Grafen von Artois geschenkt hatte, bewunderte man Rubens Geschichte der Katharina
de' Medici, im Hotel des Duc de Bourbon und im Palais Royal sah man Möbel
von einer Schönheit und Pracht, wie sie nur noch im Gardemeuble du Roi zu sehen
waren. Welch ein vornehmer Geschmack, welch ein sicherer Blick für Form und
Farbe gab sich aber auch in der Einrichtung der kleineren Schlösser kund! La
Bagatelle und St. Cloud, Bellevue und Trianon bedeuten noch heute für uns den
Inbegriff jener bizarren und doch so reich beseelten, jener unruhigen und doch so
unendlich beglückenden Schönheit, die das Rokoko über Europa ausgegossen hat.
In der Fabrik von Sevres machte der Prinz Einkäufe; in den Gobelins sah man,
wie die Teppiche gewebt wurden, in St. Cyre besuchte man die berühmte Er-
ziehungsanstalt der Frau von Maintenon. Und als die Prinzessin mit ihren Damen
im Hotel des Invalides erschien, wo mehr als tausend Veteranen gerade bei Tische
saßen, erhob sich einer der alten Krieger und fragte galant und verwundert sich
an die Damen wendend: „Le Paradies est-il donc ouvert aujourdhui, que tous les
anges entrent?“
Bereits am 2. Dezember besuchten die Reisenden die Bibliothek des Königs in
der Rue Richelieu, wo damals Antoine Houdon von Ludwig XVI. ein Atelier zur
Benutzung erhalten hatte. Natürlich wurde der berühmte Meister den fremden
Fürstlichkeiten vorgestellt, die von seinen Arbeiten so entzückt waren, daß sie so-
fort die Ausführung ihrer Bildnisse in Terracotta beschlossen. War doch überdies
die Prinzessin Louise eine Cousine des regierenden Herzogs Ernst II. Ludwig von
Sachsen-Gotha, der einer der ältesten und zuverlässigsten Gönner Houdons gewesen
ist und den Meister bereits vor Jahren an seinem Hofe in Gotha bei sich gesehen hatte ,.
So wurde von Prinz und Prinzessin schon für den nächsten Tag die erste Sitzung
verabredet. Am 10. Dezember, während der Erbprinz in Versailles beim Könige
war, verbrachte seine Gemahlin wiederum den Morgen bei Houdon. Und als
Friedrich Franz zwei Tage später seinerseits eine Sitzung hatte, war das Porträt
der Prinzessin bereits in den Grundzügen vollendet. „Au moins les traits etaient
formes et n'attendaient que la main du maitre pour se perfectioner", schreibt Frau
von Rantzau, die Hofdame der Prinzessin.
Das sind die Daten, die uns über die Entstehung der Büsten Aufschluß geben.
Bereits am 19. Dezember verließen die mecklenburgischen Fürstlichkeiten Paris.
Im Frühjahr 1783 aber begann Houdon die Liste seiner im Salon ausgestellten
Arbeiten mit dem Eintrag: Bustes en terre cuitte du Prince et de la Princesse de
Mecklenbourg-Schwerin -). Beide Büsten befinden sich noch heute in wohlerhaltenem
Zustande im Schweriner Museum, etwas vergrößerte Kopien in Gips werden im
Großherzoglichen Schloß bewahrt.
Durch diese Büsten Houdons hat das junge deutsche Fürstenpaar seinem kurzen
Aufenthalt in Frankreich ein würdiges Denkmal gesetzt. Denn diese Arbeiten offen-
baren alle vortrefflichen Eigenschaften des besten Bildhauers, den Frankreich um
die Wende des XVIII. Jahrhunderts aufzuweisen hatte, der es so glänzend verstand
(1) Houdons Leben und Werke. Eine kunsthistorische Studie von Dr. Hermann Dierks. Gotha
1887, p. 24.
(2) Vgl. Paul Vitry, Une liste d'oeuvres de J. A. Houdon, redigee par l'artiste lui-meme vers 1784.
Extrait des Archives de l'Art fran^ais, Nouvelle periode Tom I (Paris 1908) S. A. p. 15. Ich fühle
mich Monsieur Paul Vitry, Conservateur au Musee du Louvre, dem besten Kenner Houdons, für viele
freundliche Hinweise, die mir vor allem auch die Identifizierung der Büsten erleichterten, zu größtem
Danke verpflichtet.
