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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 12
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Léon, R.: Herstellung polychromer Reliefdarstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.36596#0049

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München, 5. März 1906.

Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint 14tägig unter Leitung von Maier Ernst Berger.

H. Jahrg. Nr. 12.

Inhalt: Herstellung polychromer Reliefdarstellungen. Von Bildhauer R. Leon. — Martin Knollers Freskogemälde im Bürger-
saale zu München. — Einiges aus der Chemie der „Metallischen Farben". Von Chemiker Georg Büchner, München
(Schluss). — Nachtrag zur Leinwandgrundierung. — Literatur.

Herstellung polychromer Reliefdarstellungen.
Von Bildhauer R. Leotl.

In vielen Fällen ist es, insbesondere um Zeit
zu ersparen, zweckmässig, die gewünschte Dar-
stellung in Gips aufzutragen, anstatt sich zuerst ein
Ton- oder Wachsmodell herzustellen und dieses
abzugiessen. Als Grund für diese Arbeit sind un-
bedingt Gipsplatten zu empfehlen, weil der aufge-
tragene Gips infolge des verschiedenen Wärmeaus-
dehnungscoeffizienten von jeder anderen Unterlage
abspringt. Man erhält die Gipsplatten durch Auf-
giessen von dünnem Gipsbrei auf leicht einge-
fettete Spiegelglas- oder Kelheimer-Platten. Ist
die gewünschte Fläche zu gross, um sie durch
einmaligen Guss zu erhalten, so giesst man meh-
rere Platten, welche man mit Schrauben auf einem
Holzbrett i— welches selbstverständlich durch
Schubleisten gegen das Schwinden geschützt sein
muss — nebeneinander befestigt. Die dichte Ver-
bindung untereinander erhält man durch Aus-
giessen der Fugen und der vorhandenen Schrau-
benlöcher mit sehr dünnem Gipsbrei, nachdem
zuvor die Platten gut durchfeuchtet wurden. Der
überschüssige Gips wird nun mit Spachtel oder
Ziehklinge und nassem Pinsel entfernt. Zu be-
merken wäre noch, dass keinesfalls blanke Eisen-
schrauben, sondern am besten Messing- oder ver-
zinkte Eisenschrauben verwendet werden dürfen.
Der auf diese Weise hergestellte Grund kann
dann, falls erforderlich, noch mit Zahn-Kratzer
und Glaspapier übergangen werden. Auf dem
Grunde kann dann eine Konturskizze gemacht
werden und ist nun, nachdem er gut befeuchtet,
zum Aufträgen bereit. (Der Gips soll so feucht
sein, dass ein Wassertropfen von der Oberfläche
nicht sofort verschwindet, ein Prinzip, welches
beim Aufträgen von Gips auf Gips stets berück-
sichtigt werden muss.)

Zum Aufträgen soll zweckmässigerweise
nicht reiner Gips verwendet werden, nachdem
dieser in so kurzer Zeit trocknet, dass es sehr
schwierig ist, die gewünschten Formen darzu-
stellen; es empfiehlt sich infolgedessen, eine
Stuckmasse zu verwenden, deren Zusammen-
setzung ich im folgenden wohl nur qualitativ
angeben kann, nachdem die Mischungsverhältnisse
bei verschiedenen Materialien variieren, jedoch
durch wenige Versuche leicht festzustellen sind.
In einem Gefäss bereitet man sich Kalk-
milch aus reinem, frisch gelöschtem Kalk, in
einem zweiten Gefäss Leimwasser, sodann be-
nötigt man reinen, gewaschenen Wellsand. An
Stelle des letzteren kann insbesondere bei klei-
neren Arbeiten Marmorstaub, eventuell auch
Schlemmkreide Verwendung finden. Als Gips-
sorten kann man wohl die meisten gut binden-
den Qualitäten verwenden. Der Gips wird mit
gestandenem Wasser, dem man beiläufig */6 Kalk-
milch und etwas Leimwasser zusetzt, in gewöhn-
licher Weise angerührt, wobei man gleichzeitig
Sand zufügt (ungefähr */.t bis 1/3). Die Kon-
sistenz soll die eines dünnen Breies sein.
Das Aufträgen geschieht mit Spachtel und
Modellierholz, ferner kann vor dem vollständigen
Erhärten der Masse mit nassem Borstpinsel ge-
arbeitet werden.
Das auf diese Weise hergestellte Relief muss
nun vollständig austrocknen, worauf die Ober-
fläche zur Aufnahme der Farbe präpariert wird.
Für Oelfarbe empfiehlt es sich, das Relief mit
heissem Leinölfirnis einzulassen; für Tempera
verwende ich gewöhnlich Schellacklösung, die
mehrmals aufgetragen wird. Bei Vergoldung mit
Blattgold wird am besten mit Mixtion grundiert.
 
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