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Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst — 2.1907

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Uhde-Bernays, Hermann: Anselm Feuerbachs Lehrer Thomas Couture
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https://doi.org/10.11588/diglit.69956#0142

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ANSELM FEUERBACHS LEHRER THOMAS
COUTURE.
VON HERMANN UHDE-BERNAYS.
„Das Vorurteil ist ebenso geschäftig, die bisherigen Grenzen der Kunst zu
wahren, wie das Genie begierig ist, dieselben einzureißen." Gegenüber diesem
treffenden Worte des französischen Kritikers La Harpe,1) das herb und schonungs-
los an der künstlerischen Individualität Anselm Feuerbachs seine plebejische
Wahrheit bekundet2), ist es vielleicht ein bescheidener Trost wahrzunehmen, daß
gar häufig steigende Anerkennung und künstlerischer Niedergang zusammenfallen.
Deutlich zeigt es sich bei Makart, sicher bei Thoma und Böcklin! Auch der
französische Lehrer Anselm Feuerbachs, Thomas Couture, auf dessen Feindschaft
gegen das Aufsteigen Delacroix sich die erste Hälfte des oben angeführten Satzes
wohl anführen ließe, hat diesen Sorgenbecher leeren müssen. Freilich erst,
nachdem er den Becher des Glücks, den er töricht für unerschöpflich hielt, in
flüchtigem Rausche geleert hatte.
Von dem hellen Licht, welches jetzt endlich über Feuerbachs Schöpfungen
strahlt, fällt wohl einmal ein schwacher Streif auf Couture, den Einsiedler von
Villers le Bel. Der Alte, der da draußen bei Schaufel und Spaten in der Pose
des Ibsenschen Bankdirektors Borkman den Ruf erwartete, der von außen
kommen sollte, während in seinem Inneren der Funke längst erloschen war, ver-
dient es, daß dieser undeutlich flackernde Schein sicher und nach seinem Ver-
dienst gerecht auf ihn falle. Couture ist nicht der Einzige gewesen, von dem
Feuerbach wirklich gelernt hat da kamen spätere Bedeutsamere —, aber er
war der Erste, und sein Einfluß auf den Schüler war nicht so gering, als
dies im allgemeinen angesehen zu werden pflegt. Es lohnt sich, hier einmal
prinzipielle Uebereinstimmungen zu beobachten, schon deshalb, als bisher nur ein-
mal flüchtig auf die Wichtigkeit einer solchen Untersuchung hingewiesen wurde.3)
Dabei wird es auch möglich werden, die grausame Ablehnung, die Couture noch
9 eloge sur Voltaire.
") Man erinnert sich seines schwermütigen Ausspruches: „Nicht im Leben, sondern
am Leben zu Grunde gehen, das ist ein hartes Wort." — Solche Worte haben Veranlassung ge-
geben, eine geistige Uebereinstimmung Feuerbachs mit Richard Wagner herauszukonstruieren
(Segnitz, R. Wagner ed. A. Feuerbach, Rivista musicale Italiana. Jahrg. XIII. Milano 1906.
S. 244 ff.), während doch — wenn schon einmal durchaus verglichen werden soll! — weit eher
rein äußerliche Aehnlichkeiten zwischen Wagner und Makart sich finden ließen.
8) W. Weigand, Anselm Feuerbach und sein Vermächtnis. Süddeutsche Monatshefte.
1. Jahrgang. S. 144, 145.
 
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