208
de' Medici, im Hotel des Duc de Bourbon und im Palais Royal sah man Möbel
von einer Schönheit und Pracht, wie sie nur noch im Gardemeuble du Roi zu sehen
waren. Welch ein vornehmer Geschmack, welch ein sicherer Blick für Form und
Farbe gab sich aber auch in der Einrichtung der kleineren Schlösser kund! La
Bagatelle und St. Cloud, Bellevue und Trianon bedeuten noch heute für uns den
Inbegriff jener bizarren und doch so reich beseelten, jener unruhigen und doch so
unendlich beglückenden Schönheit, die das Rokoko über Europa ausgegossen hat.
In der Fabrik von Sevres machte der Prinz Einkäufe; in den Gobelins sah man,
wie die Teppiche gewebt wurden, in St. Cyre besuchte man die berühmte Er-
ziehungsanstalt der Frau von Maintenon. Und als die Prinzessin mit ihren Damen
im Hotel des Invalides erschien, wo mehr als tausend Veteranen gerade bei Tische
saßen, erhob sich einer der alten Krieger und fragte galant und verwundert sich
an die Damen wendend: „Le Paradies est-il donc ouvert aujourdhui, que tous les
anges entrent?“
Bereits am 2. Dezember besuchten die Reisenden die Bibliothek des Königs in
der Rue Richelieu, wo damals Antoine Houdon von Ludwig XVI. ein Atelier zur
Benutzung erhalten hatte. Natürlich wurde der berühmte Meister den fremden
Fürstlichkeiten vorgestellt, die von seinen Arbeiten so entzückt waren, daß sie so-
fort die Ausführung ihrer Bildnisse in Terracotta beschlossen. War doch überdies
die Prinzessin Louise eine Cousine des regierenden Herzogs Ernst II. Ludwig von
Sachsen-Gotha, der einer der ältesten und zuverlässigsten Gönner Houdons gewesen
ist und den Meister bereits vor Jahren an seinem Hofe in Gotha bei sich gesehen hatte ,.
So wurde von Prinz und Prinzessin schon für den nächsten Tag die erste Sitzung
verabredet. Am 10. Dezember, während der Erbprinz in Versailles beim Könige
war, verbrachte seine Gemahlin wiederum den Morgen bei Houdon. Und als
Friedrich Franz zwei Tage später seinerseits eine Sitzung hatte, war das Porträt
der Prinzessin bereits in den Grundzügen vollendet. „Au moins les traits etaient
formes et n'attendaient que la main du maitre pour se perfectioner", schreibt Frau
von Rantzau, die Hofdame der Prinzessin.
Das sind die Daten, die uns über die Entstehung der Büsten Aufschluß geben.
Bereits am 19. Dezember verließen die mecklenburgischen Fürstlichkeiten Paris.
Im Frühjahr 1783 aber begann Houdon die Liste seiner im Salon ausgestellten
Arbeiten mit dem Eintrag: Bustes en terre cuitte du Prince et de la Princesse de
Mecklenbourg-Schwerin -). Beide Büsten befinden sich noch heute in wohlerhaltenem
Zustande im Schweriner Museum, etwas vergrößerte Kopien in Gips werden im
Großherzoglichen Schloß bewahrt.
Durch diese Büsten Houdons hat das junge deutsche Fürstenpaar seinem kurzen
Aufenthalt in Frankreich ein würdiges Denkmal gesetzt. Denn diese Arbeiten offen-
baren alle vortrefflichen Eigenschaften des besten Bildhauers, den Frankreich um
die Wende des XVIII. Jahrhunderts aufzuweisen hatte, der es so glänzend verstand
(1) Houdons Leben und Werke. Eine kunsthistorische Studie von Dr. Hermann Dierks. Gotha
1887, p. 24.
(2) Vgl. Paul Vitry, Une liste d'oeuvres de J. A. Houdon, redigee par l'artiste lui-meme vers 1784.
Extrait des Archives de l'Art fran^ais, Nouvelle periode Tom I (Paris 1908) S. A. p. 15. Ich fühle
mich Monsieur Paul Vitry, Conservateur au Musee du Louvre, dem besten Kenner Houdons, für viele
freundliche Hinweise, die mir vor allem auch die Identifizierung der Büsten erleichterten, zu größtem
Danke verpflichtet.
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