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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Zweites Heft (Februar 1906)
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Kisa, Anton Carel: [Rezension von: August Prokop, Die Markgrafschaft Mähren in kunstgeschichtlicher Beziehung. Grundzüge einer Kunstgeschichte dieses Landes mit besonderer Berücksichtigung der Baukunst]
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Zimmeter, Kuno: [Rezension von: Ernst Jaffé, Josef Anton Koch, sein Leben und Schaffen]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0029

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Februar-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

21

hätte gefunden, dass die Komposition eines präch-
tigen, in Mähr.-Trübau befindlichen Gobelins auf
einen Stich „Lukas von Leyden“ zurückgehe. Das
ist natürlich ein Irrtum des Autors, der offenbar
Meistei' Lukas nicht kennt. Ich habe das Original
in einem Stiche Lukas von Leydens, Ahasver und
Esther darstellend, erkannt.
Im letzten und umfangreichsten Bande wird
die Barock- und Rokokozeit behandelt, welche in
Mähren, besonders in der Architektur, zahlreiche
Prachtbauten hinterlassen hat. Die Kirche wett-
eiferte mit dem Adel in der Entfaltung glänzenden j
Pompes und auch die Bürgerkreise schlossen sich I
den dem österreichischen Wesen besonders zu-
sagenden Kunstformen des 18. Jahrhunderts mehr
an als in den meisten anderen Gegenden des Deut-
schen Reiches. Die Darstellung umfasst auch das
19 Jahrhundert und endet mit einer Würdigung
der Verdienste des Autors als Museumsdirektor
Architekt und Schriftsteller. Man lernt ihn sogar
in effigie kennen. Das wirkt nach dem trockenen
Ernste des Vorausgegangenen angenehm und er-
frischend, ja stellenweise erheiternd, besonders der
Enthusiasmus, mit welchem er an befreundete
Künstler Lorbeern spendet und Unsterblichkeit in
Worten garantiert wie sie sonst kaum den ersten
Heroen der Kunst der Renaissance zuteil werden.
Ueber die künstlerischen Qualitäten des Entwurfes
zum Hochaltäre des Domes zu Brünn, von der Hand
des Autors, und jenes zum Prunkschranke, welchen
der mährische Adel dem Kaiser Franz Josef stiftete,
werden die Leser, sofern sie Fachleute sind, wohl
leider zumeist nicht so günstig urteilen, wie P.
selbst. Ersterer ist ein abschreckendes Beispiel der
allernüchternsten, phantasielosen Reissschienen-
gotik, dieser namentlich im figürlichen ein plumpes,
geschmackloses Machwerk. Aber um die Aner-
kennung Sachverständiger ist es ihm offenbar
weniger zu tun, als um die höchster und aller-
höchster Kreise. Ein wahrer Modergeruch von
Byzantinismus durchweht das ganze Werk, zum
Glücke auch in Oesterreich, bei Arbeiten wissen-
schaftlichen Anstriches eine seltene, ja einzige Er-
scheinung. Den ersten Band ziert als Titelbild ein
Porträt des Kaisers, den zweiten das des Fürsten
Johann Liechtenstein, den dritten das des Unter-
richtsministers Professor v. Hartei, den letzten das
des Landeshauptmannes von Mähren, des Grafen
Vetter von der Lilie.
Von öffentlichen und privaten Seiten mit reichen
Mitteln ausgestattet, durch finanzielle und geistige
Mitarbeit in liberalster Weise gefördert, hat der
Autor für ein Kronland, das abseits von den grossen
Heerstrassen der Kultur- und Kunstentwicklung
liegt, ein Sammelwerk geschaffen, das durch seine

Fülle ungehobener Schätze Staunen erregt, ein
Sammelwerk, wie es für weit wichtigere und
reichere Kunstgebiete auf österreichischem wie auf
deutschem Boden fehlt. Umsomehr ist es zu be-
dauern, dass die Opferwilligkeit, das grosse Interesse
nicht in die richtigen Bahnen gelenkt worden sind.
Dem grossen Publikum ist die Kunstgeschichte
leider immer noch, wie Ludwig Justi einmal so
schön sagte, eine voraussetzungslose Wissenschaft
im doppelten Sinne. Jeder fühlt sich berechtigt,
seine Weisheit öffentlich zum Besten zu geben.
Rücksichtsloses Vordrängen mit beiden Ellenbogen
führt oft rascher und sicherer zum Ziele als Kennt-
nisse und tüchtiges Können Eine so schwierige,
aber auch so lohnende Aufgabe, wie sie in diesem
Falle gestellt war, erforderte ein grösseres Wissen
und auch mehr — Gewissenhaftigkeit, als sie dem
Autor beschieden sind. Vielleicht wäre es das
richtigste gewesen, sie zu teilen, die Aufnahmen
einem Architekten, die wisset schaftliche Bearbeitung
einem Fachgelehrten von Bedeutung, etwa Neu-
wirth, zu überlassen. So ist das Werk eine „Studie“
geblieben, eine sehr nützliche, sehr umfangreiche,
aber unvollständige Vorarbeit.
A. Kisa
Ernst Jaffö- Josef Anton Koch, sein Leben
und Schaffen. 15 Abbild., 137 S. Innsbruck,
Wagner 1905. (Sonderabdruck aus der
Zeitschrift des Ferdinandeums.) M. 3,—.
Die vorliegende Biographie erforderte eine be-
deutende Summe von Ar> eit, denn der Verfasser
war bei den über ganz Europa verstreuten Werken
Kochs fast durchweg auf Autopsie angewiesen,
da nur ganz wenige Reproduktionen nach dessen
Bildern existieren.
Diese Studien an Ort und Stelle kommen denn
dem Buche sehr- zu gute, da die Urteile des Ver-
fassers eben darum jene frische Unmittelbarkeit
aufweisen, die nur der Eindruck vor dem Kunst-
werk selbst hervorbringt.
Ohne sich in weitschweifige Einzelheiten zu
verlieren weiss Jaffe im rein biographischen Teil
aus der fleissig benützten Literatur das für die Aus-
gestaltung des Lebensbildes Wesentliche heranzu-
ziehen, sodass sich das Buch bei aller wissen-
schaftlichen Gründlichkeit angenehm liest.
Schon der Abschnitt über Kochs Lehrjahre an
der hohen Karlsschule gibt ein lebendiges und
farbenreiches Bild; der Autor hat es verstanden,
aus den Koch’schen Briefen, die diesem Abschnitt
teilweite zugrunde liegen, den lebendigen Ton in
seine Schilderung herüberzunehmen.
Die Zeit des eigentlichen künstlerischen Ent-
wicklungsganges Kochs teilt der Verfasser in 3
 
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