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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 12
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Berger, Ernst: Die Busssche Tempera
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0050
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46

Münchner kunsttechnische Biätter.

Nr. tz.

getragen, dass die Aufmerksamkeit wieder auf
die fast vergessene Buss-Tempera gelenkt wurde.
Nach den hier folgenden Gutachten kann sie zu
denjenigen gezählt werden, die in ihrer Art als
eine Bereicherung unseres Materials bezeichnet
werden muss."
Seit meinen ersten Proben mit Buss-Tempera-
farben sind wohl etliche Jahre vergangen. Ich
habe auch gefunden, dass sie das halten, was sie
versprochen hatten. Nach einigen Vorversuchen
und kleineren Skizzen hatte ich mich sofort ent-
schlossen, ein lebensgrosses Damenporträt damit
zu malen, das nur aus äusseren Gründen nicht
vollendet werden konnte. Die Klarheit und Frische
der Farben hat sich bis jetzt tadellos gehalten,
sowohl in gehrnistem als auch in ungehrnistem
Zustande. Für Kollegen, die mit Temperatechnik
vertraut sind, von ihr also nicht mehr erwarten,
als man von ihr füglich verlangen darf, ist es
ein Leichtes, mit Buss-Tempera fertig zu werden.
Auch zu Untermalungszwecken kann sie gute
Dienste leisten, denn sie verändert den Tonwert
nur sehr wenig. Maler, die noch nie mit Tem-
pera gemalt haben, werden sich freilich mit dieser,
wie mit jeder anderen, abplagen, denn Tempera
ist eine spröde Schöne, die nicht jedermann zu
Willen ist. Sie will erst lange umworben sein,
bis sie sich freundlich erweist. E. B.

Die hier folgenden Gutachten sind uns von
der Firma Dr. Buss & Co., Rüschlikon bei Zürich,
die Fabrikantin der Buss-Tempera ist, zur Ver-
fügung gestellt worden. Sie stammen aus jüngster
Zeit. Ein noch vorliegendes Gutachten wird in
Nr. Iß dieser Blätter nachgetragen werden.
I. Herr Ernst Würtenberger schreibt:
Zürich, I. Februar 1912.
Gutachten über Dr. E. Buss' Tempera.
Die Tempera von Dr. Buss habe ich in ihren
ersten Anfängen bis zu den letzten glänzenden
Resultaten entstehen sehen, und ich kann nur
sagen, dass, wenn je ein Mann befähigt war, hier
Absolutes zu leisten, es Dr. Buss war. Mit seltenen
Kenntnissen in der Chemie und mit intuitiver
Begabung für das Technische der Malerei aus-
gerüstet, kam er in langer, gründlichster Arbeit
Schritt für Schritt ans Ziel.
Ich kenne keine zuverlässigere, erprobtere
Tempera als die von Dr. Buss. Nur mit dieser
Tempera gelang es mir, den körnigen Email-
charakter des Pigmentes, wie ihn die Oeltempera-
bilder der Alten zeigen, zu erreichen.
Jene rätselhafte geschmeidige und doch prä-
zise Fülle der Pigmentkonsistenz eignet absolut

der Bussschen Tempera. Ich stehe nicht an, sie
der besten Tempera der Alten gleichzustellen.
Ernst Würtenberger.
2. Herr Hermann Gattiker schreibt:
Die Buss-Tempera.
Obwohl die grosse Verbreitung, welche die
Temperamalerei vor einigen Jahren genommen
hatte, nur eine Modebewegung war, welche eben-
so rasch, als sie kam, wieder abflaute: so ist
doch die Zahl der Künstler, die sich dieser
Technik bedienen, noch heute gross genug, dass
man es ohne Uebertreibung als einen Verlust für
diese Kunst bezeichnen dürfte, wenn ein so vor-
zügliches Material, wie die Buss-Tempera, das
Ergebnis langer, mit Leidenschaft betriebener
Studien und Versuche, unbekannt und unbenutzt
bleiben sollte, weil ein unerwartet früher Tod
den Erfinder hinwegriss, bevor er sich damit das
Feld zu erobern vermochte.
Die Buss-Tempera ist eine echte Tempera,
welche ihren Charakter als solche nicht zu ver-
leugnen sucht und somit allerdings dem Unge-
übten jene kleinen Schwierigkeiten entgegensetzt,
die nun einmal dem Charakter der Tempera
eignen, dafür aber auch ihre grossen Vorzüge in
unvermindertem Masse zur Geltung bringt. Ganz
besonders aber verdient die ungemeine Sorgfalt
bei der Prüfung und Auswahl des zu verwenden-
den Materials hervorgehoben zu werden, deren
sich Dr. Buss befliss, wie denn seine grosse
Tüchtigkeit als Chemiker und sein streng reeller,
von Gewinnsucht freier Charakter den Künstlern,
auf deren Anregung er sich zu dem Unternehmen
entschloss, die zuverlässigste Garantie geboten hat.
Die Zahl der Bilder, die ich selbst mit der
Buss-Tempera malte, ist allerdings klein, weil ich
die Tempera überhaupt gewissermassen nur als
Uebergang von der Graphik zur Malerei benutzte;
und ich habe sie ausschliesslich im Sinne der
sog. Aster-Tempera verwendet, d. h. ich habe auf
rohe, geleimte Leinwand (meist ein sehr dicht
gesponnenes Segeltuch) gemalt und mit Bernstein
gefirnisst, das eine und andere, wo ich mit der
Tempera noch nicht allein zustande kam, mit Oel
übermalt. Was ich an diesen so entstandenen
Arbeiten heute zugunsten der Buss-Tempera zu
konstatieren vermag, ist eine gewisse Glut und
ein schönes Ineinanderwachsen der Farbe, die sie
in den 5—6 Jahren seit ihrer Entstehung erlangt
haben und ihnen ein schier altmeisterliches An-
sehen zu verleihen vermögen.
Rüschlikon, I. Februar IQ 12.
Hermann Gattiker.
3. Herr Fritz Widmann schreibt:
Zu den Farben von Dr. Buss & Co. in Rüsch-
 
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