Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

DOI Heft:
Zehntes Heft (Oktober 1906)
DOI Artikel:
[Rezension von: Frida Schottmüller, Zwei neuerworbene Reliefs des Luca della Robbia im Kaiser Friedrich Museum]
DOI Artikel:
Singer, Hans Wolfgang: [Rezension von: Samuel Isham, The History of American Painting]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0193

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Oktober-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

185

Frida Schottmüller, Zwei neuerworbene Re-
liefs des Luca della Robbia im Kaiser Friedrich-
Museum. Jahrbuch der Kgl. preuss. Kunst-
sammlung XXVII, 3.
1. Glasierte Tonlunette (Nr. 115 C. 0,83 : 1,54)
weiss auf blau. Aus englischem Kunsthandel.
Halbfigur der Madonna mit zwei adorierenden
Engeln. G-ross und schlicht. G-egen 1450. In en-
gem Zusammenhang mit den Lünetten von S.
Pierino und Via dell’Agnolo (Bargello). 2. Glasiertes
und bemaltes Tonrelief. (No. 115 B. 0,41: 0,32.) Ge-
schenk 1905. Madonna mit kosendem Kind. Ca. 1440.
S.
Amerikanische Kunst.
Samuel Isham, The History of American
Painting. New-York: Macmillan; gr. 8°. 1905.
SS. XVIII und 574, mit 12 Tafeln und 121
Basterdrucken. 25 Mk.
Das Werk bildet den 3. von 5 Bänden, die ins-
gesamt eine Geschichte der bildenden Kunst und
Musik in den Vereinigten Staaten Nordamerikas
bieten sollen. Der Bedakteur, John C. Van Dyke
betont in seiner kurzen Vorrede, dass er sich be-
sonders darum bemüht habe, die Abfassung eines
jeden Bandes in die Hände eines Mannes zu legen,
der über die Kunst, deren Geschichte er entwickeln
will, auch glaubwürdig und Achtung gebietend
schreiben kann, weil er sie — praktisch ausübt.
Auch an dieser Stelle sei diese kindisch-
törichte Scheinwahrheit — ein Lieblingsgedanke
Whistlers — mit aller Entschiedenheit zurückge-
wiesen. Jeder verständige und einsichtige Mensch
ist sich darüber klar, dass niemand weniger Be-
rechtigung hat, über die Malerei historisch und
kritisch zu schreiben, als derjenige, der es in
ihr zu erheblichen schöpferischen Leistungen ge-
bracht hat. Ishams Buch bestätigt natürlich diesen
Erfahrungssatz. Es ist ganz lesenswert, stellen-
weise wohl auch recht fliessend geschrieben, aber
es ist alles andere eher, als eine Geschichte der
amerikanischen Malerei.
Die Geschichte der amerikanischen Malerei zu
schreiben ist eine der merkwürdigsten Aufgaben,
zugleich leicht und schwer; leicht, weil ja die
Schüler der Künstler, mit denen die Geschichte
überhaupt einsetzt, wie Isham richtig bemerkt,
kaum erst gestorben sind — er hat manche noch
persönlich befragen können: schwer, weil wir noch
nicht den genügenden perspektivischen Abstand
gegenüber dieser jungen und kurzen Kunst haben,
und ferner, weil sich deren Leben, trotzdem es so

jung ist, nicht einmal alles in der Heimat abge-
spielt hat. Es gibt hier keine allmähliche Ent-
wickelung, vielmehr finden wir, dass ein zeitliches
Ideal jeweils von einem anderen abgelöst wurde.
Dass diese Ablösungen in noch höherem Grade
ruckweise als anderswo geschehen sollten, bedingte
das trennende Weltmeer, das ein allmähliches
Durchsickern von Einflüssen nicht so leicht zuliess,
wie es bei festländischen Grenzstaaten derEall ist.
Isham fängt, als echtes Kind der Zeit, mit
einem Kapitel über die „Primitiven“ an. Es ist
aber nur ein Füllkapitel; zu sagen hat er nichts
von Belang. Was hat schliesslich deBry und seine
phantastischen Beiseillustrationen mit amerika-
nischer Kunst zu tun! Das Kapitel wird mit Anek-
doten und kulturgeschichtlichen Glossen bestritten.
Wenn wir das dem Verfasser bei diesem Mangel
an Material nun auch nicht Übelnehmen können,
so sind wir jedoch berechtigt, etwas ganz anderes
zu verlangen, sobald er mit Copley und West, den
beiden Nestorgestalten amerikanischer Malerei, ein-
setzt. Jedoch auch hier bleibt diese „Geschichte“
merkwürdig. Es ist kaum mehr als feuilleto-
nistisches Geplauder. Bausteine zu einer solchen Ge-
schichte werden wohl zusammengetragen; aus dem
reichen Memoirenmaterial des 18. Jahrhunderts und
des beginnenden 19. werden viele Erzählungen her-
beigeholt, welche die damaligen Kunstzustände, das
äussere Leben und allenfalls den Charakter jener
Maler beleuchten, aber von ihrem Kunstschaffen
blutwenig sagen. Da gehen wir ziemlich leer aus,
während uns sogar abgeschmackte Witze, die nicht
das geringste mit der Kunst überhaupt zu tun
haben, vorgetischt werden. Jedweder zusammen-
fassende, höhere Gesichtspunkt, ja, eigentlich selbst
der Versuch einer entsprechenden ästhetischen
Würdigung fehlt. Das bleibt sich gleich, auch
in den folgenden Kapiteln, die Copleys und Wests
vergessene und nicht vergessene (G. C. Stuart und
Trumbull) Schüler behandeln. Erst bei der Be-
handlung der Zeit zwischen dem Krieg von 1812
und-dem Bürgerkrieg (1861—5) hebt sich die Dar-
stellung.
Die alte Kunst der Kolonialzeiten war ihrem
ganzen Wesen nach nur ein Ableger englischer
Malerei, hier wie dort von der Gunst der vor-
nehmen Welt getragen. Es ist bezeichnend hierfür,
dass jeder irgendwie bedeutende Maler dieser Zeit
seinen Buhm in der Heimat nur als eine Etappe
ansah, die es ihm ermöglichte, sich in London
niederzulassen, und alle griffen auch zu diesem
Schritt, sobald sie es nur konnten. Erst nach dem
Schluss des Krieges von 1812 war das Land wirk-
lich demokratisiert worden. Es hatte die Würde
des alten Adels gründlich verloren, noch nicht aber
 
Annotationen