galerie zurückgegeben worden, so
vor allem einige Kopien nach Michelangelo,
Landschaften Dughets und eine grausige Dar-
stellung des gefesselten Prometheus von Salva-
tor Rosa. E. St.
^
Villa Borghese. Für ein Porträt des Lorenzo
Lotto, eine Anbetung der Könige von Jacopo
Bassano und einen Verkündigungsengel des Pier
Maria Pennacchi sind von der Generalverwaltung
der Museen die beiden Porträtbüsten des Kar-
dinals Scipione Borghese für die Vila Borghese
eingetauscht worden. Im Jahre 1891 mußten
beide Büsten den Galerien von Venedig über-
lassen werden, um sie überhaupt für die Museen
Italiens zu retten. Jetzt ist in die Villa Pinciana
das Bild ihres Erbauers zurückgekehrt. Die Ge-
schichte beider Büsten wird uns von Baldinucci