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Michiel, Marcantonio; Frimmel, Theodor von [Oth.]
Der Anonimo Morelliano (Marcanton Michiel's notizia d'opere del disegno) (Band 1): Text und Übersetzung — Wien: Graeser, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.72081#0026
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XXII

EINLEITUNG.

der anderen aber sich gleich wieder auf den Standpunkt dessen
zu stellen, der dem italienischen und der Kunstgeschichte ver-
hältnissmässig fern steht. Den Fachgenossen müssen die meisten
Noten auf den deutschen Seiten überflüssig erscheinen; andere
würden vielleicht wieder mehr Noten gewünscht haben. In
ähnlichen Dingen lässt es sich kaum jemandem recht thun.
Eine Umstellung von Nebensätzen, eine Verschiebung von
Worten ist nur selten vorgenommen worden. Häufig aber war
es nothwendig, die langen Sätze des Originals in mehrere
kürzere zu zerlegen. Unsichere Stellen sind als solche gekenn-
zeichnet, die Uebersetzung von „parco" als „Chorschranken"
etwa ausgenommen. Ein deutsches Wort, das den Begriff von
„parco" decken würde, ist meines Wissens noch nicht gefunden.
Bald scheint „parco" etwas wie einen Lettner zu bedeuten, bald
etwas wie ein Gurtgesimse oder wie ein Geländer, das den
Chor vom Hauptschiff einer Kirche trennt, ohne dass man
parco deshalb für eine verdorbene Form von „banco" halten
dürfte. Denn „banchi" kommt auf Seite 65 ganz in der Nähe
von „parco" vor. Wohl bezeichnet es jenen Theil der Kirche,
den wir Presbyterium nennen.
Ueber die weitaus meisten Fälle belehrt Boerio's „Dizionario
del dialetto veneziano"1) (Venedig 1829), sowie das aufmerk-
same Anhören des heutigen venetianischen Dialektes. „Tardi
sunt Veneti, eorumque pronuntiatione nihil putidius", heisst es
zum Theil zutreffend in den „Forcianae quaestiones" von i535,2)
wo unter Anderem auch von den verschiedensten Dialekten
Italiens die Rede ist. In den wesentlichen Zügen ist wohl die
Sprache Venedigs noch heute so wie zu den Zeiten Michiel's.
Wie man es bei ihm geschrieben findet: cusi für così, oder pol
für può, so hört man es noch heute in der eigenartigen Lagunen-
stadt. Noch immer wird für Giorgio „Zorzo", für genero „zenero",
für Giovanni „Zuan" gesagt. Die hier gegebene Uebersetzung

, In einigen Fällen war auch das Aufschlagen der „Dizionario uni-
versale di scienze lettere ed arti" der Η. Η. Lessona und A-Valle (Mai-
land 1875) von Nutzen.

2) „Forcianae quaestiones in quibus varia Italorum ingenia explicantur
multaque alia scitu non indigna. Autore Philalethe Polytopiensi Ciue."
Neapel Mart, de Ragusia i535.
 
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