F. Wolff. Zwei mittelalterliche Plastiken des Märkischen Museums 453
der norddeutsch-binnenländischen Bischöfe, unter denen die Förderer solcher Kunst
nicht allzu dicht gesäet sind?
Der starke nordfranzösische Einfluß auf den Künstler dieser Figur ist wohl unver-
kennbar. Die Größe und Ruhe des Aufbaus, diese Gebundenheit in der Achsenent-
wicklung weist auf einen Künstler, dem die großen Meister und Werke der architektoni-
schen Plastik nicht fremd waren. Andrerseits scheint es mir ausgeschlossen, an fran-
zösischen Ursprung zu glauben. Vielmehr möchte ich vermuten, daß sie in ihrer
zeitlichen Stellung um 1350 zu den ältesten Zeugen der allmählich einsetzenden Strö-
mung gehört, die von den Ländern am Niederrhein und der unteren Maas hinüberzog
in die Gebiete der Ostsee und ihr Hinterland, nach Lübeck und dem deutschen Nord-
osten, eine Strömung, die alle Stilwandlungen überdauernd vom XIV. bis ins XVI. Jahr-
hundert reicht.
Unsere Figur scheint mir auf eine niederrheinische Gruppe von Künstlern hinzu-
weisen, die von Frankreich her starke Impulse empfing und ihrerseits wieder im Laufe
der Entwicklung solche Anregungen weiter gab für um 1400 entstehende Werke, wie
die Apostel am Portal des Südturmes des Kölner Domes, um nur eins zu nennen.
Es ist ein Künstler, der sich von aller Ziererei und Übertreibung noch völlig
frei hält, der diesen Eindruck männlichsten Ernstes zu schildern vermochte. Nichts
wandelt diesen Bischof an von äußerlicher Demut. Stammt diese tektonische Klarheit
von jenseits der französischen Grenze, so ist in dieser Einheit von Kraft und Hoheit,
in diesem sichtlichen Interesse am Bildnismäßigen ein Schritt über die nordfranzösischen
Vorbilder hinaus getan.
Ist die Figur am Niederrhein zuhause, so ist sie an ihren Aufstellungsort wohl
sicher über Lübeck gelangt. Es ist natürlich, daß die Beziehungen Wittstocks zum
Haupt der Hanse lebhaft waren, obwohl weder Havelberg noch Wittstock zum Bunde
gehörten. Wie Lübeck auch weiterhin das Haupteinfallstor der Einflüsse von Westen
her wurde, ist es dies jedenfalls vom ersten Einsetzen der Strömung nach Osten
gewesen. Etwa anzunehmen, daß wenigstens Lübeck die Heimat des Bischofs ist,
schließt ein Blick auf die gleichzeitigen Holzbildwerke der Zeit aus.
Er überragt alles, was in diesen Ländern vorhanden ist — auch was als
Fremdgut außer Zweifel steht — bei weitem. Er findet seinesgleichen nur in dem
Besten der Zeit. Und er erscheint, wie die Steine, die elementare Kräfte von fern-
her in dieselben Länder trugen, als Findling innerhalb weiter Strecken, die der selb-
ständigen Entwicklung der Plastik um diese Zeit nicht günstig waren. Der Freude an
seinem prachtvollen Anblick kommt nur das Interesse gleich für die Tatsache, daß wir
— wenn meine Annahme zutrifft — so früh schon Werke des westländischen Holz-
bildhauers denselben Weg nach Osten einschlagen sehen, den die Metallplastik, wie
wohl heute nicht mehr bezweifelt wird, um weniges früher schon gegangen war.
der norddeutsch-binnenländischen Bischöfe, unter denen die Förderer solcher Kunst
nicht allzu dicht gesäet sind?
Der starke nordfranzösische Einfluß auf den Künstler dieser Figur ist wohl unver-
kennbar. Die Größe und Ruhe des Aufbaus, diese Gebundenheit in der Achsenent-
wicklung weist auf einen Künstler, dem die großen Meister und Werke der architektoni-
schen Plastik nicht fremd waren. Andrerseits scheint es mir ausgeschlossen, an fran-
zösischen Ursprung zu glauben. Vielmehr möchte ich vermuten, daß sie in ihrer
zeitlichen Stellung um 1350 zu den ältesten Zeugen der allmählich einsetzenden Strö-
mung gehört, die von den Ländern am Niederrhein und der unteren Maas hinüberzog
in die Gebiete der Ostsee und ihr Hinterland, nach Lübeck und dem deutschen Nord-
osten, eine Strömung, die alle Stilwandlungen überdauernd vom XIV. bis ins XVI. Jahr-
hundert reicht.
Unsere Figur scheint mir auf eine niederrheinische Gruppe von Künstlern hinzu-
weisen, die von Frankreich her starke Impulse empfing und ihrerseits wieder im Laufe
der Entwicklung solche Anregungen weiter gab für um 1400 entstehende Werke, wie
die Apostel am Portal des Südturmes des Kölner Domes, um nur eins zu nennen.
Es ist ein Künstler, der sich von aller Ziererei und Übertreibung noch völlig
frei hält, der diesen Eindruck männlichsten Ernstes zu schildern vermochte. Nichts
wandelt diesen Bischof an von äußerlicher Demut. Stammt diese tektonische Klarheit
von jenseits der französischen Grenze, so ist in dieser Einheit von Kraft und Hoheit,
in diesem sichtlichen Interesse am Bildnismäßigen ein Schritt über die nordfranzösischen
Vorbilder hinaus getan.
Ist die Figur am Niederrhein zuhause, so ist sie an ihren Aufstellungsort wohl
sicher über Lübeck gelangt. Es ist natürlich, daß die Beziehungen Wittstocks zum
Haupt der Hanse lebhaft waren, obwohl weder Havelberg noch Wittstock zum Bunde
gehörten. Wie Lübeck auch weiterhin das Haupteinfallstor der Einflüsse von Westen
her wurde, ist es dies jedenfalls vom ersten Einsetzen der Strömung nach Osten
gewesen. Etwa anzunehmen, daß wenigstens Lübeck die Heimat des Bischofs ist,
schließt ein Blick auf die gleichzeitigen Holzbildwerke der Zeit aus.
Er überragt alles, was in diesen Ländern vorhanden ist — auch was als
Fremdgut außer Zweifel steht — bei weitem. Er findet seinesgleichen nur in dem
Besten der Zeit. Und er erscheint, wie die Steine, die elementare Kräfte von fern-
her in dieselben Länder trugen, als Findling innerhalb weiter Strecken, die der selb-
ständigen Entwicklung der Plastik um diese Zeit nicht günstig waren. Der Freude an
seinem prachtvollen Anblick kommt nur das Interesse gleich für die Tatsache, daß wir
— wenn meine Annahme zutrifft — so früh schon Werke des westländischen Holz-
bildhauers denselben Weg nach Osten einschlagen sehen, den die Metallplastik, wie
wohl heute nicht mehr bezweifelt wird, um weniges früher schon gegangen war.