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Anhang.

sehr oberflächlich mit dem Studium der Handzeich-
nungen Raffael's und seiner Schule beschäftigt — einem
Studium, das ja lange, lange Jahre einer ernsten, liebe-
vollen, uneigennützigen Hingebung erheischt. Nun trage
ich meinerseits die innigste Ueberzeugung in mir, dass
ohne eine intime Vertrautheit mit allen diesen mit Recht
oder mit Unrecht dem Urbinaten zugeschriebenen Wer-
ken — Zeichnungen und Gemälden — die hehre Per-
sönlichkeit des grossen Meisters uns nur nebelhaft vor
den Augen stehen wird. Raffael ist meines Erachtens
insofern von den meisten nicht vollkommen verstanden,
als man ihm Werke beilegt, die dem Geiste nach ihm
allerdings angehören, deren Ausführung jedoch von der
Hand seiner bessern Schüler, namentlich des Giulio Ro-
mano und Perino del Vaga, herrührt. Nur einem durch
vieljährige, unausgesetzte Studien geübten Auge kann
es daher vergönnt bleiben, wenn auch nicht immer, doch
in vielen Fällen die echten, von der Hand Raffael's allein
ausgeführten Werke von den ihm zugerechneten Zwitter-
werken seiner Schüler zu scheiden und die Kluft zu
erkennen, die auch in der Technik den göttlichen
Meister von allen seinen Nachahmern trennt. Doch
genug davon — ich will nicht vor der Zeit in ein solch
gefährliches Wespennest hineinstechen, da ich ja noch
so lange auf dieser Erde zu verweilen hoffe, um diesen
für die Kunstgeschichte so interessanten Punkt syste-
matisch meinen jungen Freunden, d. h. den hominibus
novia et bonae voluntatis, darlegen zu dürfen. Für einen
Mann aber, der, wie mein verehrlicher Gegner, selbst
in der zweiten Auflage seines Raffaelbuches (1886)
seinem Helden immer noch Caricaturen, wie unter vielen
andern die Zeichnungen auf S. 91, auf S. 193 (siehe die
zwei oben abgebildeten Fälschungen), auf S. 207, auf
S. 542, oder wie auf S. 232 die Zeichnung eines unter-
geordneten Peruginesken (siehe Lille, Musee Wicar,
Nr. 681) zuzuschreiben im Stande ist; für einen Mann,
 
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