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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Fünftes Heft (Mai 1906)
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Hermann, Paul: [Rezension von: A. Furtwängler, Die Bedeutung der Gymnastik in der griechischen Kunst. Sonderabdruck aus "Der Saemann", Monatsschrift für pädagogische Reform]
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Scherer, Christian: [Rezension von: Richard Graul, Das XVIII. Jahrhundert. Dekoration und Mobiliar]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0099

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Mai-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

lungsepochen bis zur grossen Glanzzeit des 5. Jahr-
hunderts. Wo der Frauenleib darzustellen war,
wird sein Formenbau dem des männlichen ange-
glichen. Erst zu Ende des 5. Jahrhunderts lernt
das Auge die spezifisch weiblichen Formen be-
obachten, und das 4. Jahrhundert schreitet dann
zur klaren Ausgestaltung des weiblichen Körpers
fort.
Das sind die leitenden Gedanken, die in Furt-
wänglers kleiner Studie ausgeführt und mit einer
Reihe von Beispielen belegt werden, die z. T. in
Abbildungen gegeben sind. Sie werden über den
Leserkreis der Zeitschrift hinaus lebhaftem Interesse
begegnen und für das Verständnis der griechischen
Kunst auf klärend wirken; für die Veranstaltung
des Sonderabdruckes hat sich der Verleger Dank
verdient. Paul Herrmann
Jl
Kunstgewerbe.
Richard Graul. Das XVIII. Jahrhundert»
Dekoration und Mobiliar. Mit 113 Abbil-
dungen. Berlin. Druck und Verlag von
Georg Reimer. 1905. M. 1,50.
Das vorliegende Handbuch, der 10. Band aus
dieser, von der Generalverwaltung der Königl.
Museen herausgegebenen Folge von Handbüchern,
kommt bei uns in Deutschland einem schon lange
gefühlten Bedürfnis nach einem Werke entgegen,
aus dem man sich, ohne den ganzen, für den tiefer
eindringenden Forscher freilich unentbehrlichen
Ballast urkundlichen und bildlichen Materials mit-
schleppen zu müssen, in zuverlässiger und zugleich
bequemer Weise über die verwickelten Stilphasen
des 18. Jahrhunderts unterrichten kann, wie sie
uns an der Innendekoration und Möbelkunst ent-
gegentreten. Es ist ein Genuss, den sachkundigen
und feinsinnigen Ausführungen des Verfassers, der
ja auf diesem schwierigen Gebiet schon längst als
einer unserer besten Kenner gilt, zu folgen und
sich von ihm an der Hand eines umfangreichen
Materials über den, von der zweiten Hälfte des
17. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts sich ab-
spielenden Wandel in Dekoration und Mobiliar
belehren zu lassen.
Mit Recht hat Graul Frankreich als, das
führende Land in der Kunst dieses Zeitraumes an
die Spitze und in den Vordergrund seiner Betrach-
tung gestellt. Indessen scheint es doch, als ob er
die Leistungen Frankreichs, wenigstens die des
17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts,
deren Darstellung allein schon mehr als die Hälfte
des ganzen Buches beansprucht, im Vergleich zu

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denen der übrigen Länder, besonders Deutsch-
lands, etwas allzu stark bevorzugt habe. Hier
wäre vielleicht, wie es ja auch bei den Ebenisten
aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ge-
schehen ist, eine durchgängig etwas grössere Be-
schränkung auf die tonangebenden Meister und
die bezeichnendsten Schöpfungen am Platze ge-
wesen, umsomehr, als ja auch das Berliner
Kunstgewerbe-Museum an guten und charakte-
ristischen französischen Originalarbeiten aus jenem
Zeitraum nicht gerade reich zu nennen, für den-
jenigen aber, der noch eine tiefere Belehrung
sucht, die Möglichkeit hierzu durch die stattliche
Literatur gegeben ist, die am Schlüsse in den An-
merkungen gewissenhaft verzeichnet wird. Es
hätten daher in den betreffenden Abschnitten
meines Erachtens nicht nur eine ganze Reihe von
Namen, die in erster Linie für den Spezialforscher
von Interesse sind, weggelassen, sondern auch die
Zahl der angezogenen Beispiele nicht unerheblich
verringert werden können, wodurch die ganze Dar-
stellung, die jetzt unter der Fülle zahlreicher
Einzelheiten bisweilen etwas leidet, an Klarheit
und Uebersichtlichkeit gewiss nur gewonnen
haben würde.
Aus diesem Grunde möchte Referent den, die
deutsche Dekoration und Möbelkunst behandelnden
Abschnitten den Vorzug geben, da diese weniger
ins Detail gehen und dadurch, dass sie sich nur
auf die bemerkenswertesten Erscheinungen und
gewisse typische Beispiele beschränken und zu-
gleich das Material in geschickter Weise zu be-
stimmten, meist lokalen Gruppen zusammenfassen,
ausserordentlich klar und anschaulich gehalten
sind. Dabei wird trotz einer gewissen Knappheit
alles Wichtige hervorgehoben, treffend charakteri-
siert und entsprechend seiner Bedeutung mehr
oder weniger ausführlich nach seiner technischen,
ästhetischen und kunstgeschichtlichen Seite ge-
würdigt. In dem Kapitel über die Mainzer
Tischlerkunst hätte vielleicht, falls dies nicht ab-
sichtlich unterblieben ist, noch die wundervolle
und virtuos geschnitzte Kanzel der dortigen Peters-
kirche erwähnt werden können, deren Meister nach
der Ueberlieferung der Hofbildhauer Peter Henke
war. Im übrigen aber bildet gerade die sichere
Beherrschung des grossen Stoffgebietes, wie sie
nur ein jahrelanges, eingehendes Spezialstudium
zu verleihen vermag, einen besonderen Vorzug des
Buches, zu dem sich weiter eine elegante und
fliessende Darstellungsweise gesellt, durch die es
dem Verfasser gelingt, das warme Interesse, das er
selbst für sein Thema empfindet, auch dem Leser
mitzuteilen und bis zum Schlüsse zu erhalten.
Leider stehen die Abbildungen nicht alle auf
 
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