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Münchner kunsttechnische Blätter — 5.1908/​1909

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Nr. 15
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Mai, Johann: Das Zeichnen für Illustrationszwecke
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Stempel, Karl: Einiges über Gemäldeerhaltung und Gemälderenovierung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36593#0063

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Nr. ,5.

Münchner kunsttechnische Blätter.

59

solches gebraucht, welches rauh und narbig und nicht
von tadelloser Reinheit und Weisse ist, dann macht
man den Reproduktionsphotographen in den chemi-
graphischen Anstalten die Arbeit unnötig schwer.
Das Korn bezw. die Rauheiten derartiger Zeichen-
papiere bildet sich nämlich, bei den photographischen
Aufnahmen ebenfalls mit auf den hierbei erhaltenen
Negativen ab, weil die kleinen Erhöhungen und Ver-
tiefungen Schattenbildungen verursachen, die bei den
Aufnahmen sehr deutlich auf den Negativen sich mar-
kieren. Es muss deshalb auf eine tadellos glatte,
ebene Fläche auf dem Papier hauptsächlich geachtet
werden und empfehle ich das für diese Zwecke speziell
hergestellte Ton- oder Schabpapier, welches mit einer
Kreideschicht überzogen ist, auf dem jede Linie, jeder
Strich und jeder Punkt so sauber und exakt beim
Zeichnen ausfällt, wie auf dem besten Zeichenpapier.
Der grosse Vorteil des glatten Ton- oder Schab-
papiers liegt indessen auch darin, dass man allen-
fallsige Fehlstriche mit einem scharfen Messer leicht
und sicher durch Haches Wegschaben entfernen kann
und die Korrekturen sich ohne Schwierigkeiten an-
bringen lassen. Ausserdem ist der ganze Hergang des
Zeichnens so einfach und leicht auf der gestrichenen
Fläche, so dass man viel schneller und Hotter zu
schaffen in der Lage ist, als auf den Zeichenpapieren,
weil die Federn nicht durch Fasern verunreinigt oder
aufgehalten werden. (Fortsetzung folgt.)
Einiges über Gemäldeerhaltung und
Gemälderenovierung. (Schuss.)
Im Anhänge von Bouviers ,,Handbuch der Oel-
malerei", 7. Auflage, ist im Kapitel über Rentoilierung
von Gemälden, Seite 399, folgendes zu lesen: ,,.. Diese
letzte Operation ist besonders schwierig und mühsam,
wenn ein auf Bolus gemaltes Bild von dieser so
schädlichen Grundierung befreit und dadurch gerettet
und erhalten werden soll. Man tut dies aber bei guten
Bildern, welche auf Bolusgrund gemalt sind, jetzt
immer, wenn auch die Leinwand noch vollkommen
erhalten ist, weil die Bilder sonst ihrem sicheren Ver-
derben entgegengehen. Wenn bei solchen Gemälden
die Leinwand abgehoben ist, muss nun noch der ganze
Bolusgrund auf das Vollständigste durch sorgfältiges
und mühsames Abschaben entfernt werden."
Hiergegen liesse sich manche Einwendung machen.
Selbst wenn ich zugeben wollte, dass der Bolus für
Oelgemälde so lebensgefährlich wäre, muss ich obiges
Verfahren trotzdem entschieden verwerfen. Wie leicht
könnte bei dieser Manipulation der Retter zum Henker
werden !
Ist schon das Abnehmen (Rentoilieren) der alten
Leinwand — selbst wenn dieselbe faul und brüchig
ist -— vom heutigen Standpunkte der Gemäldekonser-
vierung nicht ratsam, weil hierdurch dem Bilde leicht
mehr Schaden zugefügt wird, als der Vorgang Nutzen
bringt, so ist es erst recht verwerflich, auch
noch den Untergrund abschaben zu wollen.
Nicht allein, dass hierbei entschieden die untere
Farbschicht schwer in Mitleidenschaft gezogen wird,
auch die Gesamtwirkung des ganzen Bildes geht ver-
loren. Ja, muss verloren gehen, denn bei Herstellung
des Bildes hatte der Maler doch auch die optische
Wirkung des Bolusgrundes mit in Rechnung gezogen.
Bekanntlich wurde früher viel mit Lasuren gemalt, so
liess man auch den schönen warmen Ton des Bolus-
grundes an einigen Stellen des Bildes mehr oder
weniger stark durchscheinen. Hier wurde also der Unter-
grund nur mit einer entsprechenden Farbe lasiert.
Durch spätere liebevolle Behandlung, etwa Firnisab-
nahme oder Reinigung mit den so gefährlichen Putz-
wässern, ging die Lasur verloren und trat naturgemäss

