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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 14
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Berger, Ernst: Allerlei Fragen, Wünsche und Beschwerden, [3]
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Buss, Otto: Ueber Tempera, Gummi, Leim und Kasein, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0059

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Nr. 14.

Münchner kunsttechnische Blätter.

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d. h. wegen des Gehaltes an nicht trocknenden
Fetten im Bindemittei. Aber eine technisch nicht
zu verachtende Eigenschaft war da: die aufge-
tragene Farbe erhärtete, ohne den Ton nur
im geringsten verändert zu haben. Also eine
in Art des Pastells aufgetragene Farbe, die ohne
irgendein Hinzutun sich von selbst fixierte! Ist
es denn nicht denkbar, eine Pastellfarbe zu kom-
binieren, welche die Eigenschaften der Raffaelli-
Stifte mit den Vorzügen des Stereopastells ver-
einigen könnte? Ein Material, etwa von der
Schmiegsamkeit und Weichheit der Fettschminken
unserer Schauspieler, das nach der Fertigstellung
der Malerei von selbst oder durch irgendein
Mitte! in sich erhärtet, sei es nun durch eine
sich bildende chemische Verbindung oder auf
eine andere Art und Weise, z. B. Erhitzung.
Vielleicht ist die Zeit nicht mehr allzuweit,
die uns ein solches Idealpastellmaterial beschert,
das leichte Behandlung, dauernde Festigkeit und
die in keiner anderen Technik so leicht her-
stellbare Zartheit in sich vereinigt.
(Schluss folgt.)
Ueber Tempera, Gummi, Leim und
KaSem* (Fortsetzung.)
Aus dem Nachlass von Dr. Otto Buss j*-
Als rohe Droge stellt Gummi Stücke von ver-
schiedener Form, meist rundliche Klümpchen, dar
von verschiedener Färbung und Klarheit, von
trübem Braunrot bis zu glasähnlicher Farblosig-
keit. Die rohe Droge wird sortiert und die ver-
schiedenen Stücke je nach Farbe, Klarheit und
Reinheit zu verschiedenen Sorten vereinigt, deren
beste die reinen, glashellen Stückchen enthält
und als Albissimum electum vorzüglich pharma-
zeutischen Zwecken dient.*)
Reine, schöne Stücke sind wasserhell, durch-
sichtig, glasartig hart spröde, mit glänzendem
Bruch, leicht pulverisierbar ohne kristallinische
Struktur. Er ist löslich in Wasser in beinahe
jedem Verhältnis, damit eine klare, schleimige
Flüssigkeit von hoher Klebkraft bildend; in Al-
kohol, Aether, Benzin, Petroleum, Terpentinöl,
ätherischen und fetten Oelen ist er unlöslich. Aus
wässeriger Lösung wird er durch Alkohol gefallt
und dieses Verhalten dient zu seiner Reinigung.
Ausgesuchte reine Stücke in Wasser gelöst, blank
filtriert, mit Alkohol gefallt und mit Alkohol ge-
trocknet, liefern die feinste und teuerste aller
Gummisorten. Er ist verwandt mit den Zucker-
arten und liefert solche beim Kochen mit Säuren.
Bei längerem Stehen machen Gummilösungen eine
Gärung durch, wobei sie sauer werden.
*) Gummi kommt häufig pulverisiert in den Handel,
in welcher Form er dann leicht verfälscht werden
kann. Es ist also zu empfehlen, pulveriserten Gummi
nur bei absolut zuverlässigen Quellen zu beziehen,
wenn man sicher sein will, reine Ware zu erhalten.

Arabischer Gummi besteht aus dem Kalium-
und Calciumsalz der Arabinsäure oder Gummi-
säure, die man mit Arabin bezeichnet hat.
Kirschgummi, Pflaumen-, Mandelbaumgummi
sind Ausscheidungen von Kirsch-, Pflaumen-,
Pfirsich- und Mandelbäumen, in Form von meist
rötlichen oder bräunlichen Klumpen, die, gleich-
gültig von welchem der genannten Bäume sie ge-
wonnen werden, gleich zusammengesetzt sind:
Kirschgummi ist dem arabischen ähnlich, er ist
viel zäher, nicht spröde, selten von heller Farbe.
In kaltem Wasser ist er nicht löslich, sondern
quillt zu einer schleimigen Gallerte auf, die erst
beim Kochen flüssig wird. Er bedarf zu seiner
Lösung eine bedeutend grössere Menge Wasser
als arabischer. Anderen Lösungsmitteln gegen-
über verhält er sich wie der arabische Gummi.
Da er nur beschränkte Anwendung findet, so
wird er im Handel auch nur selten, nicht in so
verschiedenen Sorten und Reinheitsformen und
nicht pulverisiert angetroffen. Da Kirschgummi
bei gleicher Konzentration viel dickflüssigere
Lösung ergibt als arabischer, so wird er für
Malzwecke häufig diesem vorgezogen, weil die
damit gebundenen Farben pastös, dickflüssig und
dabei in hohem Grade schlüpfrig und duktil sind,
sich also angenehm vermalen lassen.
Kirschgummi besteht aus einem Gemisch
von Arabin und Bassorin (Pflanzenschleim).
Tragantgummi ist charakteristisch durch
seine Form. Die Tragant liefernden Astragalus-
arten in den regenarmen Gebirgen Kleinasiens
produzieren innerhalb des Holzes den Gummi, der
zur Regenzeit aus dem nun reichlich Wasser
führenden Gewebe des Strauches Wasser auf-
nimmt, quillt, die Rinde sprengt und aus den
Rissen austritt. Er erhält dabei die Form eigen-
tümlich gewundener und gekrümmter Lamellen,
auf denen als Längsrillen noch die Eindrücke
der Ränder der Rindenspalte zu erkennen sind.
Tragant ist sehr hart und zähe, hornartig,
von heller bis weisser Farbe, trübe, nicht klar
wie der arabische. Gegen Wasser verhält er
sich wie Kirschgummi, er quillt zu einer schlei-
migen, nicht filtrierbaren Flüssigkeit. Auch in
seinen übrigen Eigenschaften ist er in jeder Hin-
sicht ähnlich dem Kirschgummi.
Tragant besteht zur Hauptsache aus Bas-
sorin (Pflanzenschleim).
Die Eigenschaften der Gummiarten mussten
zu ihrer Verwendung in der Malerei führen und
so finden wir denn auch den arabischen Gummi
als hauptsächlichstes Bindemittel für die Illumi-
nierkunst, die Miniaturmalerei zur Ausschmückung
der Handschriften.
Für Tafelmalerei ist die Gummitempera aus-
gebildet bei Theophilus. Nach dieser Technik
werden die Farben mit Kirschgummilösung an-
gerieben und vermalt auf Kreidegrund. Die erste
 
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