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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 13
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Buss, Otto: Ueber Tempera, Gummi, Leim und Kasein
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Uebelstände bei mit Zentralheizung versehenen Ateliers
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0056

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52

Münchner kunsttechnische matter.

Nr. 13.

der Luit zu Körnern oder Klumpen erstarren, mit
Gummi. Die Abscheidung der gummibildenden
Sekrete aus der Pflanze ist oft ein natürlicher,
meist ein pathologischer Vorgang, indem die
Pflanzen zur Abscheidung der Sekrete durch
einen äusseren Eingriff, Verletzung der Epidermis
durch mechanische Eingriffe, Insektenstiche, oder
absichtliche Einschnitte durch Menschenhand ver-
anlasst werden. Die natürlichen Sekrete sind also
natürliche Stoffwechselprodukte der Pflanze, die
diese ausstösst, die pathologischen entstehen durch
den Reiz des mechanischen Eingriffs und dienen
dem Organismus zum Schutz gegen dessen Folgen.
Die Sekrete sind nun verschiedener chemi-
scher Natur. Sie sind entweder Lösungen von
Harzen in ätherischen Oelen. Sind diese ätheri-
schen Oele leicht flüchtig, so verdunstet dieses
nach dem Austritt aus der Pflanze, das Harz in
fester Form zurücklassend als tränenförmiges Ge-
bilde oder mehr oder weniger grosse Klumpen.
Es sind dies die Harze. Oft ist das ätherische
Oel des Sekretes schwer oder nicht flüchtig, so
dass das Sekret seine Zusammensetzung behält
und eine mehr oder weniger flüssige, ölige oder
honigartige Masse darstellt, bestehend aus dem
Oel und Harzen. In dieser Form haben wir
einen Balsam. Venetianischer und Strassburger
Terpentin, Copaiva-, Canada-, Perubalsam sind
solche Balsame.
In wieder anderen Fällen ist das Sekret eine
Lösung von kohlehydratartigen Schleimsubstanzen
in Wasser, welches verdunstet und die Schleim-
substanz in fester Form zurücklässt. Dies sind
die eigentlichen Gummiarten im engeren Sinne.
Endlich ist das Sekret eine Emulsion solcher
Schleimsubstanzen mit Harzen oder Balsamen, bei
den nach dem Verdunsten des Wassers und even-
tueller ätherischer Oele das feste Gemisch von
Schleimsubstanz und Harz zurückbleibt. Solche
Schleimsubstanz und Harze enthaltende Sekre-
tionen sind die Gummiharze.
Im Welthandel wie in der drogistischen und
pharmazeutischen Praxis werden nun alle diese
Sekrete in fester Form mit Gummi bezeichnet,
sowohl echte Harze wie Gummiharze und echte
Gummi, und auch in den alten Malerbüchern
finden wir diese Bezeichnungsweise.
Gummi mastix, Gummi sandarac, Gummi
elemi, Gummi benzoe, Gummi dammar sind echte
Harze.
Gummi ammoniacum, Gummi olibanum sind
Gummiharze.
Gummi arabicum, Gummi traganth., Kirsch-
gummi sind echte Gummi im engeren Sinne des
Wortes.
Für die maltechnische Praxis ist es gut, den
Gebrauch des Grosshandels nicht zu übernehmen,
sondern zwischen Harzen, Balsamen, Gummiharzen
und Gummiarten zu unterscheiden.

Die Bindemittel der Gummitempera sind die
echten Gummiarten, Gummi arabicum, Kirsch-
gummi und Tragantgummi.
Der arabische Gummi, Gummi arabicum,
auch Senegalgummi genannt, ist das eingetrock-
nete Sekret einiger Akazienarten (Acacia Verek,
Ac. Guilandinus, Ac. Baring usw.), die im Norden
Afrikas, im Sudan, in Aegypten und Arabien hei-
misch sind. Es war schon im Altertum bekannt
und im Gebrauche und ist seither stets in grossen
Mengen für zahlreiche Verwendungszwecke nach
Europa gebracht worden. (Fortsetzung fo!gt.)
Uebelstände bei mit Zentralheizung
versehenen Ateliers.
Ein Abonnent des Bfattes, Mafutensilienhändler
H. in Berlin, ersucht uns, die Meinungen der Künstler
über die Uebelstände mit Zentraiheizungen versehener
Ateiiers einzuholen. Die Zuschrift besagt:
„Seitdem die meisten Ateiiers mit Zentralheizung
versehen sind, hören die Kfagen nicht auf, dass
die Maiieinen faitig werden. Trotz Nachspannens
ereignen sich dieseiben Uebelstände. Ich bin über
dreissig Jahre in der Malutensiiienbranche tätig, kann
mir also anmassen, Bescheid zu wissen, wie Mai-
ieinen zu spannen ist; aber gegen das Faitigwerden
in vorher beschriebenen Räumen weiss ich mir
keinen Rat. Ich sorge in meiner Werkstatt für
trockenes Hoiz, beziehe nur gutes Malieinen, mehr
kann ich nicht tun und trotzdem kommen Klagen
über faltige Maiieinen, wenn die Rahmen einige
Zeit in den heissen Ateiiers sind. Ich vermute,
dass in den wenigsten Ateiiers lür Auswechslung
der Luft gesorgt wird. Auch ist es vorgekommen,
dass Maibretter, weiche ich jahreiang in tadeiioser
Quaiität auf Lager hatte, in den Ateiiers sich verzogen
haben. Die Künstier nehmen dann an, ich habe ihnen
geringe Qualitäten geiiefert. Heute z. B. bekam ich
eine Palette zurück, weiche die Form einer Moiie an-
genommen hatte; aus meinem Geschäft wurde sie
tadeiios geiiefert. Jedenfaiis ist die Paiette gereinigt
worden und zum schnelleren Trocknen in die Nähe
der Heizung gebracht."
Wir geben dem Herrn Einsender recht, wenn er
der Zentralheizung die Schuld an den oben beschriebenen
Uebelständen zuschreibt und würden raten, durch Auf-
stellen von Verdampfschalen und wiederholte Lüftung
für die Erneuerung der Luft Sorge zu tragen. Die
Malgründe, besonders Leinwand, sind für den Wechsel
von trockener und feuchter Luft empfindlich, nicht
minder auch die Keilrahmen. Zu diesen wird vielfach
nicht genügend trockenes, sogar grünes Holz genommen,
auch wird die Stärke des Holzes nicht im Verhältnis
zur Grösse gewählt. Die jetzt meist im Gebrauche be-
findlichen „Patent-Keilrahmen" sind nicht breiter als
5 cm und haben eine Stärke von 2 cm (in der Ab-
schrägung nur i'/a cm). Beträgt die Bildgrösse mehr
als i m, dann sollte stets eine Querleiste angebracht
werden, bei 2 m Grösse ein Querkreuz, überdies
müsste die Holzstärke dann mindestens auf 8—-to cm
Breite und 4 cm Dicke erhöht werden, damit ein
Werfen und Verziehen des Rahmens vermieden wird.
Dass durch die trockene Luft der Zentralheizung
auch die Zierrahmen Schaden leiden, ist wiederholt
bemerkt worden; die aufgelegten Ornamente auf
fabrikmässig hergestellten Kehlleisten brökein ab, die
Winkel gehen auseinander und der Schaden lässt sich
kaum mehr reparieren.
 
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