Giovanni da San Giovanni.
Von Ludwig von Buerkel.
Toscana, die Mutter der neueren Kunft, hat alternd noch die Kraft gehabt,
ein Genie zu gebären Giovanni Manozzi, genannt Giovanni da San Giovanni.
Die Künfte hatten Toscana verlaßen und waren nach Rom gezogen an den Hof
ehrgeiziger Päpfte und verfchwenderifcher Kardinale. Eine Unzahl von fchwäch-
lichen Epigonen, die im beften Falle hübfch zu dekorieren verftanden, quälten die
Welt — die’s damals nicht empfand — mit geiftlofen Wiederholungen oder Über-
treibungen der Formen Michelangelos. Erft das grauende Seicento brachte wuchtige
Anftürme von Neuerern aus der Provinz.
Giovanni da San Giovanni ift unter ihnen nicht gewefen. Sonft wäre fein
Name klangvoll wie die Namen der anderen, die mit ihrer Kunft in Rom in
den Kampf gezogen find: Die Caracci, Domenichino, Reni, Guercino, Caravaggio,
Salvator Rofa. Nur einen größeren Auftrag, die Ausmalung der Apfis der
uralten wunderfchönen Kirche S. Quattro Coronati hat er dort mit Anftand
ausgeführt, um zu erkennen, daß Marterqualen in aller Entfetflichkeit zu fchildern
— wie es der verderbte römifche Gefchmack verlangte — feiner Natur widerfpräche.
Er war ein heiterer, witjig bifßger Toscaner, in der Provinz geboren und gemacht,
in der Provinz zu fterben. Ungefunder Sinnlichkeit oder gelehrten Befehlen hätte
er fich nicht gefügt. Der Gedanke fprudelte, wenn fein Pinfel floß; was brauchte
er in Rom zu malen, was er nicht wollte, wenn in Florenz das Volk, die Bürger,
die Edlen und Fürßen jeder feiner Launen zujubelten, je mehr, defto derber
fie geraten war.
Mit fpiqfindiger Klugheit und allergrößter Weisheit hatte der gelehrte groß-
herzogliche Bibliothekar Francesco Rondinelli einen Plan für die Ausmalung eines
Raumes im Palazzo Pitti entworfen. Die Heirat der letzten Rovere, Prinzeffin
Viktoria mit Ferdinande II. gab den Anlaß. Giovanni, weit und breit berühmt
wegen feiner Freskomalereien, sollte die Gedanken in Farbe überfeinen. Er
aber dachte anders und legte auch feinerfeits einen Entwurf vor, nach
feinem Geiste. Der Hof war derbluftig genug, um den gelehrten Rondinelli
wieder hinter die Bücher und den witzigen Giovanni auf das Gerüft zu
fetten, damit er feinen Farbentanz begänne. Der Saal ift mächtig in den Verhält-
niffen, belichtet von zwei hochliegenden Fenftern und gewölbt. So mußte fich die
Ausmalung in die Zierung der Decke mit ihren Zwickeln und in die Schmückung
der Wandlunetten teilen, die von Türen zum Teil durchbrochen find. Der Saal,
in dem die farbfrifchen Werke unferes Meifters erhalten find, ift viel befucht.
Von Ludwig von Buerkel.
Toscana, die Mutter der neueren Kunft, hat alternd noch die Kraft gehabt,
ein Genie zu gebären Giovanni Manozzi, genannt Giovanni da San Giovanni.
Die Künfte hatten Toscana verlaßen und waren nach Rom gezogen an den Hof
ehrgeiziger Päpfte und verfchwenderifcher Kardinale. Eine Unzahl von fchwäch-
lichen Epigonen, die im beften Falle hübfch zu dekorieren verftanden, quälten die
Welt — die’s damals nicht empfand — mit geiftlofen Wiederholungen oder Über-
treibungen der Formen Michelangelos. Erft das grauende Seicento brachte wuchtige
Anftürme von Neuerern aus der Provinz.
Giovanni da San Giovanni ift unter ihnen nicht gewefen. Sonft wäre fein
Name klangvoll wie die Namen der anderen, die mit ihrer Kunft in Rom in
den Kampf gezogen find: Die Caracci, Domenichino, Reni, Guercino, Caravaggio,
Salvator Rofa. Nur einen größeren Auftrag, die Ausmalung der Apfis der
uralten wunderfchönen Kirche S. Quattro Coronati hat er dort mit Anftand
ausgeführt, um zu erkennen, daß Marterqualen in aller Entfetflichkeit zu fchildern
— wie es der verderbte römifche Gefchmack verlangte — feiner Natur widerfpräche.
Er war ein heiterer, witjig bifßger Toscaner, in der Provinz geboren und gemacht,
in der Provinz zu fterben. Ungefunder Sinnlichkeit oder gelehrten Befehlen hätte
er fich nicht gefügt. Der Gedanke fprudelte, wenn fein Pinfel floß; was brauchte
er in Rom zu malen, was er nicht wollte, wenn in Florenz das Volk, die Bürger,
die Edlen und Fürßen jeder feiner Launen zujubelten, je mehr, defto derber
fie geraten war.
Mit fpiqfindiger Klugheit und allergrößter Weisheit hatte der gelehrte groß-
herzogliche Bibliothekar Francesco Rondinelli einen Plan für die Ausmalung eines
Raumes im Palazzo Pitti entworfen. Die Heirat der letzten Rovere, Prinzeffin
Viktoria mit Ferdinande II. gab den Anlaß. Giovanni, weit und breit berühmt
wegen feiner Freskomalereien, sollte die Gedanken in Farbe überfeinen. Er
aber dachte anders und legte auch feinerfeits einen Entwurf vor, nach
feinem Geiste. Der Hof war derbluftig genug, um den gelehrten Rondinelli
wieder hinter die Bücher und den witzigen Giovanni auf das Gerüft zu
fetten, damit er feinen Farbentanz begänne. Der Saal ift mächtig in den Verhält-
niffen, belichtet von zwei hochliegenden Fenftern und gewölbt. So mußte fich die
Ausmalung in die Zierung der Decke mit ihren Zwickeln und in die Schmückung
der Wandlunetten teilen, die von Türen zum Teil durchbrochen find. Der Saal,
in dem die farbfrifchen Werke unferes Meifters erhalten find, ift viel befucht.