der Bolusgrund in seiner ganzen Pracht zutage. Da
nun stets ein Sündenbock vorhanden sein muss, wurde
der unschuldige Bolus verantwortlich gemacht. So
wird er auch in obenerwähntem Artikel als ein furcht-
bar bösartiger Geselle dargestellt. Dass der Bolus,
zum mindesten als Farbe, nicht so schlimm ist, be-
weisen die ausgegrabenen, gut erhaltenen Wand-
täfelchen in Pompeji und die Verwendung des Bolus
als Siena und zyprische Umbra in der Oel- und
Freskomalerei.
Nun soll hier nicht dem Bolusgrunde das Wort ge-
redet werden, ich möchte nur dartun, dass derselbe
nicht von den Bildern entfernt zu werden braucht,
welche auf solchem Grunde gemalt wurden.
Die einzige Unart des Bolus liegt darin, dass er
stark hygroskopisch ist, eine Eigenschaft, welche ihm
ja auch in früheren Zeiten einen Platz in der Medizin
eroberte. Allerdings ist diese Feuchtigkeitsaufsaugung
für einen Malgrund eine sehr hässliche Angewohnheit,
ruiniert mit der Zeit die Bindemittel und erhält hier-
durch der Bolus einen helleren, stärker hervortreten-
den Ton. Diesem Uebel lässt sich aber leicht ab-
helfen. Eine Einreibung mit Balsam copaivae und
nachherige Regeneration gibt dem Grunde neue Nah-
rung und seinen ursprünglichen dunklem, gesättigten
Ton wieder. — Natürlich muss das Oelgemälde vor-
her von allem Schmutze befreit werden. — 1st das
Bild in früheren Zeiten nicht verputzt worden, so er-
hält das Gemälde durch obiges Verfahren seine alte
Wirkung und Pracht wieder, ohne dass der Bolusgrund
entfernt zu werden braucht.
Der auch sehr stark hygroskopische Alkohol ent-
zieht dem Bilde ebenso alle etwa anhaftende Feuchtig-
keit. Um nun den Zutritt der Luftfeuchtigkeit auch
für die Zukunft vom Grunde fernzuhalten, empHehlt es
sich, die Rückseite des Bildes mit Zinnfolie zu be-
kleben, wie es W. Ostwald in seinen „Malerbriefen"
(Seite 106) bei allen älteren Leinwandbildern angewandt
wissen möchte. Ausserdem noch ein Firnisüberzug,
und dem Bolusgrunde ist alle Möglichkeit genommen,
seine schädlichen Eigenschaften zur Geltung zu bringen.
Wie schon einmal erwähnt, ist auch das Rentoilieren
im allgemeinen zu verwerfen. 1st die alte Leinwand
eines Gemäldes brüchig, so klebe man das Bild auf
eine neue Leinwand, ohne das alte Maltuch zu ent-
fernen. Erstens ist die vollständige Entfernung des
alten Tuches ohne besonderen Vorteil und zweitens
würde das Bild durch diese Manipulation nur leiden.
Dagegen schützen die alte und neue Leinwand vereint
das Bild viel energischer von der Rückseite aus vor
dem schädlichen EinHusse des Sauerstoffes. Von allen
wässerigen Klebemitteln zum Aufziehen der neuen
Leinwand möchte ich auch entschieden abraten und
die bekannte Mischung von Wachs und Kolophonium
zu diesen Zwecken empfehlen.
Weist ein Bild eine speckige undurchsichtige Oel-
kruste auf, dann hat es eine früher so sehr beliebte
„Mastkur" durchgemacht. Die Trübung und Sprödig-
keit aufweisenden Bilder wurden in inhnitum mit Oel
genährt, und so im wahrsten Sinne des Wortes „zu
Tode gefüttert". Hier hilft kein Restaurator mehr.
Für Bilder, welche durch OelHrnis braun, undurch-
sichtig und hornartig geworden, empHehlt Pettenkofer
eine Ammoniakseife (Copaivabalsam und Ammoniak
zu gleichen Teilen), aber er sagt selbst (Technische
Mitteilungen für Malerei, V. Jahrgang, Nr. 40):.man
kann bei einiger Geduld den Firnis vollständig ent-
fernen, ohne die darunter liegende Farbe wesent-
lich anzugreifen". Hieraus ersieht man, wie scharf
alle die Oele auflösenden Mittel sind, und wie ge-
fährlich für die Gemälde bei der Restaurierung mit
denselben. Dabei ist die oben erwähnte Mischung
noch eins der mildesten. BeHnden sich Gemälde aber
einmal in diesem desolaten Zustande, so sind solche
 
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