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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 17.1864

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https://doi.org/10.11588/diglit.25835#0279

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271

Kleine Frühstücksplaudereien.

Ziemliches Aufsehen erregt dahier eine Flilgschrift von E. Schreiner:
Sendscbreiben an die Commission der Akademie der Künste, in Ange-
legenheiten der P ho tographie. Gcnannte Commission hatte sich
nämlich begntachtend dahin ausgesprochen, daß photographische Porträts
wie Erzengnisse der Kunst zu schntzen seien, da Arrangement nnd Be-
leuchtnng eine geistige Thätigkeit erforderir. Hr. Schreiner will nnn dieß
nicht gelten lassen; die einzig mögliche Beleuchtung, bei welcher das
Gesicht bervortritt, ergebe sich von selbst, das Arrangement eben so, da
es doch Niemanden einfallen werde, eine Person anf den Kops oder in
die Ecke des Rahmens zn stellen. Wenn die Legung des Faltenwurfes,
z. B. an einem Mantel u. dgl. knnstlerischer Natur sei, dann müßten
Tapezierer, Frisenrs n. dgl. anch als Künstler nnd ihre Leistungen als
geistiges Eigenthnm gelten. Daß jedoch photographische Aufnahmen, die
nnr untcr besonderer Mühe, Gefahr oder auch Protektion geschehen können,
privilegirt sein müßen, gesteht auch Herr Schreiner zn. Wenn z. B.
Herr v. Bismark gegen einen Photographen die Gesälligkeit hätte, ihm
in beliebigem Costüm oder in irgend einer bezeichnenden Stellung zu
sitzen, so müßte das Prodnkt, ob Kunstwerk oder nicht, vor Nachahmung
aus demselben Grnnde geschützt werden, aus welchem der Nachdrnck ver-
boten ist.

Ein Herr Schneider, früher Direktor der „8nlle R-omnink" auf
der Jakobidult, wo „pikant" sein sollende lebende Bilder dargestellt wur-
den, reist gcgenwärtig in Oestrcich mit einer Gesellschaft, die er sür die
Hauptd arite ller des letzten Passions sp iels in Ober ammergan
ausgibt. Er gastirt gegenwärtig in Linz und will später in Wien die
ganze Vorstellung in einem großen Circus arrangiren. Hosfentlrch
ist es nicht richtig, daß die wahren Darsteller des ächten Passionsspiels
nnter einem Akrobatendirektor sich auf eine solche „Kunstreise" begeben;
wenn es aber so wäre, müßten wir's im Jnteresse der Oberammergauer
selbst lebhast bedauern. Das llnternehmen würde dadurch zn einer Co-
mödianterie, wie man sie auch anf Messen trifft, und müßte die Passions-
vorstellung des Jahres 1870 allen Nimbns verlieren.— Sollten die
Jnhaber derHauptrollen die Originalität und den charakteristischenWerth
der Passionsdarstellung in dieser Art aus's Spiel setzen, so hätte die Ge-
meinde Oberammergan wirklich wenig llrsache, ihnen dankbar zn sein.

Snbmarineingenieur Bauer hielt nun anch in Dresden, im Lin-
ke'schen Bade, einen Vortrag über seine Ersindnng. Der Saal war von
einigen Tansend Menschen besucht. Die „Dresdener Nachrichten" theilen
ans der Rede des Herrn Bauer folgende Stelle mit, die, wenn sie richtig
gegeben ist, sonderbar genug lautet, nämlich: „So lange mich mein
Gott kennt, da habe ich ihn noch nicht so weit kennen gelernt, daß er
auf die See drückt — ich aber (!) drücke anf sie, ich habe es so weit ge-
bracht!" — Es ist nur gut, wenn man weiß, wer anf der See eigentlich
Herr ist. Wir wünschen Herrn Bauer nnr, daß er es ^so weit bringen
möge, auch auf die Börsen seiner glänbigen Zuhörer so zu drücken, daß
das Gewünschte heranskommt.
 
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